Montag, 24. Juli 2017

:)Rezension:): Amokspiel

Grundwissen:



Titel♥: Amokspiel
Autor/-in♥: Sebastian Fitzek
Erschienen♥: 2016 im Eder&Bach-Verlag (BILD-Ausgabe); original 2007 im Droemer-Knaur-Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl♥: 432 Seiten
Preis♥: ab 16, 84 € (Hardcover); 9, 99 € (Taschenbuch); 9, 99 ,€ (Kindle Edition); 6, 99 € (Taschenbuch; BILD-Ausgabe) [Quelle: amazon.de]
Genre♥: (Psycho)Thriller; Krimi; Adult




Inhalt:



,,Wir geben immer den anderen die Schuld. Oder wir machen die Umstände für unser Lebenstrauma verantwortlich. Tatsächlich aber gibt es nur einen einzigen Menschen, der uns fertigmachen kann. Nur eine Person hat die Macht, uns völlig zu zerstören, wenn wir es zulassen. Und das sind wir selbst.'' - Ira Samin (S. 369)



105.5 ist einer der beliebtesten Radiosender Berlins. Tolle Musik, ein unterhaltsamer Moderator und nicht zuletzt der berühmte Cash Call, der dem Angerufenen eine große Summe an Geld einbringen kann, wenn man sich mit der richtigen Parole meldet. Doch heute ist alles anders, denn das Studio dieses Senders wird von einem Verrückten namens Jan Mayer übernommen. Die Menschen, die eine Rundführung bei einem Gewinnspiel gewonnen haben, nimmt er als Geiseln, und wann immer er einen Cash Call durchführt, bleiben nur zwei Möglichkeiten: man meldet sich richtig und eine Geisel kommt frei - oder man meldet sich falsch und eine Geisel stirbt. Und ausgerechnet Ira Samin, die sich an diesem Tag nur aus dem Haus begeben hat, um sich eine Flasche Cola Light Lemon zu holen, soll als Stimme des SEK mit Jan verhandeln. Dabei wollte sie heute eigentlich ihr Leben beenden - doch nach einer Weile wird Ira involvierter in den Fall, als sie zunächst angenommen hat.






Meine Meinung ...




zum Cover:




Deutsches Cover Nr. 2: ♥♥♥.♥
Deutsches Cover Nr. 1: ♥♥♥






















Die Cover zu Fitzeks Romanen sind immer recht bescheiden. Die erste Aufmachung ist zwar vor allem wegen der klar erkennbaren Siegessäule Berlins ein kleiner Hit, allerdings ist auf dem zweiten Cover ein wenig eher zu erkennen, was der konkrete Schauplatz dieses Romans eigentlich ist. Abgesehen davon sieht es relativ typisch für Thriller aus und ist nicht unbedingt etwas, was einem ins Auge sticht - von dem berühmten Namen des Autors mal abgesehen. Der Titel Amokspiel passt angesichts der Geiselnahme natürlich auch ganz gut, auch wenn er das Buch sehr nach Klischee klingen lässt. Obwohl dies nicht der Fall ist.




zum Buch:




Ein Jahr nach dem Debüt, das Fitzek praktisch über Nacht zum Star machte, erschien bereits sein zweiter Thriller. Da müsste man meinen, dass er viele Parallelen zu seinem Erstlingswerk Die Therapie besitzt, immerhin braucht es ja eine Weile, bis man den Dreh als Autor raus hat. Fitzek allerdings zeigt schon mit Amokspiel unglaublich viel Abwechslungsreichtum und hat hiermit den wohl - zumindest aus der engen Auswahl an seinen Büchern, die bei meiner Wenigkeit im Regal stehen - spannendsten und actionreichsten Thriller von sich geschaffen.
Bereits von Seite 1 an ist man total versunken in der Geschichte und wartet gespannt auf all die Antworten, deren Fragen man sich schon im Prolog entgegengestellt sieht. Denn schon dort geschieht ein Schlüsselereignis, das man fast die ersten hundert Seiten lang überhaupt nicht mit der Handlung um den ,,Radiokiller'' in Verbindung bringen kann. In nahezu jedem Kapitel erzählt Fitzek genug, um den Leser neugierig darauf zu machen, was eine bestimmte Andeutung bedeutet oder inwiefern sich die Geschichte eines Charakters vervollständigen wird. Dabei wirken diese Cliffhanger niemals billig; bei einigen bemerkt man sogar erst im Nachhinein, dass sie solche sind, da es so kleine Details sind, dass man erst durch spätere Einzelheiten wieder daran erinnert wird. Diesmal sind auch, anders als in seinem Debüt, nicht so viele rhetorische Fragen dabei, die das Ganze etwas überdramatisieren. Tatsächlich ist sein Schreibstil hier eine große Verbesserung und bietet durch kurze, präzise Beschreibungen eine tolle Grundlage für den Leser, sich alles genauestens vorzustellen und nicht eine einzige Passage als zu lang zu empfinden. Vor allem als Berliner müsste man sich wirklich zuhause im Buch fühlen, da Fitzek sich nie zu schade ist, Deutschlands Hauptstadt als Setting seiner Geschichten voll auszukosten. Da kriegt man fast Lust, nach Berlin zu reisen und alle Schauplätze abzuklappern, so realitätsnah und interessant sind seine Beschreibungen seiner Heimatstadt. Auch ansonsten rast man förmlich wegen seiner einfachen, aber nicht anspruchslosen Worte durch die Geschichte und sammelt immer mehr Puzzleteile zusammen.
Zumindest denkt man dies, denn wie immer manipuliert Fitzek den Leser geschickt und vermag ihn ständig neu zu überraschen. Egal ob es sich um den Handlungsverlauf handelt, die Hintergründe dazu oder aber um die Figuren, er schafft es immer, das nötige Potential aus allem herauszuholen. Dazu braucht man wirklich eine Menge Nachdenklichkeit als Autor, um dabei den Überblick nicht zu verlieren. Wie immer macht das Ratespiel Spaß, auch wenn diesmal natürlich der gravierende Unterschied darin besteht, dass man den Antagonisten bereits kennt. So stellen sich eher die Fragen zu seinen Ursachen, zu seiner Vergangenheit und zu seinen Motiven, was angesichts dessen, dass man Ira als Kriminalpsychologin begleitet, sehr schön herausgearbeitet wird. Allerdings kann man sich auch auf ein Ratespiel im größeren Rahmen einstellen, denn obwohl man Jan Mayer kennt, wird man doch mit einer Verschwörung hinter seinen Taten vor den Kopf gestoßen. Immer wieder spinnt man seine Theorien und gibt sich Mühe sich nicht noch mehr verwirren zu lassen. Deswegen ist die Spannung unheimlich hoch und der Leser - auch durch die kurzen Kapitel - an die Seiten gefesselt.
Schön ist auch, dass es sich hier, anders als in Splitter, Die Therapie und Das Paket nicht um einen Psychothriller handelt, der sich damit beschäftigt, was real ist und was nicht, sondern dass sich hier fast alles ausschließlich in der realen Welt abspielt. Es steht nicht die Psyche einer Figur im Vordergrund, sondern eine verdammt ausgeklügelte und teilweise auch actionreiche Handlung. Trotzdem bekommt man durch die eher labile Protagonistin und auch die manipulativen Methoden Jans das, was diesem Thriller das ,,Psycho'' verleiht. Durch diese Abwechslung von Ira und Jan, die sich gegenseitig Informationen zu entlocken versuchen, und dem Sondereinsatzkommando, das darüber knobelt, wie man die Geiseln am besten evakuieren könnte, unterbrochen von ein paar Kapiteln, die erst nach einigen Seiten erkennen lassen, in welchem Zusammenhang sie zur Haupthandlung stehen, bekommt man sehr viel Abwechslung geboten. Vor allem beeindruckt einen Fitzek damit, wie gut er zum Thema Geiselverhandlungen recherchiert haben muss, da man hier doch Einiges dazulernt und das Ganze echt realistisch wirkt.
Das kommt auch durch die Charaktere dazu, denn diejenigen, die im Fokus stehen, sind recht interessant. Vor allem die selbstmordgefährdete Ira hat eine packende Geschichte zu bieten, die einen mit ihr mitfühlen und -fiebern lässt. Nicht nur, dass Jan ihr in ihrem Plan, ihr Leben zu beenden, in die Quere kommt, auch führt ihr dieser Fall vor Augen, was und ob sie noch irgendwas zu verlieren hat. Es ist ein persönlicher Schritt der Weiterentwicklung für sie, auch wenn ihre Probleme natürlich an dem einzigen Tag, an dem das Buch spielt, nicht vollständig aufgewiegelt werden können. Dennoch sieht man sich mit einer recht willensstarken Frau konfrontiert, die ihre Tiefe hat und eine recht kratzbürstige Ader. Ein Sympathiebolzen ist sie dadurch nicht unbedingt, aber interessanter als manch anderer Kommissar oder Psychologe in der Kriminalliteratur. Ähnlich verhält es sich mit Jan, der so viel mehr als der Irre ist, der Geiseln festhält. Ohne zu spoilern - man weiß manchmal nicht, ob man ihn nur für den Täter oder das Opfer in der ganzen Sache halten soll, vor allem da sein beschriebenes Charisma wirklich gut rüberkommt. Daher ist er sehr ambivalent und bietet mit Ira gemeinsam ein höchst dynamisches Gespann.
Auch alle anderen Charaktere vernachlässigt Fitzek nicht. Im Gegenteil, viele von ihnen haben ein wenig Tiefe und sind in jedem Fall immer mehr als Statisten. Für sie bekommt er definitiv keinen Preis zugesprochen, aber sie wirken immer real und eben wie Menschen, die man nur flüchtig kennenlernt. Hinter einigen von ihnen steckt mehr, als man anfangs vermuten mag - ansonsten tun sie der Geschichte jedenfalls keinen Abbruch.
Einziger Kritikpunkt an diesem sonst tollen Buch ist Fitzeks Vorliebe, gerne mal einen Twist zu viel in seine Story zu weben. Den Fehler begeht er beim Paket und hier ebenso - denn ohne diese Wendung wäre die Geschichte hundertprozentig schlüssig und rund erschienen. Doch das, was sich am jähen Ende des Buches herausstellt, hat zwar einen enormen Überraschungseffekt, aber eine so dürftige Erklärung, dass sie verglichen mit den anderen in Amokspiel einfach nicht ganz glaubwürdig ist. Ein Twist um eines Twists Willen, wenn man so will.




