Sonntag, 12. November 2017

:)Rezension:): A World Without You

Grundwissen:




Titel: - (original: A World without You)
Autor/-in: Beth Revis
Erschienen: nicht auf Deutsch erschienen; original Juni 2016 im Razorbill Verlag; 2017 Neuauflage im Razorbill Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl: -; original 371 Seiten
Preis: 17, 68 € (Hardcover); 7, 99 € (Taschenbuch); 5, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: Young Adult; Drama; Tabuthema




Quelle: © Razorbill 
Quelle: © Razorbill
























Inhalt:



There are no cures, only temporary options. Sometimes minds are just plain broken - they see the world in a fractured way. - Phoebe (p. 322)




Bo ist ein ganz besonderer Junge, und er geht an die Berkham Academy für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen. Dort werden er und seine Mitschüler von Dr. Franklin gelehrt, ihre Kräfte zu kontrollieren, natürlich unter Verschluss der Öffentlichkeit. Bo selbst hat die Fähigkeit, in der Zeit zu reisen, jedoch ohne die Ereignisse verändern zu können. Doch bei einem Ausflug in die Vergangenheit verliert er seine Freundin Sofía und weiß noch nicht, wie er sie zurückholen kann. Alle halten sie für tot und halten eine Beerdigung für sie ab, was Bo nicht begreifen kann. Verzweifelt versucht er, seine große Liebe wieder in die Gegenwart zu ziehen. Zumindest glaubt er das. Denn Bo ist in Wirklichkeit Patient einer Psychiatrie und kann die wahre Welt durch seine dissoziative Störung immer weniger erkennnen.





Meine Meinung ...




zum Buch:




Jugendbücher über Krankheiten, egal ob körperlicher oder psychischer Natur, wurden nach dem Durchbruch von John Greens Das Schicksal ist ein mieser Verräter immer verhäufter und beliebter. Eine positive Entwicklung, da Tabuthemen wie diese endlich aufgebrochen werden sollten und sich viel mehr Menschen in diesem Bereich informieren sollten. Es schafft Verständnis gegenüber anderen und sorgt dafür, dass Abnormalitäten nicht mehr verteufelt oder totgeschwiegen werden. Häufig nutzen Autoren jedoch eine Liebesgeschichte, um diese den Lesern näherzubringen, wie zum Beispiel Jennifer Niven in All die verdammt perfekten Tage oder Jasmine Warga in Mein Herz und andere schwarze Löcher. Beth Revis jedoch schafft es mit diesem Roman zu zeigen, dass man psychische Krankheiten auch ohne die Liebe des Jahrtausend vermitteln kann.
Natürlich ist die Motivation des Protagonisten mit der Liebe zu einem Mädchen begründet. Er entwickelt eine regelrechte Obsession gegenüber ihrer Rettung, um zu verdrängen, dass sie gestorben ist. Dem Leser werden die beiden durch Flashbacks, verkleidet als Zeitreisen, nähergebracht. Aber dennoch steht die Beziehung von Bo und Sofía nicht im Vordergrund, sondern die traurige gebrochene Realität eines Jungen, der sich für einen Helden hält und die reale Welt vollkommen ausblendet.
Auch wenn Bo aufgrund seiner Besessenheit gegenüber seinen Zeitreisen nur wenig Raum für eine Zeichnung abseits seiner Krankheit hat, ist er wahnsinnig interessant. Man bemitleidet ihn, während man zugleich Faszination für ihn hegt. Es wird nie mit seiner Sicht der Dinge gebrochen, und auch wenn man als Leser weiß, dass die Realität gerade eine ganz andere ist, schafft es die Autorin, seine Gedanken plausibel darzustellen. In seinem Kopf und in seiner Logik als Zeitreisender an einer Schule für Übernatürliches ergibt alles einen Sinn, über Sofías ,,Verschwinden'' und der ,,Vertuschung'' der Schule dessen, indem sie sie als tot ausgeben, bis hin zu seinen Mitschülern, deren Fähigkeiten aus ihrer Persönlichkeit hergeleitet werden. Paradebeispiel dafür wäre Ryan, der manipuliert, um seinen Willen zu bekommen, und dahingehend in Bos Kopf zu Telepathie und Telekinese fähig ist. Es ist spannend Bos unbewusste Verdrängungstaktiken zu sehen und wie er sich sein Gerüst auf Gedeih und Verderb aufrechterhalten möchte. Das bringt den Leser auch in einen interessanten Zwiespalt: Man wünscht sich, dass der Junge genest und ein normales Leben führen kann, doch zugleich hat man unheimliche Angst davor, dass seine Welt irgendwann über ihm einstürzt. Denn wie grausam muss es sein, alles, woran man geglaubt hat, in Schutt und Asche vorzufinden?
Nicht nur für Bo selbst sind diese kurzen Augenblicke des Zweifels quälend, sondern auch für seine Mitmenschen, insbesondere seine Familie. Man sieht, dass sich seine Situation verschlimmert, auch er selbst wird im Laufe des Buches immer verzweifelter, und trotzdem bringt es niemand außer seinem Psychiater übers Herz, sich wirklich mit ihm auseinanderzusetzen. Im Gegenteil, er wird sowohl von seinen Mitschülern als auch von seinen Eltern in gewisser Weise als hoffnungslos abgetan, nachdem man ihn immer wieder auf den Todesfall anspricht und merkt, dass er noch immer nicht bereit ist, sich damit auseinanderzusetzen.
Aus diesem Grund ist es sehr mutig von der Autorin, sich mit Bos Familienverhältnissen zu beschäftigen, die auf seine Krankheit bezogen alles andere als gut sind. Revis zeigt die Widersprüchlichkeiten einer Familie auf, die ihren Sohn zwar bei sich haben will, ihn allerdings wegen seines Zustands praktisch nur in die Ecke stellen und auf ein Wunder hoffen. Es wird sich nicht mit ihm oder seinen Problemen befasst, sondern er selbst als Problem wahrgenommen. Diese Perspektive bekommt der Leser vor allem durch seine kleine Schwester Phoebe mit, die aufgrund der Besonderheiten ihres Bruders nie aus der Reihe tanzen durfte. Aus diesem Grund wünscht sie sich manchmal regelrecht, dass es ihren Bruder nicht gäbe, und will auch in keiner Beziehung zu ihm stehen, wofür sie sich jedoch zunehmend schämt. Daher macht sie im Laufe der Handlung eine kleine Entwicklung durch, in der sie zu sich stehen lernt und auch versucht, ihren Bruder zu erreichen. Es sind nur kleine Szenen, die man zwischen den beiden mitbekommt, jedoch sehr aussagekräftige, die in beiden ihre Wirkung hinterlassen. Vonseiten der Eltern fehlt diese Offenheit leider etwas, von einigen kleinen Einblicken auf ihre ,,echten'' Gefühle abgesehen, jedoch muss dies auch nicht verwundern, wenn man bedenkt, dass Bo mit ihnen nur sporadisch Kontakt hat.
Aus psychologischer Sicht ist das Buch also herausragend, allerdings gibt es kleine Schwächen in der Umsetzung. 
Zum einen bekommt man manchmal das Gefühl, als wäre Bos Verdrängung etwas in die Länge gezogen worden. Er versucht stetig mit neuen Theorien, seine verlorene Liebe zurückzuholen, was selbstverständlich Zeit braucht und der Autorin auch dabei hilft, das Zeitreisekonzept zu erklären. Immerhin muss dieses, da es für den Protagonisten Fantasy-Elemente darstellt, in sich schlüssig sein. Jedoch sind die Beschreibungen der unterschiedlichen Zeitstränge etwas repetitiv und können den Leser etwas ungeduldig machen. Denn Bo stürzt sich zwar immer mit Feuereifer in seine Versuche, doch als Leser weiß man natürlich, dass diese im Sande verlaufen werden.
Zum anderen wäre da noch das Ende. Wie auch schon in ihrer Godspeed-Trilogie schafft Revis es, ein packendes Finale zu gestalten, das um einiges spannender ist, als man einem Contemporary-Setting zutrauen würde. Es kommt allerdings nicht aus heiterem Himmel, sondern wird durch einen bestimmten Subplot kontinuierlich aufgebaut. Dadurch ist nicht nur das, was geschieht, sehr packend, sondern auch symbolisch von großer Bedeutung für Bo. Es zwingt ihn praktisch dazu sich zu entscheiden, ob er aus seinem Traum erwacht oder nicht. Und hätte die Autorin es genau dabei gelassen, so wäre es eines der besten Enden überhaupt gewesen. Jedoch hat sie noch ein Kapitel aus Phoebes Sicht drangehängt, das absolut nicht notwendig gewesen wäre und die schöne bittersüße Stimmung der letzten Seiten eingedämmt hat.




