Dienstag, 23. Januar 2018

:)Rezension:): Das Orakel vom Berge

Grundwissen:



Titel: Das Orakel vom Berge (original: The Man in the High Castle)
Autor/-in: Philip K. Dick
Erschienen: Juni 2014 und Februar 2017 vom Fischer-Verlag neu aufgelegt (Taschenbuch); original 1962
Seitenanzahl: 272 Seiten
Preis: 12, 00 € (Hardcover); 9, 99 € (Taschenbuch); 9, 99€ (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: Science Fiction; Dystopie; Historical Fiction




Quelle: © Fischer Verlag
Quelle: © Vintage Verlag





















Quelle: © Fischer Verlag




Inhalt:



''We are all insects [...] Groping towards something terrible or divine. Do you not agree?'' - Mr. Tagomi (p. 100)




Die Nationalsozialisten haben gemeinsam mit Japan den Zweiten Weltkrieg gewonnen. Sie haben die Welt untereinander aufgeteilt, die Deutschen kontrollieren Europa, Afrika und einen Teil Südamerikas, Japan herrscht über Asien, Australien und einen Teil Amerikas, unter anderem San Francisco. 1962 sollen sich dort der Führende eines Handelsunternehmens, ein gewisser Mr Yatabe und ein gewisser Mr Baynes aus Schweden zu einer Verhandlung treffen. Hinter diesem Treffen steckt jedoch viel mehr und etwas, das sowohl den Antiquitäten-Ladenbesitzer Mr Childan, den Juden Frank Frink als auch seine Exfrau Juliana, die in der Bufferzone in den Rocky Mountains lebt, betrifft. Und ein geheimnisvolles Buch, das vom sogenannten ,,Mann vom Berge'' geschrieben wurde und eine Welt zeigt, in der die Nazis den Krieg verloren haben ...





Meine Meinung ...




zum Buch:




Einer der beliebtesten Science-Fiction-Klassiker und das beliebteste Buch von Philip K. Dick erfreut sich zurecht einer großen Kontroverse. In welcher anderen Geschichte geht es schließlich darum, dass die Nationalsozialisten den Krieg gewonnen und sich mit Japan die Welt unterteilt haben? Eine schlichtweg geniale Prämisse, die anfangs auch grandios umgesetzt erscheint.
Denn man muss dem Autoren lassen, dass er ein sehr realistisches und detailreiches World-Building erschaffen hat. Nicht nur kann man praktisch eine Weltkarte davon erschaffen, welche Achsenmacht welches Gebiet beherrscht, auch erfährt man so Einiges über wirtschaftliche Erfolge, wissenschaftliche Durchbrüche und auch kulturelle Eigenheiten. Es sind so schöne kleine Details, die man in Dystopien von heute kaum vorfindet. Alleine die Begeisterung der kommunistischen, unter bescheidenen Verhältnissen aufgewachsenen Japaner für antike amerikanische Gegenstände ist unter Einbezug des geschichtlichen Kontext sehr realistisch und interessant. Ebenso ist es nicht abwegig, dass man unter der industriellen Periode dachte, man würde Anfang der Sechziger schon dazu fähig sein, fremde Planeten zu kolonialisieren. Das zusätzlich mit kleinen Traditionen, die sich von der japanischen auf die amerikanische Kultur übertragen, und den politischen Verhältnissen, die man durch die Figuren mitbekommt, erschafft eine plausible Zukunftsvision. Dies in weniger als 300 Seiten zu bewerkstelligen ist eine enorme Leistung, die die meisten Autoren nicht mal in 500 Seiten schaffen würden.
Die Handlung innerhalb dieses alternativen Universums ist jedoch bemerkenswert unspektakulär. Man hat zwar etwas andere Perspektiven, da man die Umstände fast ausschließlich aus der Sicht der kleinen Leute geschildert bekommt, jedoch wird das durch ihre Ähnlichkeit geschmälert. Vor allem durch die Schreibweise des Autoren, der sehr gerne innere Monologe schildert, hat die Figuren einander sehr angeglichen, obwohl sie unterschiedliche Positionen in der Gesellschaft innehaben. Sie bleiben einem wenig im Gedächtnis und heben sich nur dadurch hervor, wenn sie merken, dass sie sich nie werden an diese neue Gesellschaft assimilieren können. Insbesondere das Detail, dass sich eine der jüdischen Hauptfiguren hat seine ,,jüdischen'' Gesichtszüge wegoperieren lassen ist neben anderen Aufeinandertreffen von Kulturen ziemlich schockierend. Auch dass sie durch ihre kleinen Handlungen das Leben voneinander beeinflussen ohne einander zu kennen, ist ganz gut gemacht, verläuft sich allerdings in manchen, vor allem den größeren Aspekten im Sande. 
Dies ist auch das große Problem, das The Man in the High Castle hat. Denn überall wird es vermarktet als eine Vision über eine von Nazis gesteuerte Zukunft. Man kriegt durchaus Einiges von Deutschland mit, auch über große Persönlichkeiten der NSDAP wie Goebbles oder Hitler. Der Autor schafft es auch, große Wendungen in diesen politischen Verhältnissen anzudeuten, die auf eine Katastrophe für die Menschheit hindeuten, lässt einen aber völlig im Unklaren darüber, was das für einen Ausgang haben wird. Außerdem kann man sich von diesem Buch nicht erwarten, wirklich die Überherrschaft der Nationalsozialisten zu erleben, da die Handlung hauptsächlich in einer neutralen und einer japanischen Zone spielt. Daher wird das Potential dieser Idee für kleine Leben verpulvert, die sich nichts zu machen trauen, wenn es um die große Rahmenhandlung geht. Diese bekommt man fast nur nebensächlich geschildert; die kleinen Dinge hingegen, die im Leben der anderen Individuen in Gang setzt werden, werden mit großem Fokus auf deren Gedanken geschildert. Diese Entscheidung, obwohl man das Ganze hätte auf eine politische und weltrelevante Ebene ziehen können - auch mit den gleichen Hauptfiguren -, ist nicht nachvollziehbar und dient nur der versteckten Message des Autors.
Diese hat nämlich nur geringfügig etwas mit den Nazis zu tun. Eher dreht es sich darum, wie jeder mit seinem Leben eine Person beeinflusst und wie leicht es doch ist, den Lauf der Dinge zu ändern. Alleine dadurch, dass er mit dem fiktiven Werk innerhalb dieser Welt eine weitere Zukunftsvision baut, zeigt er schon auf, wie viele alternative Realitäten es geben kann, deren wir uns nicht gewahr sind. Wäre allerdings eine so tolle Idee nötig gewesen, um ein Buch darüber zu schreiben, wie alles miteinander verbunden ist? Da er am Ende sogar offen lässt, ob man seine Handlung überhaupt real ist, fühlt man sich von dem Konzept der Geschichte einfach nur unterwältigt, vielleicht sogar wütend, da man trotz dieser tollen Ideen so wenig Substanz geboten bekommt. Wäre wenigstens der Plot in Das Orakel vom Berge stark gewesen, so wäre diese Thematik vielleicht sogar interessant. So ist der Frust über das, was man nicht erzählt bekommt, größer als die Überraschung über diesen Twist, der zu Dicks Zeiten revolutionär gewesen sein dürfte.
Letztlich ist auch sein Schreibstil wahnsinnig eigen. Zwar schreibt er abwechslungsreich und fokussiert sich auf philosophische Gedanken, allerdings ist seine Wortwahl sehr speziell und dürfte auch Fortgeschrittenen in der englischen Sprache große Probleme bereiten. Besonders auffallend ist der Wechsel zwischen langen und ausschweifenden und kurzen Sätzen, die durch das Weglassen von Artikeln - auch in Dialogen - zu abgehackt wirken.




Alles in allem ein sehr schwieriger Klassiker, der sicherlich durch seine Vermarktung und die außergewöhnliche Idee, die letztlich nur als Kulisse dient, enttäuschen könnte. Wer sich eine Geschichte über Nazis und ihre Weltherrschaft erhofft, wird sich mit den Alltagsbeschreibungen von kleinen Leuten unter der japanischen Regierung zufriedengeben müssen. Diese kleinen Leute sind nicht sonderlich einprägsam und können einen nur dann ans Buch fesseln, wenn sie sich denn mal zu handeln trauen. Ihr Handlungsrahmen bleibt jedoch verdammt klein, da das große Ganze nicht von ihnen beeinflusst wird, obwohl sie die Möglichkeit dazu hätten. Dies hätte auch nicht der Message des Autors widersprochen, weswegen es unklar bleibt, warum er sich so ein tolles World-Building zurechtlegt, wenn damit nur im Nebensatz gearbeitet wird. Ein theoretisch gutes Buch, das einen Leser mit falschen Erwartungen ziemlich ernüchtern kann.





Ich gebe dem Buch:


♥♥♥ Herzchen


Extra:


Amazon hat sich diesen Buches angenommen und eine Serie dazu gemacht. Sie basiert nur auf der Idee des Romans und hat eine eigene Handlung zu bieten. Daher ist sie hoffentlich ein wenig spannender. Das Intro ist allerdings wirklich toll. 
Hier könnt ihr es sehen :)


CU
Sana

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