Montag, 3. Juli 2017

:)Rezension:): Frankenstein

Grundwissen:



Titel♥: Frankenstein (original: Frankenstein or, the Modern Prometheus)
Autor/-in♥: Mary Wollstonecraft Shelley
Erschienen♥: 2009 im Anaconda-Verlag (Hardcover/Taschenbuch); 2010 im Ueberreuter-Verlag (Hardcover/Taschenbuch); 2016 im Reimage-Publishing-Verlag (Hardcover/Taschenbuch); original 1818
Seitenanzahl♥: 216-320 Seiten
Preis♥: unterschiedliche Ausgaben erhältlich [Quelle: amazon.de]
Genre♥: Klassiker; Horror; Gothic; Melodrama




Inhalt:



''When I run over the frightful catalogue of my sins, I cannot believe that I am the same creature whose thoughts were once filled with sublime and transcendent visions of the beauty and the majesty of goodness. But it is even so; the fallen angel becomes a malignant devil. Yet even that enemy of God and man had friends and associates in his desolation; I am alone.'' - Frankensteins Monster (p. 213)




Auf einer Expedition durch die Arktis trifft der Kapitän Wilston auf den halb erfrorenen Victor Frankenstein. Er entwickelt eine Faszination für diesen Mann, der ewig ruhelos auf die See blickt und nach etwas zu suchen scheint. Bald erfährt Wilston auch warum, denn ähnlich wie der Kapitän wollte Victor etwas Glorreiches für die Nachwelt hinterlassen. Und so erweckte er tote Materie zum Leben - nur um zu erkennen, dass man als Mensch lieber nicht Gott spielen sollte ...






Meine Meinung ...





zum Cover:




Originalcover Nr. 1: ♥♥♥.♥
Originalcover Nr. 2: ♥♥♥.♥
Originalcover Nr. 3: ♥♥♥.♥
Deutsches Cover: ♥♥♥.♥






























Das sind natürlich bei Weitem nicht alle Ausgaben, die es von diesem Klassiker gibt, allerdings können sie stellvertretend für diejenigen stehen, die existieren. Einige zeigen Frankensteins Schöpfung, häufig auch in seiner hässlichen Form, andere zeigen Victor Frankenstein selbst, oft auch vor einem eisigen Hintergrund - wie es eben das erste und zweite Cover hier zeigen. Beide Male wird eine eher düstere Atmosphäre verströmt, die auch gut zum Buch passt, genauso wie es gleichermaßen um beide Figuren geht.
Die dritte englische Ausgabe ist angesichts der Frage der Schöpfung und Wissenschaft ganz gut anzusehen, während das deutsche Cover durch den Blitz und weil der eine essentielle Rolle bei der Schöpfung Frankensteins spielt, dasjenige ist, was am meisten ,,Horror'' schreit.
Alles in allem ist aber keine der Aufmachungen unbedingt gut. Zwar passend und recht schlicht, aber auch etwas langweilig.





zum Buch:




