Samstag, 2. Dezember 2017

:)Rezension:): Flugangst 7A

Grundwissen:




Titel: Flugangst 7A
Autor/-in: Sebastian Fitzek
Erschienen: Oktober 2017 im Droemer-Knaur-Verlag (Hardcover)
Seitenanzahl: 400 Seiten
Preis: 22, 99 € (Hardcover); 16, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: (Psycho)Thriller; Adult




Quelle: © Droemer Knaur





Inhalt:



,,Vielleicht muss man psychische Probleme kennen, um sie so gut zu verstehen.'' - Kaya Klausen



Der ehemalige Psychiater Mats Krüger ist nach Jahren wieder unterwegs in seine Heimat Berlin. Denn auch wenn er weiß, dass seine Tochter Nele nicht gut auf ihn zu sprechen ist, bei ihrer bevorstehenden Entbindung möchte er ihr beistehen. Es stellt sich jedoch heraus, dass er das auf eine ganz andere Weise wird tun müssen, denn in dem Luxusflieger erreicht ihn der Anruf eines Unbekannten. Dieser behauptet, seine Tochter entführt zu haben und droht sie und ihr Baby zu töten, sollte Krüger das Flugzeug nicht zum Absturz bringen. Denn an Bord arbeitet eine ehemalige Patientin von ihm, die er vor vielen Jahren geheilt hat. Nun soll er die Heilung wieder aufheben, um sie dazu zu bringen, für den tödlichen Crash zu sorgen ...




Meine Meinung ...




zum Buch:




Bei Sebastian Fitzeks neuestem Thriller beschäftigen einen viele Fragen auf einmal. Was wird weiter passieren? Wie hängt alles zusammen? Was steckt hinter den Figuren dieses Buches? Doch welche Frage neu dazugekommen ist, hat nicht mal zwingend etwas mit Büchern zu tun, sondern eher mit Konsum. Die Frage lautet: Wie oft kann man dasselbe Rezept für dieselbe Speise verwendet, bis das Essen nicht mehr schmeckt?
Denn Fitzek hat wie viele andere Autoren auch seine Tropen, die er gerne immer und immer wieder einbaut. Jennifer L. Armentrouts Trope? Liebesgeschichten. Dan Browns Trope? Die Verknüpfung von Religion und Wissenschaft. Stephen Kings Trope? Die missverstandenen, unschuldigen Kinder. All diese Elemente findet man in mehreren Werken der genannten Schriftsteller. Grundsätzlich nichts Schlechtes, denn wenn man sich ernsthaft für diese Themen interessiert und einfach nicht genug davon bekommt, über sie zu schreiben, und sie dann auch noch beim Leser gut ankommen - bäm, hat man ein neues Erfolgsrezept.
Der Autor von Flugangst 7A hat ebenfalls immer wiederkehrende Muster für sich entdeckt, beginnend mit den Figuren, die alle ihr Päckchen zu tragen haben, meistens gekoppelt mit psychischen Problemen, die dieser Autor - wie er erwiesenermaßen im Paket gezeigt hat - beschreiben kann wie nur wenige andere. Beispielhaft dafür ist der Protagonist und Psychiater Mats Krüger, der alles andere als ein Sympathiebolzen, aber trotzdem menschlich und abgründig ist. Er wird durch die Forderungen des Entführers in eine sehr schwere moralische Lage gebracht, die jeden von uns überfordern würde. Ist das Leben einer geliebten Person mehr Wert als Dutzende Leben unbekannter Menschen? Ist das Leben einer geliebten Person mehr Wert als die Psyche einer Person, der man aus der Selbstmordgefährung geholfen hat? Von diesen Fragen begleitet, schaut man häufig Mats über die Schulter und fühlt durch seine erzwungene Täterschaft mit ihm. Doch auch die Nebenfiguren werden in aller Kürze charakterisiert, sei es seine frisch von ihrem Freund verlassene Tochter Nele oder seine ehemalige Kollegin Feli, die er ausgerechnet an ihrem Hochzeitstag um Hilfe bittet. In Anbetracht dessen, dass man diese Leute für nicht mal vierundzwanzig Stunden kennenlernt, sind sie nicht schlecht gezeichnet und haben auf jeden Fall alle ihre Abgründe. Das gelingt Fitzek immer gut, seinen handelnden Figuren immer eine kleine Geschichte mitzugeben, die sie erklärt. Vor allem mit der ehemaligen Patientin Kaya ist ihm das gelungen, da man erst Stück für Stück erfährt, was genau sie so seelisch zerstört hat und wie sie jetzt fähig sein kann ein einigermaßen normales Leben zu führen.
Das ist natürlich eine weitere Trope des Autoren, das ganz langsame Aufdecken dessen, was eigentlich vorgeht. Meistens ist dies sehr spannend gestaltet, und durch die moralische Zwickmühle wie auch den zeitlichen Druck innerhalb der Handlung hat das Buch immer noch einen gewissen Sog auf den Leser. Insbesondere die Entführungssituation Neles ist ziemlich hart, da man weiß, wie negativ sich derart viel Stress auf ihre baldige Geburt auswirken könnte. Man rätselt mit, versucht Situationen auseinanderzunehmen, vorauszusagen, was als nächstes passiert. Einen Großteil des Buches über schafft der Autor es auch geschickt, den Leser im Dunkeln tappen zu lassen bis er einem eine plausible Erklärung vorgibt. So lernt man auch Figuren zu verstehen und sie in einem anderen Licht zu sehen.
Selbstredend ist ein solches Motiv sehr beliebt, eine Person, die sich nicht als die rausstellt, die sie vorgibt zu sein. Wenn man es allerdings immer und immer wieder verwendet, muss man darauf achten, dass zuvor Hinweise darauf gegeben werden. Dass der Leser es nachvollziehen kann, es nicht aus heiterem Himmel kommt. Fitzek jedoch scheint in diesem Thriller eher auf die Anzahl und Härte der Twists geachtet zu haben als auf deren Logik. Denn vor allem gegen Ende kommen so viele Sachen ans Licht, dass alles, was zuvor aufgebaut wird, komplett für die Katz ist. Man lernt dadurch nicht mal die Figuren oder Situationen näher kennen oder zu verstehen, ganz im Gegenteil, es ist ein vollkommener Bruch mit allem, was bisher geschehen ist. Aus diesem Grund hat man irgendwann keinen Nerv mehr für die ständigen Wendungen, da sie einen nicht mehr überraschen, sondern nur den Kopf schütteln und am Verstand des Autoren zweifeln lassen. Es gibt durchgeknallte Menschen auf der Welt, ja, aber es gibt einen großen Unterschied zwischen einem kranken Gehirn und bloßer Fadenscheinigkeit. So verfolgt man die Geschichte mit immer weniger Elan und verliert das Interesse am Ausgang und Schicksal der Figuren, insbesondere weil es gegen Ende fast schon Slasher-Gestalt annimmt.
Ein weiteres Problem dieses Durcheinanders sind die Antagonisten. Man ist es gewohnt, dass bei Fitzek nichts so ist, wie es scheint, allerdings scheint er sich hier nicht für einen Bösewicht entscheiden zu können. Aus diesem Grund sind sie mit heißer Nadel zusammengestrickt und teilweise über solche Ecken und Enden miteinander verbunden, dass man den Überblick verliert. Und womit der Autor diesmal wirklich keine gute Leistung abgegeben hat, sind die Motive der Antagonisten. Dadurch spricht er zwar einige gesellschaftlich relevante Themen an - den Absturz der German Wings Maschine, Korruption wie auch Massentierhaltung -, allerdings kann man dies auch mit glaubhaften Motivationen machen. Wirklich, an einigen Stellen muss man sogar eher lachen, weil man die Bösewichte nicht mehr ernst nimmt und eher als Karikaturen wahrnimmt. Da hätte sich Fitzek lieber für einen dieser Faktoren entscheiden sollen statt alles in einen Topf zu werfen und kräftig zu schütteln.
Davon abgesehen muss man sich auch fragen, wie glaubhaft das Setting ist. Alleine dass der Protagonist die ganze Zeit ohne große Probleme im Flugzeug telefonieren kann und darf, ist recht unrealistisch, genauso wie man sich fragt, wie einige Gegenstände unbemerkt an Bord gekommen sein sollen. Vor allem wenn man bedenkt, dass Flugzeuge meistens nicht nur einmal täglich fliegen und es sehr großes Glück wäre, wenn etwas wie eine Pistole vorher nicht von einem Passagier entdeckt werden würde.




Flugangst 7A ist leider die Mahlzeit, die selbst mit denselben Zutaten wie zuvor nicht mehr genießbar ist. Es sind definitiv Stärken in diesem Werk, denn die Idee ist sehr spannend und untermauert von gut recherchierten Fakten. Ebenso beweist Fitzek, wie gut er darin ist, Figuren in aller Kürze Leben einzuhauchen und deren Schwierigkeiten darzustellen. Doch zugunsten der Spannung hat er seine bekannten Twists zu inflationär und entgegen jeder Logik und vorheriger Informationen verwendet. Das macht nicht nur Figuren und Handlung unglaubwürdig, sondern den Leser auch regelrecht wütend. Denn wozu diese Story weiterverfolgen, wenn jeder vollkommen willkürlich handelt und selbst die Motive der Bösen so konstruiert sind, dass man nur darüber lachen kann? Er macht es sich in diesem Fall schlichtweg zu leicht, und das ist nie vereinbar mit Komplexität. Der bisher enttäuschendste Fitzek.




Ich gebe dem Buch:


♥♥.♥ Herzchen


Extra:



Der Vorleser hat auf YouTube ein selbstgelesenes Hörbuch hochgeladen. Wenn ihr neugierig seid, könnt ihr dort gerne mal reinschnuppern.


CU
Sana

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