Montag, 23. Oktober 2017

:)Rezension:): Madness

Grundwissen:



Titel: Madness - Das Land der tickenden Herzen
Autor/-in: Maja Köllinger
Erschienen: Oktober 2017 im Drachenmond-Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl: 303 Seiten ohne Danksagung
Preis: 14, 90 € (Taschenbuch); 4, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: Neuerzählung; Young Adult; Steampunk; Fantasy; Romance




Quelle: © Drachenmond Verlag





Inhalt:


,,Es ist ein Fluch. Wir sind dazu verdammt, nichts zu fühlen oder verrückt zu werden. Wir lassen die Emotionen einfach nicht zu, um uns zu schützen. Wir wollen sie nicht.'' - Elric (S. 132)



Punkerin Alice und ihre Freundinnen besuchen einen gemeinsam einen Undergroundclub. Doch kurz darauf trennen sich die Wege der Mädchen, als Alice ein weißes Kaninchen inmitten von London entdeckt und ihm in den Park folgt. Dort stürzt sie in ein Kaninchenloch mitten in Wunderland, einem Land, in dem kein echtes, sondern nur maschinelles Leben existiert. Verzweifelt versucht sie nach Hause zu gelangen und trifft dabei auf die mechanische Katze Grinser und den Hutmacher Elric. Von ihnen erfährt sie, dass Alice eine wichtige Rolle in Wunderland zu erfüllen hat und sie nicht eher nach Hause kann, bis diese erfüllt ist ...




Meine Meinung ...




zum Buch:




Nicht nur ist dieses Buch eine Homage an Alice im Wunderland, auch wurde es durch die Madness Release Tea Party auf Facebook und viele fleißige Blogger im Rahmen dieser Aktion fleißig promotet. Kein Wunder, immerhin sind Alice-Neuerzählungen gerade reichlich beliebt und auch die Idee eines Steampunk-Wunderlands, nur bestehend aus Metallen und mechanischen Triebwerken, kann einen Fan des Ursprungswerks von Lewis Caroll nur ansprechen.
Und diese Elemente des Steampunks sind auch das, was das Buch so außergewöhnlich macht. Es ist eine wirklich kreative Welt, untermalt von wahnsinnig atmosphärischen Beschreibungen und kleinen Zeichnungen, die einem alles glaubhaft erscheinen lassen. Es ist natürlich ungewohnt, sich das Wunderland oder generell eine Landschaft vorzustellen, die keine Pflanzen, keine lebendigen Tiere und Ähnliches beherbergt, doch trotzdem gelingt es der Autorin, äußerst lebendige Bilder im Kopf des Lesers zu erschaffen. Am liebsten würde man mit Alice Plätze tauschen, um sie mit eigenen Sinnen zu erleben, was vor allem dadurch zustande kommt, dass Maja Köllinger ebenjene Sinneswahrnehmungen stark in ihren Schreibstil einbezieht. Sie nimmt die kleinsten Details auf, vor allem durch Berührung und Geruch, was mit eine der plastischsten Welten erschafft, über die man im Jugendbuchbereich wird lesen können. Dabei erkennt man auch viele abgeänderte Momente und Bilder, die aus dem Original übernommen werden, und spürt so die große Faszination der Autorin für diese Geschichte.
Diese sorgen für eine Handvoll spannender Situationen, die häufig sogar mit Lebensgefahr verbunden sind. Es wirkt nicht so aus jeglicher Logik gerissen wie im Originalwerk, allerdings ulkig und ungewöhnlich genug, um den Leser mitfiebern zu lassen. Es ist eine sehr lineare Storyline, wie man sie im Grundkern schon viele Male anderswo gesehen hat, doch trotzdem schafft es die Autorin, ab und an interessante Einfälle mit einzubringen und so Alice' Weg steiler zu gestalten, vor allem eben durch ihre gewählten Worte und stimmungsvollen Beschreibungen. Und für all jene, die sich über Bücher hinaus mit Alice' Abenteuern beschäftigen: Man wird definitiv das eine oder andere Motiv aus dem Videospiel Alice: Madness Returns wiedererkennen.
Durch den Kontrast zwischen der lebendigen Alice und den mechanischen Kreaturen des Wunderlands wirft die Autorin auch die Frage nach Emotionen auf, die sich vor allem in einem Konflikt zwischen der Protagonistin und Elric zeigt. Es werden die Vor- und Nachteile davon beleuchtet, sich vom Herzen oder von der Rationalität leiten zu lassen, und so dem einfallsreichen Setting ein wenig Tiefe zu verleihen, ebenso wie seinen Bewohnern. Dadurch, dass sowohl Emotionen als auch das Fehlen dieser gleichermaßen schrecklich sind, ist auch der Wahn ein zumindest ansatzweise angeschnittenes Thema. Leider, denn eine schöne Abrundung hätte die Autorin finden können, indem sie dem etwas mehr Raum zur Entwicklung gegeben hätte. Es wird eher mit Begriffen wie ,,verrückt'' und ,,wahnsinnig'' um sich geworfen statt wirklich ausgiebig zu besprechen, was dies bedeutet und wie es sich äußert. Da hätte man wesentlich mehr Zeit und auch Handlung hineininvestieren müssen, um die wahre Grausamkeit dieser Zustände darstellen zu können.
Diese Zeit wurde leider für etwas Anderes verwendet, nämlich die Liebesgeschichte. Denn obwohl dieses Buch nicht mal eine halbe Woche umfasst, verfallen Alice und der Hutmacher einander mit Haut und Haaren. Es ist nicht mal so, dass es von seiner Seite unnachvollziehbar wäre, da ihm Gefühle fremd sind und er sich somit leicht in eine Sympathie hineinsteigern könnte. An Unglaubwürdigkeit und Unangemessenheit ist dieses Liebesdrama allerdings nicht zu übertreffen. Manchmal steht die Handlung regelrecht still, nur damit diese beiden sich darüber streiten können, ob sie es nun miteinander versuchen sollen oder nicht, obwohl sie eigentlich keine Zeit für solche Nichtigkeiten haben. Daher verdreht man jedes Mal die Augen und ist sogar versucht, die romantischen Passagen zu überspringen, weil man sich zu retten versucht vor all diesem Kitsch. An dieser Stelle kommt es der Autorin überhaupt nicht zugute, dass sie einen so schwärmerischen, poetischen Schreibstil besitzt, denn man kann gar nicht mehr mitzählen, wie häufig von Elrics Augen geschwärmt und ihre ,,Liebe'' als schicksalhaft bezeichnet wird.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt kann man den Hutmacher und Alice nicht mehr ernstnehmen, da sich ihre Welt nur noch um den jeweils anderen zu zentrieren scheint. Demzufolge verblasst für Alice alles andere, selbst ihr Wunsch nach Hause zu kommen, obwohl genau dies von Anfang an ihre Motivation ist. Das ist wahnsinnig schade, denn zu Beginn wirkt sie wie eine starke junge Frau, die um ihre Wünsche weiß und die sich emsig darin festbeißt, diese durchzusetzen. Doch das nimmt, je mehr Zeit sie mit Elric verbringt, immer mehr ab. Sie ist wahnsinnig weinerlich und vergisst zeitweise sogar ihren Vater und ihre Freundinnen, nur wegen der tollen Muskeln des Hutmachers. Als wäre es nicht schon merkwürdig genug, dass eine Liebesgeschichte geschrieben wird zwischen einem jungen Mädchen und einem Mann, der im Original mindestens dreißig Jahre älter ist, dass Alice den Großteil ihres Charakters verliert, ist alles andere als unterhaltsam. Genauso wie der Hutmacher selbst, der leider ein recht stereotypischer Love-Interest ist, von den Muskeln über eine gewisse Selbstverliebtheit bis zu dem Unwillen, Gefühle zuzulassen. Das einzig Interessante an ihm ist seine Affinität zum Hutmachen, ansonsten ist er sehr austauschbar. Und das ist vor allem für eine Figur aus dem Wunderland sehr enttäuschend.
Diese Liebesgeschichte deutet auch schon darauf hin, dass die Autorin scheinbar einen Hang zur Dramatik hat. Denn sowohl einige Ereignisse vor dem Showdown als auch der Showdown an sich sind geprägt von recht stereotypischen Mustern und begleitet von sehr vielen Tränen, die in Anbetracht dessen, dass dieses Buch eine so kurze Zeitspanne umfasst, eigentlich hätten nicht vergossen werden müssen. Auch werden gegen Ende interessante Konflikte angedeutet, die aber entweder abgeblendet oder aber sofort gelöst werden. Dabei wären das Ideen gewesen, die Alice gezwungen hätten, ihre genauen Wünsche zu hinterfragen, und vielleicht nicht für ein Happy End zu sorgen.



Insgesamt lässt das Buch einen eher enttäuscht zurück. Denn während das Setting großartig ist und auch das Abenteuer von Alice per se nicht uninteressant gestaltet ist, krallt sich die Autorin zu sehr in die typischen Jugendbuchtropen, die nicht so recht zu Madness passen wollen. Vor allem die Liebesgeschichte ist einfach nur schrecklich deplatziert und verhindert, dass sich mit anspruchsvolleren Thematiken, wie dem Wahsinn, befasst wird. Mit dem nach Schema X verlaufendem Ende kann Maja Köllinger ihre Geschichte leider auch nicht mehr retten und verwandelt so ihre wunderbare Homage in eine durchschnittliche Jugendbuchstory mit anderem Setting. Sehr schade.




Ich gebe dem Buch:


♥♥ Herzchen


Extra:



Wen das erwähnte Spiel interessiert, der kann sich hier ruhig den Trailer ansehen. Es ist einfach brillant <3


CU
Sana

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