Mittwoch, 6. September 2017

►Series-Review◄: Hannibal (S. 3)

Grundwissen:



Titel: Hannibal (original: Hannibal)
Idee: Thomas Harris; Bryan Fuller
Regisseur/-e: Bryan Fuller
Produzent/-en:  Carol Dunne Trussel; Michael Wray
ProduktionsfirmaDino de Laurentiis Company; Living Dead Guy Productions; AXN Original Productions; Gaumont International Television
Erschienen: Januar 2016 (DVD)
Dauer: 39-42 Minuten (13 Folgen)
Altersfreigabe: FSK 18
Genre: Horror; Psychothriller; Criminal
Preis: 14, 97 € (Blu-Ray); 12, 95 € (DVD) [Quelle: amazon.de]









Inhalt:



,,Den Ort seiner Kindheit zu sehen bringt keine Heilung - doch man kann ermessen, ob man gebrochen ist. Wie und warum - sofern man es wissen will.'' - Hannibal Lecter [03.03]



In Europa will Hannibal sich mit seiner Psychiaterin Bedelia ein ruhiges Dasein ermöglichen. Doch schon bald kann er seiner kulinarischen Vorliebe für Menschenfleisch nicht mehr widerstehen und beginnt wieder zu morden - was nicht unbemerkt von der Florenzer Polizei bleibt. So bekommen diejenigen, die diese Naturgewalt überlebt haben, die Chance, sich an ihm zu rächen und ihn zur Strecke zu bringen. Nur um ihn und seine psychologischen Fertigkeiten fünf Jahre später wieder zu brauchen.





Meine Meinung ...







zur Staffel:




Es gibt wohl für keinen Fan der Welt etwas Schmerzhafteres als eine Serie zu haben, die man abgöttisch liebt, total genial findet, bei jeder Folge mitfiebert, und sich dann mit einer abschließenden Staffel konfrontiert sieht, die qualitativ massiv absteigt. Staffel 3 des Psychothrillers mit Horror-Elementen passt allerdings genau in dieses Schema und hinterlässt einen mit sehr gemischten Gefühlen.
Quelle: thenerdstash.com
Womit die Serie nämlich über die gesamte Zeit besticht, ist die Optik. Man entwickelt zunehmend das Gefühl, als hätten die Verantwortlichen ihr halbes Leben lang an Werbungen für Lebensmittel gearbeitet, da selbst die Zubereitung einer abgetrennten Hand noch ästhetisch ansprechend ist. Ebenso sind die Morde in ihrer Morbidität kreativ ausgestaltet und ziemlich abstrus sind wie auch in den vorherigen Staffeln, auch wenn man sich diesmal von dem Schema eines Kriminalserie entfernt und daher längst nicht so viele Todesopfer hat wie zuvor. Trotzdem dürfte sich nur schwer eine andere Serie finden lassen, die blutige Grausamkeit so kunstvoll darstellt wie diese, was es immer zu einer Freude macht, die Bilder in sich aufzunehmen. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass die Macher zuvor diese Kreativität nicht überall einsetzen, sondern nur an Stellen, an denen es passend ist und eine Bedeutung unterstreicht. Egal ob es sich um die Beziehung zwischen Hannibal und Will handelt, um die symbolische Bedeutung der Morde oder um etwas emotional Aufwühlendes darzustellen, es wirkt nie übertrieben. In Staffel 3 allerdings gibt es häufig Momente, in denen es zwar schöne Aufnahmen gibt, die allerdings gar keine Bedeutung für die Handlung haben und daher bedeutungsschwanger und aufgeblasen wirken. Sind die Geldstücke, die jemand in ein Münztelefon wirft, wirklich derart wichtig, dass man in Zeitlupe zeigen muss, wie sie in den kleinen Spalt kullern?
Fast wirkt es so, als hätten die Macher durch dieses Schlachtfeld an optischer Schönheit versucht auszugleichen, dass die Handlung nur schwer zu greifen ist. Angesichts dessen, dass die Serie gecanselt wurde, man allerdings vorhatte, ganze sieben Staffeln über den stilvollen Kannibalen abzudrehen, ergibt das sogar Sinn. Man wollte so viel wie möglich in diese dreizehn Folgen legen für den Fall, dass man tatsächlich mit Hannibal aufhören müsste. Deswegen beschäftigen sich auch die ersten sieben Episoden mit dem Wiederfinden und Stellen Hannibals, während die restlichen Folgen Jahre später einsetzen und sich um einen einzigen Kriminalfall drehen, an den die Buchleser sich sicherlich erinnern. Allerdings hat man dort so viel da reinlegen wollen, dass man überhaupt keinen Fokus hat und insbesondere die erste Hälfte so wirkt wie eine recht ausführliche Charakterstudie, die aber noch in den Kinderschuhen steckt. Wie gesagt, die Fälle der Woche sind Vergangenheit, daher ist es logisch, dass die Struktur eine andere ist. Doch statt einem die Beziehungen wirklich zu erklären, vor allem die recht verwirrende zwischen Psychiaterin Bedelia und Hannibal, wirkt alles recht schwammig in sehr überspitzte Dialoge verpackt. So kann man auch die Handlungen von vielen Figuren nicht mehr so gut nachvollziehen wie noch in Staffel 1 und 2, was angesichts der psychologischen Raffinesse der Serie verdammt schade ist. Während die Macher vorher die Balance zwischen Plot und Charakteren bzw. deren Verbindungen sehr gut halten, kommt hier in der ersten Hälfte beides zu kurz, während in Staffel 2 nur die Handlung um den einzufangenen Mörder eine echte Bedeutung hat.
Quelle: gottawatchit.com
Damit wird sehr viel Potential verschwendet, insbesondere da viele Figuren nur da zu sein scheinen, um eine bestimmte Handlung voranzubringen. Das traurigste Beispiel wäre da Alana Bloom, die zu Beginn noch eine Psychiaterin ist, deren berufliche Neugierde ihr zum Verhängnis wird, und später zu einer Spielfigur wird, die dem Protagonisten der Serie durch Strippenzieher Hannibal den Rücken zukehrt. Es hätte so viele Möglichkeiten für Konflikte gegeben; sie hätte Hannibal seine Taten vorwerfen können, hätte sich vor Will rechtfertigen müssen, hätte ihre eigene Naivität verwinden müssen. Doch die Alana dieser Staffel ist eine völlig andere; eine, dessen Entwicklung man nicht mitbekommt und Erscheinung entweder nichts dient oder einem bestimmten Handlungsstrang. Diesen Fehler macht man hier häufiger und distanziert so den Zuschauer zu sehr von diesen Personen, die sowieso schon alle speziell sind.
Quelle: gruesome.decadesofhorror.com
Somit gibt es nur wenig, woran man sich als Zuschauer wirklich klammern kann. Die Handlung ist langsam oder stellenweise nicht mal vorhanden, die langwierigen und komplexen Gespräche bringen einem in dem Zusammenhang auch keine Erleichterung, und die zweite Hälfte bringt trotz eines brutalen Mörders nicht oft Erleichterung. Was einen im Vergleich zu den anderen Staffeln auch enorm stört, sind die Logiklücken, die in den Episoden 1 bis 7 in Erscheinung treten. Die Macher sind vorher so akkurat, was Biologie und Anatomie angeht, und plötzlich wird dies zugunsten der Absurdität abgelegt. Es haben so viele Figuren überlebt, die eigentlich - vor allem angesichts dem Finale aus Staffel 2 - hätten jämmerlich verrecken müssen. Und nicht zuletzt habend diese wohl spontan genug Geld, um sich eine Reise nach Florenz und Litauen leisten zu können. Da kann man nur den Kopf schütteln, da man weiß, dass Hannibal es besser kann.
Dennoch macht diese Staffel nicht alles falsch. Denn vor allem die Dialoge sind trotz der Anstrengung voller Interpretationsmöglichkeiten, die einen auch nach Ende der Folge beschäftigen. Sie sind clever geschrieben und angesichts schwarzem Humor und Zynismus manchmal auch sehr lustig. Psychologisch interessant sind sie vor allem, wenn Hannibals Opfer mit ihrem Peiniger sprechen. Denn egal wie weit entfernt er von ihnen ist, er ist ihnen immer einen Schritt voraus und kontrolliert sie bis zu einem gewissen Grad. So sehr die bedeutungsschwangeren Aufnahmen diese Staffel auch nerven, die Symbolik hinter den Aufnahmen in einer Kirche mit Hannibal als Mittelpunkt unterstreichen seine Macht und Intelligenz sehr gut.
Quelle: themoderatevoice.com
Aus diesem Grund ist auch nach wie vor die Beziehung von ihm und Will großartig. Zwar rückt sie angesichts Bedelias Anwesenheit ab und an in den Hintergrund, jedoch haben die beiden trotzdem noch ihre einzigartige Chemie. Man könnte ganze wissenschaftliche Abhandlungen über ihre Co-Abhängigkeit schreiben, über die Faszination füreinander und den gleichzeitigen Hass, der damit einsetzt. In dieser Staffel sind die beiden nicht mehr wirklich als Konkurrenten anzusehen; vielmehr ist es so, dass Will seine Rache will und sich versucht ein Leben ohne seinen alten Therapeuten aufzubauen. Es sind Versuche der Emanzipation, die Hannibal sehr subtil zu unterbinden versucht, und damit den Zuschauer packt. Wird Will es schaffen, sich seiner Macht zu entziehen? Oder kann er weder mit noch ohne ihn leben, wie Bedelia an einer Stelle sagt? Von daher sind die beiden immer noch großartig gezeichnet und funktionieren trotz des Durcheinanders in Staffel 3 gut.
Quelle: hannibalfannibals.com
Ein weiterer toller Charakter ist der Antagonist der zweiten Hälfte, da er einfach alles andere als ein typischer Mörder ist. Zwar soll er im Buch noch tiefgründiger und extremer angesichts seiner Motive und seiner Hintergrundgeschichte sein, jedoch ist er schon in der Serie sehr besonders und schleicht sich definitiv in das Herz des Zuschauers. Es ist zweifellos sehr komplex und wird sicherlich nicht von jedem Zuschauer verstanden werden, allerdings ist seine Darstellung auch so wirklich glaubwürdig; sogar so glaubwürdig, dass man sich zwar vor seinen Taten ekelt, aber gleichzeitig Mitleid für ihn übrig hat. Insofern macht es auch Spaß zu verfolgen, wie man versucht ihn zu fassen und sich dabei zwangsläufig auf Hannibal einlassen muss, der gleichzeitig als Vorbild für den Mörder fungiert. Was für all diejenigen, die das Buch nicht kennen, nebenbei nicht bedeutet, dass man einen Hannibal 2.o antrifft, überhaupt nicht.
Das Ende ist abgeschlossen und offen zugleich und nach längerem Überlegen wahrscheinlich der Abschluss, den Will und Hannibal nur bekommen können. Allerdings ist das Finale relativ abrupt und passt nicht ganz zu der Entwicklung, die Will diese Staffel eigentlich nimmt. Spannend und gut aufgebaut ist die Abschlussfolge jedoch trotzdem, vor allem da sie einen mit ein paar Twists überraschen kann.



