Sonntag, 5. November 2017

►Film-Review◄: The Witch

Grundwissen:




Titel: The Witch (original: The VVitch - A New England Folktale)
Idee◄: Robert Eggers
Produzent/-en◄: Daniel Bekerman; Lars Knudsen; Jodi Redmond
Regisseur/-e◄: Robert Eggers
Drehbuch: Robert Eggers
Produktionsfirma◄: Parts and Labor; RT Features; Rooks Nest Entertainment; Maiden Voyage Pictures; Mott Street Pictures; Code Red Productions; Scythia Films; Pulse Films; Special Projects; A24
Erschienen: 2016; September 2016 auf Blu-Ray
Dauer◄: 92 Minuten (1 Stunde, 32 Minuten)
Altersfreigabe◄: FSK 16
Genre◄: Horror; Mystery, Familiendrama
Preis◄: 6, 97 € (DVD); 9, 99 € (Amazon Video); 12, 43 € (Blu-Ray) [Quelle: amazon.de]




Quelle: © Universal Pictures Germany GmbH




Inhalt:


,,Gott, mein Herr, nun bitte ich, steh mir bei, von meinen Sünden lasse ich. Ich tu' Buße und lass dich ein. Vom Bösen wend' ich mich zu dir. Den Glauben nimmt niemand mir.'' - Caleb



Neuengland, 1630: Farmer William wird gemeinsam mit seiner Frau Katherine und ihren Kindern aus der Gemeinde der Puritaner verbannt. Auf dem Land direkt neben einem düsteren Wald müssen sie sich ein neues Leben aufbauen und leben von Getreideanbau und ihrem Vieh. Ora et labora, wie der Herr es von ihnen verlangt. Doch irgendwann beginnt ihre Ernte zu verderben und mit dem Verschwinden von Baby Samuel erscheint es immer wahrscheinlicher, dass die Familie von einer Hexe verflucht ist. Und dass diese Hexe sich eventuell sogar in einem der Familienmitglieder verbirgt.



Meine Meinung ...






zum Film:




Bei The Witch handelt es sich wohl um einen der kontroversesten Filme der letzten Jahre. Entweder liebt man oder hasst ihn, etwas dazwischen findet man selten. Verständlich, denn er ist äußerst speziell und vordergründig eher ein Familiendrama gekoppelt an religiösen Fanatismus ist als ein waschechter Horrorfilm.

Es kommt jedoch auch darauf an, wie genau man ,,Horror'' definiert. Setzt man dabei nur auf Blutvergießen und ständige Schreckmomente, so wird man von The Witch eher gelangweilt sein. Denn es gibt nur wenige Szenen, in denen Gewalt verwendet wird. Er baut eher auf seine Atmosphäre, die an Düsternis und Anspannung nicht zu übertreffen ist. Es ist praktisch wie der Aufbau zu einem Jumpscare, der sich jedoch nie auflöst. Man erwartet die ganze Zeit den Schrecken seines Lebens zu bekommen, nur damit dies nicht geschieht. Deswegen gibt der Film sich damit zufrieden, dem Zuschauer dauerhaft ein unangenehmes Gefühl zu geben und trotz der untypischen Inszenierung an den Bildschirm zu fesseln.
Dazu beitragen tut auch die Zeit, in der das Ganze spielt, auf die man sich allerdings erst einlassen muss. Denn da die Dialoge größtenteils auf Dokumenten basieren, die der Regisseur als Recherchematerial verwendet hat, ist alles von puritanischer Religiösität geprägt und nicht sonderlich leicht zu folgen. Man muss akzeptieren, dass Religion und Gott im tristen Alltag der Familie eine große Rolle spielen, nicht nur, weil es die Handlungen der Figuren erklärt, sondern auch, weil es eben in die Zeit der englischen Besiedlung Amerikas hineinpasst. Trotzdem fühlt man sich sehr hineingesogen in diese für uns so ferne Welt, kann die langweilige Isolation fühlen ebenso wie die Perspektivlosigkeit der Protagonistin, die sich sündig fühlt wegen ihres Bedürfnisses, mehr vom Leben zu haben. Insofern wirkt das Setting für einen abstrakten, urbösen Antagonisten perfekt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Hexenverbrennungen, die durch den extremen Glauben an Gott verstärkt wurden. 
Quelle: © Universal Pictures Germany GmbH
Sucht man also einen klar definierten Bösewicht mit Motiven und einer Hintergrundgeschichte, so wird The Witch einen auch enttäuschen. Zwar gibt er bereits durch seinen Titel schon preis, welches Wesen im Fokus steht, jedoch sieht man es selten wirklich mit den Hauptfiguren interagieren. Es lauert eher im Hintergrund und wartet darauf, unbemerkt zuzuschlagen, und beantwortet dem Zuschauer nicht eine einzige Frage. Aus diesem Grund bleibt einem der Film auch Tage nach dem Anschauen im Gedächtnis, da man versucht sich einen Reim darauf zu machen, was eigentlich genau geschehen ist. Denn unter anderem beginnen die Eltern auch ihre älteste Tochter Thomasin der Hexerei zu verdächtigen und so die Familie innerlich zu zerreißen statt zusammenzuhalten. Man vertraut niemandem so recht aus dem Film, kann sich noch nicht mal auf Thomasin selbst verlassen, die standhaft behauptet, keine Hexe zu sein. Und obwohl alle Figuren eher ihre Rolle spielen als wirklich Tiefe zu besitzen, haben sie alle ihre Abgründe, die von dem Bösen herausgekehrt werden und alle irgendwo zu Sündern machen. Sei es Mutter Katherine, die nach dem Verlust ihres Jüngsten sowieso schon eine gewisse Feindseligkeit gegenüber ihrer Tochter hat, oder die Zwillinge, die behaupten, ihre Ziege hätte ihnen von Thomasins Hexenwerk erzählt - sie alle tragen dazu bei, dass die Spannungen zwischen den Familienmitgliedern steigen und letztlich dem Bösewicht immer mehr Chancen geben, sie anzugreifen. Eben dadurch, dass der Film so handlungsarm ist und Szenen und Dialoge vielfach interpretieren werden können, vermag er einen so einzunehmen und einem unter die Haut zu gehen. Und wenn ein Horrorfilm das schafft, kann er eigentlich nur gewinnen. Vor allem da der Teufel oder Hexen in einem solchen Setting nicht mal einen wirklichen Hintergrund brauchen, sondern eher als das mystische, un(be)greifbare Etwas in so einer gottesfürchtigen Zeit ihre Wirkung entfalten können. Abgerundet wird das durch die hervorragende Musik, die mit zu den unheimlichsten Stücken zählt, die man seit Langem gehört hat. Sie passt wunderbar zum teilweise kirchlichen Thema von The Witch, allerdings auch zu der Dunkelheit und Dämmerung, zu denen die Handlung größtenteils spielt.


