Dienstag, 10. November 2015

:)Rezension:): All die verdammt perfekten Tage

Grundwissen:


Titel: All die verdammt perfekten Tage (original: All The Bright Places)
Autor/-in: Jennifer Niven
Erschienen: Dezember 2015 im Limes-Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl: 400 Seiten
Preis: 8, 99 € (Kindle Edition); 14, 99 € (broschiert) [Quelle: amazon.de]
Genre: Drama; Contemporary; Young Adult





Inhalt:


Growth itself contains the germ of happiness. - p. 190



Sowohl Theodore Finch als auch Violet Markey haben es momentan nicht ganz einfach im Leben. Während Finch sein gesamtes Leben lang als Theodore Freak geschimpft wurde und seit jeher Tod und Selbstmord eine immer größere Faszination in ihm wecken, muss Violet schon seit fast einem Jahr mit dem Tod ihrer Schwester Eleanor kämpfen, einem Ereignis, das sie zu einem Leben in der Abgeschiedenheit zwingt und die Tage zählen lässt, bis sie aus Bartlett, Indiana, fliehen kann.
Als beide sich auf dem Dach ihrer Schule wiederfinden, ist unklar, wer nun wen davon abhält, den finalen Schritt aus dem Leben zu tun. Doch seit diesem Tag verbindet die beiden etwas nur schwer Begreifliches, was umso intensiver wird, als die beiden gemeinsam an einem Projekt in U.S. Geography arbeiten müssen. Und so lernt Violet die Lektionen und Schönheit des Lebens kennen, und das von einem Jungen, der immer öfter mit dem Gedanken spielt, zu sterben ...






Meine Meinung ...




zum Cover:




Amerikanisches Cover: ♥♥♥♥♥



Dies ist eines der süßesten Cover, die ich je in meinem Leben erblickt habe. Alles darauf, jedes kleinste Detail, besitzt eine symbolische Bedeutung, und die Post-Its spielen eine unheimlich große Rolle in diesem Roman, sind praktisch das Markenzeichen für Finch, den wir in der Form eines Finken auf dem Cover abgebildet sehen, ebenso wie die Blume für Violet steht. Gemeinsam mit den gedeckten und zarten Farbtönen, die so schön miteinander harmonieren, und dem Titel, der sich wunderbar darauf beziehen, dass sich Finch und Violet in Prinzip durch kleinere Road-Trips näher kommen, ergibt einfach nur ein wunderschönes Gesamtbild. Einer der Augensterne meines Bücherregals!





zum Buch:




So wunderhübsch und süß das Cover auch aussehen mag, dasselbe kann man über die Geschichte, die es verbirgt, nicht notwendigerweise sagen. Zwar wurde das Buch von so vielen Seiten her gelobt und hat auf Goodreads auch überdurchschnittlich gute Bewertungen erhalten, jedoch bleibt für mich, die noch nicht mal so viel im Contemporary-Bereich unterwegs ist, schleierhaft, warum dies so ist.
Grundsätzlich hört sich die Geschichte zunächst sehr besonders an, voller Philosophie über das Leben, die Liebe und darüber, wie man über sich selbst hinauswachsen kann. Es gibt auch zugegeben viele Zitate, die durch den Schreibstil Nivens wunderbar formuliert sind und die man sich an seine eigene Wind zuhause pinnen kann. Melodisch und mit keinem Wort zu viel leitet die Autorin den Leser von einem Kapitel ins andere über, nur um ihre Leserschaft mit kleinen Weisheiten zu überhäufen, die sich lesen lassen wie ein ruhiges, stetig fließendes Gedicht. Generell umfasst das Buch eine Menge Poesie und bezieht sich dabei auch auf bestimmte Künstler, die selbst Suizid begangen oder darüber nachgedacht haben, was auch eines der Dinge ist, die die Charaktere miteinander verbindet.
Genauso wie in anderen bekannten Büchern solcher Art wie Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Und dies ist auch eine der vielen Mängel, die All The Bright Places mit sich trägt, obwohl die Prämisse, die Stimmung und auch der Schreibstil unheimlich packend sind und all diese emotionale Tiefe super hätte rübergebracht werden können, wenn diese viel zu auffälligen Parallelen nicht gewesen wären. Natürlich dreht es sich bei erstgenanntem Buch nicht um Suizid, jedoch ebenso um Verlust und das Hinnehmen eines Lebens mit Einschränkungen jedweder Art. Zusätzlich dazu bauen die Charaktere durch eine bestimmte Autorin eine Verbindung zueinander auf, und reden in genau derselben hochintelligenten, teilweise besserwisserischen Art über diverse Einzelheiten und Höhen und Tiefs des Lebens. Dass diese beiden sich dann auch noch auf Facebook Nachrichten mit Zitaten schicken und es daraus schaffen, eine Konversation zu machen, indem sie beide diese googeln, um sich gegenseitig zu beeindrucken, kann einen zwar zum Schmunzeln bringen, jedoch wirkt es alles andere als natürlich. Dies schließt offensichtlich nicht aus, dass die beiden klug sein können und jeder Teenager besitzt bestimmte Phrasen, nach denen er sein Leben richtet, jedoch ist eine solche Sprechweise und darstellerische Besserwisserei wirklich übertrieben. Da hätte die Autorin sich ruhig zurückhalten können, denn manchmal ist weniger deutlich mehr. Hinzu ist ein bestimmter Wendepunkt ebenso ausschlaggebend in beiden Büchern und beinhaltet gegen Ende noch eine Art Schnitzeljagd, die in diesem Roman aufgeblasener erscheint denn je.
Aus diesem Grund schneidet das Buch nicht mehr ganz so gut ab, denn mit seiner Verlagerung der Themengebiete und vom Charakter her vollkommen anderen Figuren hätte dieser Roman auch eigenständig und mit eigenen Ideen hervorragend punkten können. Wenn jedoch konstant ein Dejavu-Gefühl aufkommt und man im Kopf die einzelnen erfüllten Klischees durchgeht - insbesondere die Nebencharaktere betreffend -, so verliert man doch nach und nach das Interesse am Verlauf der Geschichte, wenn man schon einmal die grundsätzlichen Ähnlichkeiten zu anderen beliebten Herzschmerz-und-Tränen-Geschichten erkennt.