In den Köpfen vieler sind Klassiker nicht umsonst Klassiker. Immerhin muss es doch einen Grund geben, warum es trotz vergangener Jahrhunderte oder vielleicht sogar Jahrtausende immer noch gelesen wird. Warum es heutigen Werken als Vorbild dient und viele andere Geschichten genauso inspiriert wie es Menschen damals wie heute fesselt. Und das obwohl heutige Literatur anders funktioniert, vor allem wenn man sich das Genre ,,Horror'' ansieht. Ist dieser Klassiker des Horrors denn zurecht einer oder enttäuscht er einen eher, wenn man mit der Erwartung rangeht, etwas zu lesen, das die Welt der Bücher damals verändert hat?
Im Falle von Frankenstein ist es beides. Denn dieser Grundstein der Horrorliteratur liest sich wie ein typisches Buch, das man für den Deutschkurs in der Schule liest: es strotzt vor Symbolkraft und psychologisch interessanten Charakteren, besitzt auch keine schlechte Grundidee - doch an der Umsetzung hapert es.
Diese ist nämlich äußerst zäh trotz der wenigen Anzahl an Seiten. Dazu dürfte vor allem Mary Shelleys Erzählweise beitragen, da sie die Geschichte des Kapitäns, Frankensteins und seines Monsters entweder in Briefform erzählt oder in einer so langen und ausführlichen wörtlichen Rede, dass man sie keinem lebenden Menschen zutrauen würde. Dabei werden Monologe und Dialoge Wort für Wort von dem jeweiligen Erzähler wiedergegeben und jeder noch so kleine Eindruck geschildert. Aus diesem Grund erlebt man das Ganze aus einer recht verschachtelten und distanzierten Perspektive, was nicht unbedingt dazu beiträgt, dass man sich in der Geschichte gefangen fühlt. Dennoch gelingt es der Autorin, eine dichte und düstere Atmosphäre zu erschaffen, die vor allem durch die Landschaftsbeschreibungen sehr genaue und auch schöne Bilder zeichnen. Man kann sich dadurch gemeinsam mit Victor in die Alpen träumen oder die Kälte der Arktis spüren, wenn man sich mit dem Kapitän zu Anfang des Romans auf dem Schiff befindet. 
Doch so zauberhaft und typisch romantisch sie all das beschreibt, nach einer Weile nutzt sich dies ab. Shelley besitzt zwar einen melodischen und sensiblen Stil, der sich in ihren Protagonisten widerspiegelt, jedoch merkt man wie sie versucht, jeden Satz so gekonnt wie möglich zu formulieren. Die Sätze sind sehr lang und häufig mit solchem Vokabular vollgestopft, dass man im Original selbst als erfahrener Englischleser Schwierigkeiten bekommen kann. Ähnlich wie auch bei Edgar Allen Poe, der nur ein paar Jahre nach ihr geboren wurde, klingt das Beschriebene somit sehr eindrucksvoll, verliert in all seinen Ausschweifungen aber nach und nach das eigentlich Erzählte aus den Augen. Deswegen würde man trotz vieler zitierwürdiger Stellen gerne einige Absätze überlesen, um mal wieder zu einer Passage zu gelangen, in der die Handlung nicht so stagniert.
Das ganze Buch ist nämlich sehr ruhig aufgebaut und eben diese Art von Horror, wie man sie früher definiert hat. Es gibt keinen zum Zerreißen gespannten Spannungsbogen, gruselige Momente oder blutige Massaker; vielmehr ist die Grundlage der Geschichte selbst der Horror an Frankenstein. Der Gedanke daran, etwas Entartetes zu schaffen, sich selbst zu der Schöpfung von etwas zu machen und zu entdecken, wie (un)menschlich es ist, das ist das, was den Horror in diesem Buch ausmacht. Die Zeitlosigkeit dieses Themas macht diese Idee auch so spannend, da die Menschheit heutzutage doch nichts anderes macht, als sich sein eigenes Monster zu erschaffen, auch wenn es viel technisierter und moderner ist. Dennoch - was würde geschehen, würden wir die Kontrolle darüber verlieren, würde die Intelligenz unserer Schöpfungen irgendwann unsere übertreffen oder infragestellen, ob es ein Recht für seine Existenz hat? Diesen und mehr Fragen will Shelley in ihrem Debüt auf den Grund gehen und zeichnet deswegen sehr interessante Charaktere mit Frankenstein und seinem Monster.
Man muss sich also darauf einlassen, dass sich das Gruselige eher auf die Psyche der Figuren und die philosophischen Fragen hinter Mary Shelleys Idee bezieht. Wird man mit anderen Erwartungen herangehen, so wird man wohl leider nicht drumrumkommen, die Handlung etwas zäh zu finden und die Dialoge zwischen Schöpfer und Monster zu lang. Stellt man sich aber darauf ein, so findet man ein sehr dynamisches und interessantes Verhältnis vor, das das Buch trägt. 
Man lernt Victor als einen zunächst sehr neugierigen, lebensfrohen, aber auch ehrgeizigen Menschen kennen, der sich in seine Arbeit stürzt und deswegen irgendwann bezahlen muss. Es ist doch spannend zu verfolgen, wie er nach und nach der Paranoia verfällt und seine Schuldgefühle ihn zu einem Schatten seiner selbst machen. Es ist nicht unbedingt so, dass man mit ihm sympathisiert, allerdings macht ihn seine nach und nach gebrochene Persönlichkeit zu einem plastischen Protagonisten, der stellvertretend für all jene stehen soll, die zu viel wissen wollen. 
Auf der anderen Seite steht das Monster, das leider nicht mal einen Namen bekommt. Es ist wirklich schade, dass nur wenige Stellen in Frankenstein aus seiner Sicht erzählt werden, denn das Monster verändert sich ebenso wie sein Schöpfer. Während es am Anfang noch unschuldig ist und die Menschenwelt kennenlernt, muss es schnell lernen, was es heißt, alleine und anders zu sein, und zwar auf die harte Tour. Natürlich rechtfertigt es nicht die Taten, zu denen sich das Monster wegen der Ablehnung, selbst von seinem eigenen Schöpfer, hinreißen lässt, aber Mitleid empfindet man trotzdem. Man beschäftigt sich während des Lesens mit der Frage, was für einen selbst die Menschlichkeit ausmacht und ob das Monster trotz seiner Schöpfungsgeschichte nicht doch das menschlichste Wesen aus dieser Geschichte ist.
Gemeinsam beeinflussen sich die beiden gegenseitig und stehen in einem ständigen Spannungsverhältnis. Victor fühlt sich verpflichtet, seine Familie und den Rest der Menschheit vor seinem Monster zu beschützen, während er gleichzeitig darüber nachdenkt, ob er überhaupt Verantwortung dafür übernehmen soll. Daher prangert Shelley hier auch Kritik an unserer Gesellschaft an, die zu ihren Zwecken verantwortungslos handelt und dazu noch alles, was anders ist, nicht akzeptieren kann. Der moderne Prometheus regt einen also sehr zum Nach- und Mitdenken an, wenn nicht bei der alles andere als komplexen Handlung, dann bei den Zusammenhängen zwischen den Figuren, die der Autorin auch sehr gekonnt gelungen sind.
Was ihr hingegen nicht so gut gelungen ist, ist eine Handlung zu entwerfen, die diesen Gedankengängen würdig wäre. Es ist sehr vorhersehbar und kann einen, da auch der Schreibstil nach einer Weile seinen Zauber einbüßt, nicht lange am Ball halten. Nach einer Weile wird es wirklich schwer, sich auf die Seiten vor einem zu konzentrieren, und man muss die Sätze mehrmals hintereinander lesen, um sie wirklich zu verstehen. Hinzu kommt, dass Victor sich trotz seiner Genialität in Sachen Naturwissenschaften an einigen Stellen wirklich naiv verhält. Mit nur ein wenig Kombinationsgabe hätte er so nämlich viele der Unglücke, die ihn zeichnen, verhindern können. Von daher kann einen nur wenig tatsächlich überraschen oder gar gruseln; vielmehr erscheint es trotz der geringen Anzahl an Seiten langgezogen und auch ein wenig langweilig. Zwar schreibt die Autorin ganz in ihrem Zeitgeist, allerdings hätte sie dort trotzdem etwas mehr Mühe hineininvestieren können.