Doch so rund und durchdacht der Film auch wirkt und einen in seiner Abstraktheit verblüfft, nachdenklich und verschreckt verlässt - an einigen Stellen ist er fast schon zu verwirrend. Einige Szenen lassen einen einfach mit offenem Mund zurück, weil man nicht weiß, was genau man mit dem Dargestellten anfangen soll. So wirken jene Situationen auch so abseits von jeglicher, selbst in Horrorfilmen vorkommender Normalität, dass man nicht weiß, ob man nun Angst haben oder lachen soll. Es bringt einen kurzfristig aus der dichten Stimmung raus und ist zu skurril, um noch Ideen für das Warum hinter dieser Szene für sich beantworten zu können. Ein Beispiel dafür wäre das Ende des Films, bei dem eine Entscheidung von Thomasin eine große Rolle spielt - wie allerdings kann man ihre Handlung verstehen, wenn man all die Fragen davor nicht mal im Ansatz beantwortet hat? Für einige mag dies sicherlich toll sein, dass die Macher es schaffen, einen Film so von der Interpretation des Zuschauers abhängig zu machen, andere hingegen könnte es nerven, da man nach Beenden des Films nicht schlauer ist als vorher. Im schlimmsten Fall könnte man dem Regisseur sogar vorwerfen, er hätte etwas geschaffen, was genial wirken soll, letztlich aber nichts dahintergesteckt hat.




Dieser Horrorfilm hat seinen ganz eigenen Horror, der sowohl bekannte Stilmittel aus dem Genre verwendet als auch etwas ganz Eigenes und Innovatives an sich hat. Die Interpretationsmöglichkeiten sind durch die gespannte, stetig dunkle Atmosphäre und die wenigen Antworten bezüglich des Antagonisten wahnsinnig vielfältig, was wunderbar zu der Zeit der Puritaner passt, die sich ihren Alltag nur durch Religion und Gott zu erklären vermochten. Man verfolgt die Familie gespannt in ihrem langweiligen Alltag, der nach und nach von merkwürdigen Geschehnissen durchzogen ist und sowohl in ihnen als auch im Zuschauer Unbehagen verursacht. Simplizität und Komplexität werden wunderbar miteinander verknüpft und bieten einem in der Gesamtheit eine authentische, mysteriöse Geschichte, die einen noch Tage nach dem Schauen beschäftigt. Perfekt für einen Halloween-Abend, wenn man sich an typischem Splatter-/Geister-/Mörder-Horror sattgesehen und Lust auf etwas komplett Anderes hat.




Ich gebe dem Film:



♥♥♥♥ Herzchen



Extra:



Hier könnt ihr eine Interpretation des Films einsehen, die mir persönlich auch als die wahrscheinlichste erscheint.

CU
Sana

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