Die Protagonisten können dies leider auch nicht vollkommen ausgleichen, da beide so ambivalent sind, dass man nicht recht entscheiden kann, ob man nun mit ihnen sympathisiert, sie nervig findet oder aber den Hörer anheben will, um beide in eine Psychiatrie einzuweisen. Dies betrifft insbesondere Finch, denn durch seine Stimmungsschwankungen, mal aufkommende Sanftheit, dann wieder aufblitzende Gewalt, und durch seine Unfähigkeit zu entscheiden, welche der Versionen, die er von sich selbst aufgebaut hat, er nun sein möchte, ist er sehr anstrengend und nur in den seltensten Fällen jemand, mit dem sich der Leser identifizieren kann. Zwar wird dadurch die Krankheit, die er besitzt, hervorgehoben und auch sehr überzeugend dargestellt, was ihn auch unheimlich interessant macht, weil er in einer sehr außergewöhnlichen Situation steckt, jedoch ist all dies zu verworren gewesen, um tatsächlich mitfühlen und sich sorgen zu können. Genau aus diesem Grund kann man auch verstehen, warum Violet ihm gegenüber am Anfang so abweisend reagiert, denn würde ein Kerl, den ich kaum kenne, in tiefster Nacht vor meinem Fenster aufkreuzen und mich dazu zu überreden versuchen, mit ihm irgendwo hinzufahren, so hielte ich ihn garantiert auch für irre. In mehr Hinsichten kann man sich jedoch nicht mit ihr identifizieren, da sie einfach sehr blass bleibt und erst nach etwa der Hälfte des Buches durch einen Ausbruch an Emotionen tatsächlich Tiefe bekommt. Doch die Zeit bis dahin weigert sie sich, auch nur einen Finger zu rühren, um ihre eigene Situation zu verbessern oder zumindest zu lernen, mit dieser umzugehen; stattdessen jedoch benutzt sie den Tod ihrer Schwester, um sich vor dem Leben zu drücken. Dies mag grausam klingen, so über eine verlassene Schwester zu reden, denn natürlich brauchen Verluste Zeit, um verarbeitet, Schmerz Zeit, abgemildert zu werden, aber dennoch kann man doch immerhin die eigene Zukunft dadurch nicht so derartig vernachlässigen. Teilweise erscheint Violet auch wie Finch wie mehrere Personen gleichzeitig, denn obwohl sie sich beispielsweise dessen bewusst ist, dass ihre ,,sogenannten Freunde'' wirklich nicht ihre Freunde sind, legt sie enormen Wert darauf, was diese von ihr halten und ob sie mit Theodore Freak gesehen wird.
Aus diesem Grund ist die Liebesgeschichte auch nicht so leicht nachzuvollziehen. Finch ist augenblicklich komplett auf Violet fixiert und braucht sie langsam aber sicher wie eine Droge, um nicht in seine Depressionen zurückzufallen, was unter gegebenen Umständen selbst für jemanden mit einer psychischen Krankheit äußerst merkwürdig ist. Hinzu kommt, dass die Beziehung der beiden einfach ungesund ist, was man allein daran bemerkt, dass die beiden sich nicht auf sich selbst stützen, sondern ausschließlich auf der Liebe des anderen. Aus diesem Grund gehen einige Dinge in diesem Buch durchaus schnell vonstatten, obwohl die beiden sich kaum kennen und sie dies auch mehrere Male zugeben. Zusätzlich entwickelt sich dies in Prinzip auch noch zu einer verbotenen Liebe, die geheime Treffen voller Zärtlichkeitenaustausch nach sich zieht, was einem verglichen mit dem wirklichen Drama in diesem Buch nicht sonderlich toll ist. Im Gegenteil, es macht einen regelrecht wütend, dass die Autorin dies nicht mal als ungesunde Beziehung darstellen will, sondern es im Gegenteil wie diese typisch stürmische Geschichte gegen alle Vernunft wirkt. Natürlich tun sich die beiden für ihre erste Zeit gut, jedoch entwickelt sich eben nach und nach eine gewisse Abhängigkeit, die die beiden dazu bringt, zwar zusammen zu leben, alleine jedoch nicht zu funktionieren; praktisch nur für den anderen zu existieren. Instant Love kombiniert mit einer ungesunden Beziehung trägt nicht unbedingt zur Romantik innerhalb dieser Geschichte bei.