Ein Horrorklassiker, der durch seine Idee und die vielen Fragen verbunden mit Gesellschaftskritik dahinter besticht. Als Leser, der sich gerne Gedanken über das gelesene Werk macht, Figuren gerne analysiert und generell figurengetriebene Geschichten mag, wird sich hier also ein regelrechtes Meisterwerk finden. Für diejenigen aber, für die komplexe Thematiken auch mit einer wenigstens halbwegs anspruchsvollen Handlung verknüpft sein müssen, die werden hier eher weniger fündig werden. Man kann hier von nur wenigen Überraschungen sprechen und auch die Handlung selbst ist sehr linear. Stattdessen hält sich die Autorin eher mit ihren sehr ausgiebigen, detailverliebten Beschreibungen auf, die eine Weile zwar sehr schön, danach aber anstrengend zu verfolgen und etwas gewollt formuliert sind. Trotzdem bietet Frankenstein einem vor allem auf psychologischer Ebene viel und bietet einem viel Stoff zum Nachdenken. Eine Empfehlung an jene, die es ruhig, nachdenklich und stimmungsvoll mögen.




Ich gebe dem Buch:


♥.♥ Herzchen


Extra:


Weitere - und sehr unbekannte - Werke von Mary Shelley findet ihr hier :3


CU
Sana

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