Alles in allem eine durchwachsende Staffel. Zwar sind die beiden Hauptcharaktere immer noch toll gezeichnet und ihr psychologischer Kampf ist weiterhin sehr sehenswert. Allerdings sind die restlichen Charaktere häufig Zierde und haben in vielen Szenen nicht wirklich etwas zu tun. Zwar wird gezeigt, wie Hannibal ihr Leben beeinflusst hat, allerdings hätten diese Momente viel tiefsinniger sein können, genauso wie die Ausgestaltung der großen Entwicklung (zum Negativen), die viele von ihnen nehmen. Aber weder mit den Figuren noch mit der Handlung wird sich großartig beschäftigt, sondern unentschieden philosophische Gespräche geführt. Daher ist die Spannung vor allem in der ersten Hälfte ziemlich in den Hintergrund gerückt, ebenso wie sie wegen der Langgezogenheit des Falles in der zweiten Hälfte manchmal in Vergessenheit gerät. Optisch holen die Macher immer noch viel raus, und herrlich surreal ist das Ganze noch immer, aber es kommt lange nicht an die ersten beiden meisterhaften Staffeln heran.





Ich gebe der Staffel:


♥♥ Herzchen


Extra:


Kaum zu glauben, aber eine so düstere Serie hat in der Tat ziemlich lustige Blooper ^.^ Hier könnt ihr sie euch ansehen :)
Außerdem steht zur Diskussion, ob nicht noch eine 4. Staffel produziert wird. Diese würde allerdings wieder die Verfilmung eines der Bücher von Thomas Harris bedeuten ... und wie gut es ihnen gelingt, etwas zu verfilmen und gleichzeitig etwas Eigenes daraus zu machen, sieht man leider in der zweiten Hälfte dieser Staffel :/

CU
Sana

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