Dienstag, 30. Januar 2018

:)Rezension:): Everlasting

Grundwissen:



Titel: Everlasting - Der Mann, der aus der Zeit fiel
Autor/-in: Holly-Jane Rahlens
Erschienen: 2013 im Rowohlt-Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl: 422 Seiten ohne Danksagung
Preis: 9, 99 € (Taschenbuch); 9, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: Science Fiction; Utopie; Romance; (Young) Adult



Quelle: © Rowohlt Verlag
Quelle: © Wunderlich Verlag






















Inhalt:



,,[...] Wie kannst du ohne ,ich' Intimität zwischen Menschen ausdrücken? Die Menschen würden das ,ich' vermissen, selbst wenn sie nicht wüssten, dass es existiert. Oder sie würden es neu erfinden, weil sie es brauchen.'' - Eliana Lorenz (S. 330)



Im Jahre 2264 hat sich die Welt vom sogenannten Dark Winter erholt, der Europa im frühen 21. Jahrhundert heimgesucht hat. Ausgelöschte Ortschaften können besiedelt werden, technische Innovationen erleichtern den Menschen das Leben und ihnen ist jede Chance gegeben, ihr Optimum zu nutzen. Der junge Historiker Finn Nordstrom hingegen hat seine Familie bei einem Unglück im Weltraum verloren und ist überwältigt von seinen Gefühlen, die in einer so rationalen Welt keinen Platz haben. Daher kommt ihm der neue Auftrag von Dr. Dr. Sriwanichpoom gerade recht: bei einer Ausgrabung wurde das Tagebuch eines jungen Mädchens aus dem Jahr 2003 gefunden, das in der mittlerweile toten Sprache Deutsch verfasst ist und somit in sein Spezialgebiet fällt. Immer faszinierter wird er von den Schilderungen des Mädchens, das so lebhaft und leidenschaftlich von allem berichtet. Durch ein Projekt seiner Mitbewohnerin Rouge kann er an einem neuen Virtual-Reality-Spiel teilnehmen, das ihn ins Berlin 2003 befördert - wo er ausgerechnet seiner Verfasserin über den Weg läuft.





Meine Meinung ...




zum Buch:





Holly-Jane Rahlens' Roman ist der ultimative Beweis dafür, dass man eine Liebegeschichte in einem futuristischen Setting schreiben kann, ohne das Setting in seinem World-Building komplett zu vernachlässigen. Im Gegenteil, die Autorin steckt sehr viele Gedanken in Finns Alltag und präsentiert dem Leser eine bunt gemixte Welt, in der Technik und der Beruf den Menschen mehr ausmachen als Gefühle und Beziehungen. Sicher keine innovative Idee, allerdings viel subtiler ausgestaltet als in den anderen Werken dieses Genres. Beispielsweise haben die Menschen in der Zeit des Dark Winter gelernt, sich um die Gemeinschaft zu kümmern, indem nach und nach das ,,ich'' aus dem Wortschatz verschwunden ist und durch die dritte Person ersetzt wurde; ein Verfahren, dass auch heute schon im Militär genutzt wird und unterschwellig für die zunehmende Rationalisierung dieser futuristischen Gesellschaft sorgt. Rahlens bindet viele Ideen mit ein und nimmt sich Zeit, diese zu beschreiben, handle es sich dabei um die Geschichte dieser Gesellschaft, technische Geräte oder aber Klonverfahren, was einem früher oder später nützlich sein wird. Trotzdem nimmt sie sich dabei nicht bierernst, sondern beschreibt vor allem die Androiden mit spritzigem Humor.
Finn ist fast schon ein Außenseiter in dieser Welt, denn er hat zwar durchaus eine pragmatische Einstellung - insbesondere bei der Partnersuche - und auch Freunde, allerdings sieht man in seiner Berufswahl schon einen Hang zum Träumen. Daher muss sich der Leser auch nicht darüber wundern, wie schnell er von dem Tagebuch fasziniert ist und auch dem Virtual-Reality-Spiel nicht abgeneigt ist. Wahrscheinlich muss man alleine bei Betrachtung des Titels kein Genie sein, um herauszufinden, dass es weitaus mehr ist als nur ein Spiel, allerdings hat die Autorin Finn in dieses Geschehen wunderbar eingebunden. Er wirkt so hingerissen davon, in dieser Zeit zu sein, erfreut sich an den kleinsten Kleinigkeiten und bringt den Leser immer wieder zum Lachen dadurch, dass er manche Situationen schlichtweg falsch interpretiert oder Gepflogenheiten verwendet, die ihm schiefe Blicke einbringen, zum Beispiel das Sprechen von sich in der dritten Person. Zugleich lernt er durch das Tagebuch und seinen Kontakt zu den Menschen vor der großen Katastrophe, wie leer sein Leben ohne Emotionen eigentlich aussieht und er sich immer weiter zutraut, etwas zu empfinden und dazu zu stehen. Er ist ein sanftmütiges Kerlchen, keine Frage, aber auch einfühlsam und im Laufe der Handlung immer stärker.
Dadurch schafft die Autorin schöne Kontraste zwischen der Welt heute und in der Zukunft sowie zwischen Finn und seinen Freunden, die teilweise erschreckend roboterhaft sind. Aus diesem Grund wird man mit seiner Mitbewohnerin Rouge auch nicht warm, da man sie schlichtweg nicht einschätzen kann, ihre Gefühlswelt schon gar nicht. Der Unterschied zwischen ihr und dem Mädchen aus dem Tagebuch wird so immer deutlicher, und so auch die Gründe dafür, warum Finn sich nach und nach in diese Unbekannte verliebt. Zwar empfindet man als Leser ihre Einträge anfangs als genauso anstrengend wie er, jedoch ist das bei einer anfangs Dreizehnjährigen auch zu erwarten. Man wird wie Finn aber zunehmend faszinierter von ihren Erzählungen, die Everlasting fast schon einen Touch Coming of Age geben. Sie wird zu einer charmanten jungen Frau, die ihre Stärken kennt und trotz ihrem Interesse gegenüber Finn nicht ihr ganzes Leben vernachlässigt, bis sie ihn wiedersieht.
Ein kleiner Kritikpunkt an dem Buch könnte nämlich der Kitsch sein, der sich bei so einer Ausgangssituation wohl kaum vermeiden lässt. Von Finns Seite kann man diese Verliebtheit total verstehen, immerhin kennt er den Werdegang des Mädchens und ihre Gedanken so genau, als hätte er Jahre statt nur Tage mit ihr verbracht. Außerdem zeigt sie ihm, dass sie das bessere Leben führt, und das obwohl in seiner Zukunft alles optimal scheint. Von ihrer Seite hingegen kann man das Interesse nicht ganz nachvollziehen, immerhin sieht sie ihn manchmal über Monate nicht. Kann man da wirklich erwarten, dass sie ihm sich ihm dann so leicht hingibt, vor allem wenn sie nicht weiß, weshalb manchmal so lange Pausen zwischen ihren Treffen liegen? Es hätte jedoch viel schlimmer sein können und ist eine stetige Gratwanderung zwischen ,,wahnsinnig süß'' und ,,zum Zähneabfaulen kitschig'', die bis auf wenige Momente gehalten wird.
Rahlens hätte nicht unbedingt versuchen müssen, aus der Story mehr als eine Romanze zu machen, hat es jedoch unter anderem durch ihre interessanten Wendungen geschafft. Sie sind nicht vollkommen unvorhersehbar, bringen aber eine sehr spannende Komponente in die Geschichte, die sehr leicht hätte dem Zeitparadoxon zum Opfer fallen können. Sie werden jedoch gekonnt umgangen, und das ohne irgendwelche komplizierten Erklärungen der Quantenphysik. Fast hätte man wegen dieser Verbindung gerne über das Ende hinaus gelesen, da man dann den Zirkelschluss innerhalb der Story wirklich mitbekommen hätte.
Stattdessen muss man sich mit einem sehr kitschigen Epilog herumschlagen, der zwar zwei Figuren miteinander verbindet, allerdings eine sehr unnötige Perspektive hinzufügt. Ebenso sind die Ereignisse, die zu diesen Seiten führen, ein wenig mit heißer Nadel zusammengestrickt, als hätte die Autorin nicht gewusst, wie sie eine sehr dramatische Wendung wieder hätte geradebiegen können. Es ist nicht vollkommen unplausibel, kommt jedoch etwas aus heiterem Himmel.



Everlasting: Der Mann der aus der Zeit fiel ist nicht so schwülstig, wie das Cover vermuten lässt. Es hält ein höchst spannendes Setting bereit, das wirklich durchdacht ist und nicht einfach nur da ist, um einer Liebesgeschichte ein exotischeres Setting zu geben. Einige dieser Einfälle hätten moralisch etwas mehr besprochen werden können, allerdings ist der Fokus auf die Abwesenheit von Liebe und Emotionen ausreichend behandelt. Wie Finn damit umgeht und wie er durch das Tagebuch eines längst gestorbenen Mädchens lernt, dass man diese wertschätzen sollte, ist sehr schön beschrieben und lässt einem an manch einer Stelle das Herz schmelzen. Er und die Verfasserin sind nicht das tollste Pärchen der Welt und haben einige Momente, die etwas zu schmalzig sind, haben aber eine unverkennbare Chemie. Keine weltbewegende Geschichte, aber für das, was es ist, wirklich gut gestaltet und super ausgebaut.




Ich gebe dem Buch:


♥♥♥ Herzchen


Extra:


Leider haben die anderen Bücher der Autorin wenig Beachtung bekommen. Hier ist eine kleine Auflistung derer, die sie veröffentlicht hat.

CU
Sana

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