Samstag, 30. September 2017

►Film-Review◄: ES (1990)

Grundwissen:



Titel: ES (original: IT)
Idee: Stephen King
Regisseur/-e: Tommy Lee Wallace
►Drehbuch◄: Lawrence D. Cohen; Tommy Lee Wallace
Produzent/-en: Mark Basino; Allen S. Epstein; Jim Green
Produktionsfirma: Lorimar Productions; DawnField Entertainment; The Konigsberg & Sanitsky Company; Greep & Epstein Productions
Erschienen: 1990; 1991 auf DVD
Dauer: 192 Minuten (3 Stunden, 12 Minuten)
Altersfreigabe: FSK 16
Genre: (Jugend)Drama; Horror
Preis: 7, 99 € (DVD); 9, 99 € (Blu-Ray) [Quelle: amazon.de]




Quelle: © Warner Home Video Germany




Inhalt:



,,Und wenn du mit mir hier unten wärst, Georgie ... dann würdest du auch fliegen!'' - Pennywise




1960: In der Kleinstadt Derry (Maine) sollten Kinder lieber zuhause bleiben, denn seit einiger Zeit verschwinden sie oder werden ermordet aufgefunden, unter anderem auch Bills kleiner Bruder Georgie. Und nicht nur lässt ihn sein Tod nicht los, auch wird er von einem gruseligen Clown namens Pennywise heimgesucht, den scheinbar nur er sehen kann. Als er sich schließlich mit Ben, Beverly, Eddie, Mike und Stanley anfreundet, erfährt er nicht nur Nähe und Unterstützung im Kampf gegen den bösen Buben Henry Bowes, sondern findet auch raus, dass er nicht der einzige ist, der von ,,ES'' heimgesucht wird. Gemeinsam beschließen sie, gegen ihn zu kämpfen und wiegen sich in Sicherheit - bis Pennywise 27 Jahre später wieder zu morden beginnt ...





Meine Meinung ...




zum Film:




Ebenso wie Pennywise 27 Jahre nach seinem vermeintlichen Tod wieder in Derry sein Unwesen treibt, kommt 27 Jahre nach dem ersten Versuch einer Verfilmung ein neuer ES ins Kino. Und nach einer Revision des ersten Versuchs, der auch lediglich ein zweiteiliger Fernsehfilm gewesen ist, wird diese Auffrischung der Horrorlegende sicherlich förderlich sein, denn leider ist ES von 1990 nicht besonders gut.
Für einen dieser Gründe, weshalb der Film manchmal schwer ernst zu nehmen ist, kann er allerdings nichts. Denn in den Neunzigern hätte man wohl kaum davon ausgehen können, dass die Effekte einige Jahre später ziemlich trashy aussehen würden. So allerdings wirkt es allein von der Inszenierung her recht steril, als hätte man das Ganze genauso gut als Anfänger filmen können. Gekoppelt mit den übernatürlichen Elementen und Pennywise' scheinbar elastischen Körper können einen die Bilder also alles andere als vom Hocker hauen. Vor allem für diejenigen, die Filme der heutigen Zeit gewohnt sind, wo CGI und Bildschärfe dominieren, dürfte es recht schnell langweilig werden und nicht leicht anzusehen sein. Nach einer Weile gewöhnt man sich zwar daran, allerdings ist ES mit seiner Optik gemessen an den Horrorfilmen aus der heutigen Zeit definitiv im Nachteil. Bei manch einer Darstellung muss man sich sogar ein Lachen verkneifen. Angst kommt also nur in den seltensten Fällen auf.
Quelle: © Warner Home Video Germany
Dies liegt auch an der sehr zähen Erzählweise, die vor allem im ersten Teil des dreistündigen Films anstrengend zu verfolgen ist. Denn diese ersten eineinhalb Stunden bestehen einzig und allein aus Charaktereinführung und gradueller Hintergrundgeschichte, die einem ständig auf dieselbe Art präsentiert wird: eine Figur wird in der Gegenwart von einem der Freunde angerufen und über ES informiert, taucht in ihre Kindheitserinnerungen ab und legt eine gefühlte Viertelstunde später wieder auf, um nach Derry zu fahren. So hat man lange das Gefühl, dass die Handlung nicht vorankommt, weil man - leider nicht ganz erfolgreich - versucht, den an Stereotypen angelehnten Figuren Tiefe einzuhauchen. Denn diese werden nicht umsonst ,,Club der Verlierer'' genannt: Sie erfüllen wirklich jegliche Klischees, die jemand scheinbar benötigt, um ein Außenseiter zu sein, sei es Asthma, Stottern oder ein etwas runder Bauch. Es hätte nur noch Bettnässen gefehlt, um die Liste zu vervollständigen. Natürlich stellt sich in einem solchen Fall die Frage, ob man diese heutzutage altbackenen Bilder als origineller werten sollte, nur weil sie früher originell waren. Vermutlich könnte man dies tun, hätte der Film diese unglaubliche Zeit, die er mit den Figuren verbringt, genutzt, um ihnen Tiefe zu verleihen. Dies geschieht jedoch nur teilweise, sodass sich Zuschauer, die sich nicht über den Film hinaus mit dem Stoff beschäftigt haben, Schwierigkeiten haben könnten, die Figuren als mehr als eindimensional wahrzunehmen. Ganz stark darunter leidet beispielsweise der Peiniger des Verliererclubs, Henry Bowers, der im Film einfach nur wirkt wie ein sadistischer Mistkerl, während er zum Beispiel im Buch durchaus seine Beweggründe dazu hat, seine Mitschüler zu quälen.
Weniger Tiefe zeigen die Figuren allerdings im Erwachsenenalter, denn bis auf die Tatsache, dass einige von ihnen bei der Benachrichtigung über ES sofort wieder alte Laster aus der Kindheit übernehmen, wirken sie steif und ziemlich flach. Das muss einen allerdings nicht wundern, wenn die erste Hälfte des Films nur aus Flashbacks besteht, die eher die Freundschaften untereinander untermauern als die Individualität der Personen. So haben sie im Jetzt-Zustand kaum Gelegenheit zu zeigen, was in ihnen steckt und ob sich von ihrer Karriere abgesehen irgendwas in ihrem Leben verändert hat. Teilweise fragt man sich auch, wie ein so starkes Freundschaftsband dazu führen kann, dass man fast dreißig Jahre keinen Kontakt mehr zueinander pflegt. Antworten darauf kriegt man wie gesagt nicht und kann auch nur selten mit den Figuren sympathisieren.
Quelle: © Warner Home Video Germany
Die einzige Art und Weise, um sie besser kennenzulernen, sind ihre Ängste, die ES in psychologischen Spielchen gegen sie ausspielt. Diese Szenen sind auch solide bis gut gemacht, vor allem da der Clown sich einen gewaltigen Spaß aus der Quälerei macht. Dies sind auch die Momente, wo man baff vor dem Bildschirm sitzt und teilweise in sein irres Lachen mit einstimmt. Aber genau das ist auch das Problem von Pennywise - er ist wahnsinnig komisch und setzt auch eher auf kleine, aber feine Streiche, um den Kindern Angst einzujagen, zumindest zum Großteil. Erst in deren Erwachsenenalter bedient er sich ,,gemeinerer'' Tricks. Allerdings bleibt es eben nur dabei; zu keinem Zeitpunkt fühlt sich der Horrorclown tatsächlich wie eine ernstzunehmende Bedrohung an. Das passt zwar dazu, dass er Kinder als freundlicher, lustiger Clown zu sich locken möchte, allerdings nicht dazu, dass er in den Köpfen der Gruppe rumstochert. Als Zuschauer hat man eher das Bedürfnis sich gemeinsam mit ihm kaputtzulachen statt seine Vernichtung zu wollen, weil man sich so vor ihm fürchtet. Natürlich gehörte es damals zum guten Ton, bei brutaleren Szenen abzublenden, allerdings hätte man doch mehr von Pennywise sehen sollen, um seine jahrhundertelange Unbesiegbarkeit zu untermauern. Insofern fällt es schwer, ihn als Gegenspieler ernstzunehmen, insbesondere weil er sich in den Kämpfen mit den Kindern so leicht in die Flucht schlagen lässt.
Quelle: © Warner Home Video Germany
Diese sind nämlich sowohl in der Kindheit als auch siebenundzwanzig Jahre später nicht sonderlich spannend. In der ersten Hälfte des Films ergibt es sogar noch Sinn, da sich der Clown quasi den Kindern anpasst, in der zweiten Hälfte allerdings hätte man vor allem nach über zweieinhalb Stunden Wartezeit ein packenderes, vielleicht sogar blutigeres Finale erwartet. Man kann dem Zuschauer doch nicht weismachen, dass ein übernatürliches Wesen sich nach Jahrhunderten des Terrors innerhalb von fünf Minuten von einer Bande unbewaffneter Erwachsener besiegen lässt, vor allem da viele Fragen zu seinem Wesen und seinem Einfluss auf Derry offen bleiben. Diese Inszenierung hätte selbst mit heutigen Effekten noch unfreiwillig komisch und faul gewirkt. Mag sein, dass in der Art und Weise, wie die Gruppe vorangeht, sogar einige symbolische Taten versteckt sind, allerdings wirkt das in dem Kontext und mit den Schauspielern zu bedeutungsschwanger und pseudotiefgründig. So wirkt am Ende sehr viel vereinfacht und vor allem in Bezug auf all die Geschehnisse zuvor zu sehr auf Happy End getrimmt. Das sorgt ebenfalls dafür, dass man Es' angebliche Omnipräsenz und den Einfluss, den er auf die Kinder hat(te), nicht wirklich wahrnimmt und ihm so seine Macht noch weniger abkauft. Von der Brutalität her hat also selbst Schulmobber Henry der Gruppe mehr zugesetzt als Pennywise, was verdammt schade ist. Denn wie soll man einen Kultbösewicht auch als solchen sehen, wenn er sich die gesamte Zeit über derart zurückhält? Irgendwann muss doch auch er die Schnauze voll haben von den Katz-und-Maus-Spielchen.