Insgesamt ein außergewöhnliches Buch mit einem außergewöhnlichen Protagonisten, der in dieser Geschichte zu sich selbst und zur Realität finden muss. Doch wie kann man das bewerkstelligen, wenn man immer weniger sicher sein kann, dass etwas echt ist? Mit dieser Frage beschäftigt sich Beth Revis sehr ausführlich und gibt ein sehr glaubhaftes Bild einer dissoziativen Störung zum Besten. Insbesondere kann einem gefallen, dass sie sich nicht scheut, anzuprangern, wie die meisten Menschen mit psychisch Kranken umgehen, nämlich wegzusehen und nicht weiter zu fragen. Entsprechend bereichernd sind auch die Kapitel aus Phoebes Sicht. Zwar zieht sich die Story an einigen Stellen und das letzte Kapitel hätte gestrichen werden können, allerdings tut das diesem ergreifenden Jugenddrama keinen Abbruch. Aufwühlend, faszinierend und emotional, und das ganz ohne Liebesschnulz. Definitiv zu empfehlen!





Ich gebe dem Buch:


♥ Herzchen



Extra:


Wie bereits erwähnt, ist das nicht das erste Jugendbuch von Beth Revis. Vor einigen Jahren hat sie nämlich eine Trilogie geschrieben, die sich mit einem Raumschiff befasst, dass die Sol-Erde als neues Habitat für die Menschen finden soll. Dafür werden Amy und ihre Eltern eingefroren, und sollen erst nach mehreren Generationen wieder aufgetaut werden, um die neue Erde zu besiedeln. Allerdings wird Amy zu früh aufgetaut und muss sich nun mit Junior, dem Anführer in Ausbildung der Godspeed, zusammentun, um herauszufinden, wie das passieren konnte. Denn auch andere Leute werden aufgetaut und tot aufgefunden, da niemand sie vor dem schmelzenden Wasser retten konnte.
Hier könnt ihr meine - teils sehr veralteten und unprofessionellen - Rezensionen zu der Trilogie lesen. Ich fand sie insgesamt richtig gut :)

CU
Sana

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