Die einzigen Charaktere, die tatsächlich interessant sind und es auch schaffen, einen zu überraschen, ohne ihre Persönlichkeit um 180 Grad zu drehen, sind Brenda, eine Freundin Finchs, und Amanda, eine ,,sogenannte Freundin'' Violets. Ansonsten sind alle Nebencharaktere nur noch Statisten, die bloß eine Eigenschaft zugewiesen bekommen, wie Charlie, der bloß daran interessiert ist, dass Charlie Sex hat, oder Ryan, dessen einzige Funktion es ist, Violet anzuhimmeln und sie ständig von Neuem nach einem Date zu fragen, wenn es zwischen ihr und Finch kriselt. Ansonsten besitzen zwar die Eltern der Protagonisten zwar ein wenig Tiefe, jedoch kommt diese nur in den seltensten Fällen rüber, insbesondere, ohne die Sympathie, die man ihnen gegenüber wohl empfinden sollte, zu schmälern. Während man das zu beschützerische Verhalten von Violets Eltern durchaus verstehen kann, kann man Finchs Familie eigentlich nur verachten für die wenige Beachtung, die sie einander schenken, um sich dann am Ende darüber zu beschweren, dass Finch darunter leidet. Von daher ist es wirklich schwer, irgendwo Ansatzpunkte für eine Möglichkeit, sich an die Charaktere zu binden, zu finden.
Dennoch verfolgt man die Geschichte aufgrund der emotionalen Aspekte so gerne, denn insbesondere da die Autorin selbst mit Themen wie Selbstmord und Verlust zu tun hatte, wirkt der Umgang mit diesem erschreckenden, doch zugleich faszinierenden Thema sehr realistisch. Insbesondere die Recherchearbeit, die sie geleistet hat, um Finchs Obsession daran darzustellen, ist äußerst genau, ebenso wie sie den Kampf beschreibt, den die einzelnen Figuren in sich beschreiten müssen. Zwar dauert es eine enorm lange Zeit, bis sie dies tun, jedoch ist diese Vorbereitungsphase interessant beschrieben und der eigentliche Prozess wirklich durch wundervolle Metaphern (beispielsweise die Rettung aus Treibsand) erzählt worden. Zusätzlich dazu ist es schön, dass die Autorin zumindest keinen Glitzer darüber streut, dass Depressionen schwer zu besiegen sind und dass dabei viele Menschen in Versuchung geraten können, sich an einen Anker zu klammern, anstatt diesen in sich selbst zu finden. Insbesondere wenn man selbst schon schwierige Zeiten durchmachen musste, weiß man, wie schwer die Versuchung ist, sich durch andere aus dem Loch herausziehen zu lassen, anstatt selbst Kraft darauf aufzuwenden, weswegen es sogar nachvollziehbar ist, warum Finch im späteren Verlauf der Geschichte eine gewisse Entscheidung trifft, sobald ihm klar ist, dass es nur mit Violet als Anker nicht funktionieren wird. Genau mit dieser Geschichte hat die Autorin prinzipiell gezeigt, wie man seine mentalen und materiellen Probleme nicht angehen sollte, egal ob man diese Beziehung nun als verherrlicht oder ungesund empfindet. Der Verlauf der Geschichte jedoch kann zeigen, wie wichtig es ist, für sich selbst zu kämpfen und sich wertzuschätzen, da das Einzige, was einem dauerhaft bleibt, man selbst ist. Hierzu erschafft sie auch viele Beispiele dazu, wie man seinem Leben einen kleinen Touch Abenteuer verpassen kann, nämlich durch Reisen, das Aufsuchen neuer Orte und das Ausprobieren von etwas Neuem, sich einfach mal hineinzustürzen und dabei ehrlich mit sich selbst zu sein.




Insgesamt hätte dies auf jeden Fall Potential zu etwas sehr Großem gehabt, vor allem da die Autorin einfach nur wundervoll schreiben kann und sie es schafft, durch ihren Stil den Leser quasi auf Wolken dahinzutragen. Insbesondere mit ihren hilfreichen kleinen Lektionen und Suggerierungen, wie man mit seinem Leben weitermachen sollte und wie man es, dargestellt an Violets und Finchs Beziehung, nicht tun sollte, besitzt dieses Buch nahezu schon pädagogischen Wert. Dennoch fällt es unheimlich schwer, das Glück und Unglück der Charaktere wirklich zu fühlen und sich für sie das Beste zu wünschen, da sie einfach zu grob skizziert sind, als dass man wirklich beschließen könnte, dass man jemanden vollkommen gern hat oder überhaupt nicht ausstehen kann, und dabei können nicht einmal die Nebencharaktere etwas rausreißen. Zusätzlich mit einigen alles andere als originellen Parallelen ist das Buch leider doch nur durchschnittlich.





Ich gebe dem Buch:


♥♥♥.♥  Herzchen




Extra:


Hier der Buchtrailer *klick*.


CU
Sana

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