Alles in allem ist verständlich, warum der Film als Horrorklassiker gilt, denn für die damalige Zeit ist es sicher sowohl von den Effekten her als auch der satirischen Darstellung des Bösen wirklich etwas Neues gewesen. Aus heutiger Sicht allerdings nehmen vor allem die unglaublichen Längen, die zur Charaktervorstellung dienen, das allerdings nur mäßig ausführen, und die heute billig wirkenden Effekte der Story die Spannung und den Kick, obwohl man aus diesen psychologischen Taschenspielertricks eine Menge hätte machen können. Sollte man Klischees mögen, so wird man bestimmt mit den Figuren sympathisieren können, wer sich allerdings mehr von Figuren erwartet, als sie nur durch ihre Ängste und Handicaps definiert zu sehen, der wird vor allem mit den Erwachsenen seine Probleme haben. Einzig die Freundschaft zwischen ihnen wirkt real und greifbar, weswegen dieser Kult-Film eher ein Drama mit Horrorelementen ist statt umgekehrt. Vielleicht wirkt Pennywise deswegen eher wie ein satirisch-böser Gegenspieler, der nie wirklich zuschlägt, sondern sich einen Spaß daraus macht, mit seinen Opfern zu spielen. Unterhaltung bietet er dem Zuschauer also reichlich, aber wirkliche Angst keimt nicht auf - was einem Horrorfilm niemals guttut.






Ich gebe dem Film:


♥♥ Herzchen


Extra:



Alleine von der Darstellung her unterscheidet sich der neue Pennywise erheblich von Tim Currys Clown. Einerseits schön, weil man ihn so definitiv ernster nehmen könnte als Tim Curry und seine Bespaßungen, allerdings stellt sich auch die Frage, welches Kind freiwillig auf so einen Clown zugehen würde.