Alles in allem bietet Sebastian Fitzek einem mit diesem Werk einen verdammt spannungsreichen, manchmal actiongeladenen und intelligenten Thriller. Die Mischung aus Rätselraten und Psychoduell, verbunden mit den recht vielschichtigen Charakteren, bieten einem sehr viel Abwechslung und stetig einen Grund weiterzulesen. Es ist sicherlich keine nie dagewesene Idee, allerdings eine komplex aufgebaute, die den Leser sehr zum Mitdenken animiert und einfach nur spannend ist. Hätte er gegen Ende nicht wieder etwas übers Ziel hinausgeschossen, wäre es ein rundum gelungenes Buch geworden. Irgendwie ist jedes Buch von Fitzek wie ein echt toller One-Night-Stand: das Buch bleibt einem vielleicht nicht lange im Gedächtnis, jedoch bietet es einem während des Lesens unheimlich viel Vergnügen. Eine klare Empfehlung!




Ich gebe dem Buch:



♥ Herzchen



Extra:



Im Oktober - passenderweise im Rummel der Frankfurter Buchmesse - kommt Fitzeks neuester Thriller raus: Flugangst 7A. Darin geht es um eine der größten Ängste des Autors selbst, nämlich die Flugangst ^.^ Wer sich dafür interessiert, der klicke hier :3

CU
Sana

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