Hier der Trailer zum neuen ES, wo man ihn sehen kann :)


CU
Sana

2 Kommentare:

  1. Man muss auch dazu sagen dass der Film für einen Fernsehfilm(!) schon ganz gut ist. Der war nicht fürs Kino gedacht und hatte nicht das entsprechende Budget.
    Er weicht stark von der Romanvorlage ab. Aber was die Charaktereinführung angeht... Die ist im Buch mindestens genau so lang.

    Ich höre es gerade als Hörbuch, was sagenhafte 52 Stunden lang ist �� Ich bin jetzt bei 6 1/2 Stunden und gerade verlässt Beverly ihren prügelnden Ehemann um nach Derry zu fahren.

    Wusstest Du eigentlich, dass es bis 2011 keine deutsche Komplettübersetzung gab? Bis dahin gab es nur eine gekürzte.

    Ich glaube viele alte Horrorfilme haben dass Problem dass sie heute eher lustig sind als gruselig. Je älter, desto alberner. Und das nicht nur wegen der Effekte.
    Wenn man sich mal aus jedem Jahrzehnt ein, zwei Filme anschaut, merkt man das sehr deutlich. Horror hat sich entwickelt. Genau wie die Special Effects. Wenn es ne Zeitmaschine gäbe und man würde in die 30er reisen und jemanden mitnehmen um ihn hier vor den Fernseher zu setzen damit er einen aktuellen Horrorfilm guckt, der würde wahrscheinlich vor Angst und Entsetzen sterben.

    Ich hab den Film bis vor zwei Jahren nie gesehen. Mein Mann, ein absoluter Filmfreak, hat dann gesagt, dass man den gesehen haben MUSS. Aber er wär ja soooo gruselig.
    Entsprechend schisserhaft saß ich vor der Glotze. Nur um dann festzustellen: "Wo war der denn jetzt sooooo gruselig?"
    "Ja, irgendwie nicht. Das hatte ich auch anders in Erinnerung"
    Das sagt schon alles aus ��
    Meine Mutter fand den damals auch total gruselig. Und ich denke dass werden auch alle der 60er- und 70er Generation sagen.

    Aber wenn man sich den heute noch mal anschaut, gemessen an heutigen Horrorstreifen.. Dann ist der alles andere als gruselig.

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    1. Hallo :3 Erstmal vielen lieben Dank für deinen langen Kommentar, ich habe mich sehr drüber gefreut :)*
      Klar, dass es ein Fernsehfilm ist und die Effekte halt nicht mit unseren heutigen zu vergleichen ist, ist mir klar. Ich hab ja auch geschrieben, dass der Film da wirklich nichts für kann :)
      Wow, weswegen war das denn zensiert? O.o Also klar, ich weiß da vor allem über eine Szene zwischen den Kids Bescheid, die wahnsinnig kontrovers ist und die mich vermutlich auch anekeln würde, wenn ich sie lesen würde, aber alles andere ...
      Ich finde es natürlich beachtlich, dass King sich solche Zeit nimmt, seine Story zu erzählen. Aber da frage ich mich, warum man aus ''ES'' nicht eher eine Serie gemacht hat, eine Staffel. Ich mein, genug Inhalt ist ja offensichtlich dort.
      Bei dem Thema Horror stimme ich dir zu. Auch heute als Klassiker klassifizierte Bücher wie ,,Frankenstein'' oder ,,Das Bildnis des Dorian Gray'' sind halt alles andere als wirklich gruselig; da geht es eher um das Thema, das einem Angst einjagen könnte, und um die düstere Stimmung. Klar sind wir da heutzutage mit unseren Jump Scares usw. total verwöhnt. Deswegen glaube ich auch, ich könnte den neuen ''ES'' mehr mögen, einfach weil der mehr mit diesen Sachen arbeitet, obwohl ich ja den Clown an sich im Film von 1990 besser finde. Ich mein, der lockt Kinder an. Welches Kind würde sich von einem Clown anlocken lassen, der so aussieht wie der neue? ^.^
      Leider verliert im Wettkampf mit heutigen Horrorstreifen, da hast du recht, aber da finde ich, dass das rein von der Inszenierung gruseliger ist. Denn heutzutage sind viele Horrorfilme einfach ausgelutscht und schlecht.

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