Donnerstag, 22. Juni 2017

:)Rezension:): Wär mein Leben ein Film, würd ich eine andere Rolle verlangen

Grundwissen:



Titel: Wär mein Leben ein Film, würd ich eine andere Rolle verlangen
Autor/-in: Cornelia Franke
Erschienen: 2016 im cbt-Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl: 318 Seiten ohne Danksagung
Preis: 9, 99 € (Taschenbuch); 8, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: Young Adult; Contemporary; Dramedy



Inhalt:



Es ist ein lang antrainierter Reflex. Ich blende die Realität aus und flüchte in meine Fantasiewelt, weil ich mit einer Situation nicht zurechtkomme oder weiß, dass ich nichts ändern kann. Genau das, was mein Vater mir vorgeworfen hat. - Jess (S. 222)



Seit Jess denken kann, ist sie absolut vernarrt in Filme. Gemeinsam mit ihren Freunden geht sie jede Woche ins Kino, wird vom Personal mittlerweile behandelt wie eine adoptierte Tochter und wird der Magie des Popcorns und der großen Leinwand nie überdrüssig. Dass ihr Vater von ihrer Leidenschaft gar nicht begeistert ist, nimmt sie so hin - mit ihm läuft es seit dem Tod ihrer Mutter sowieso nicht gut. Ändern tut sich das, als ihr Medienlehrer der Klasse aufträgt, Blogs um ein bestimmtes Medium zu erschaffen. Natürlich wählt Jess die Kategorie ,,Film'' und stürzt sich begeistert ins Projekt. Doch als wären fiese Kommentare und wenige Follower nicht genug, wird die Situation mit ihrem Vater immer angespannter. Und mit ihrem besten Freund Marvin bahnt sich auch etwas an, was die gute Jess nicht so ganz versteht ...





Meine Meinung ...







zum Cover:




Cover: ♥♥♥♥




Das Cover ist wirklich sehr süß anzusehen und passt auch recht gut zum Buch. Das Popcorn spricht natürlich für sich selbst, aber noch toller ist der Titel, der perfekt zu dem passt, was das Buch ausmacht: Jess' leidenschaftliches Hobby der Filmschauerei! Es passt insgesamt auch zur Stimmung, denn obwohl es nicht die ganze Zeit so flockig und quietschebunt ist, wie man annehmen könnte, verleiht einem das Buch durchgehend gute Laune. Daher eine wirklich hübsche Aufmachung!





zum Buch:




Wenn man dieses Buch mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre es süß. Und das liegt nicht mal an der kleinen Liebesgeschichte am Rande oder an der tollen Gruppe, die Jess und ihre Freunde bilden. Nein, vielmehr ist dieses Buch ein reines Fest für jede Person, die eine Leidenschaft für irgendein fiktives Medium hat, sei es Film oder Buch.
Es ist diese Liebe, sich in fiktive Geschichten fallen zu lassen, Neuerscheinungen hingegenzufiebern und gefühlte Stunden darüber nachzudenken und zu reden, die es für alle Bücher- und/oder Filmliebhaber zu einer so schönen Erfahrung macht, Jess' Geschichte zu verfolgen. Selbst wenn man keine Kinojahreskarte oder ein E.T.-Kuscheltier wie Jess hat, man kann sich wunderbar in sie hineinversetzen und fühlt sich so, als würde man über sich selbst lesen. Dieses einzigartige Gefühl, komplett in einem oder mehreren Fandoms aufzugehen, mit Menschen befreundet zu sein, die diese Leidenschaft teilen und mit denen man teilweise durchgängig durch Insider kommuniziert, mit Figuren mitzufühlen und sich an ihnen zu orientieren - all das bringt einen dazu, während des Lesens ständig grinsen zu müssen. Selbst wenn man kein so großer Filmfan ist wie sie, ihre Begeisterung schwappt förmlich auf einen über, selbst wenn sie über die Anfänge des Films oder über Stop-Motion spricht. Bloggt man dazu noch über dieses geliebte Medium, dann ist Jess definitiv jemand, mit dem man sich sehr gut identifizieren kann, vor allem wenn es zu diesen Situationen kommt, in denen Ottonormalzuschauer etwas total in den Himmel loben und man selbst als spießig und zu kritisch gilt, weil man es nicht nachvollziehen kann. Man spürt, dass die Autorin selbst sich sehr für diese Themen interessiert und das, was sie beschreibt, auch kennt. Daher ist diese authentische Darstellung von einer Leidenschaft für die Fiktion die größte Stärke des Buches, die einen immerzu weiterlesen und die Seiten förmlich dahinfliegen lässt.
Genauso verhält es sich mit den popkulturellen Referenzen, die sich bei einem so großen Fan des Films natürlich nicht vermeiden lassen. Das Schöne daran ist, dass Cornelia Franke es trotzdem geschafft hat, einen nicht mit Hintergrundwissen zu überfluten oder einem das Gefühl zu geben, gar nichts zu verstehen, wenn man selbst nicht mindestens genauso gerne Filme sieht wie Jessica. Stattdessen streut sie ein, zwei geschichtliche Fakten mit rein, bezieht sich auf die wohl bekanntesten Fangemeinden und beschreibt oder parodiert Situationen, die man selbst als normaler Kinobesucher kennen wird. Besonders ihr Seitenhieb auf den Trend, Monster zu romantisieren und zu heißen Schnittchen mit Waschbrettbauch verkommen zu lassen, ist einfach nur zum Schreien. Das und viele andere Dinge macht die Autorin einfach auf so charmante Weise, dass man sich pudelwohl in diesem Buch fühlt. Man könnte stundenlang darüber lesen, wie Jess in ihrer neuen Schulaufgabe aufgeht oder wie ihre beste Freundin ständig darauf besteht, bei ihrem Elbennamen genannt zu werden. Natürlich werden sie auch als Freaks der Schule abgestempelt, geraten deswegen allerdings nie in Gefahr zu jammern oder sich irgendwie merkwürdig zu fühlen. Ganz im Gegenteil, sie stehen zu ihrem Hobby und lassen sich auch nicht von irgendwelchen Kommentaren unterkriegen. Sie sind einfach ein tolles Trio, das zwar nicht aus den plastischsten Charakteren besteht, aber trotzdem sehr nett zu verfolgen ist und das einem ein Grinsen nach dem anderen entlockt. Dieses Bündnis zwischen ihnen, das durch ihr gemeinsames großes Hobby kommt, scheint sie zusammenzuschweißen wie Klebstoff, und wer selbst schon mal die Erfahrung gemacht hat, einen Nerd kennenzulernen, der genauso vernarrt ist wie man selbst, weiß man, wie viel Spaß so eine Freundschaft machen kann. Genau das bringt die Autorin auch sehr gut rüber.
Genauso schön, wenn auch nur ein wenig ausgearbeitet, sind ihre Warnungen im Bereich des Internet und Bloggings. Sie gewährt einen kleinen Einblick darin, wie man so einen Beitrag erschafft, einen Blog designed und ein wenig Reichweite erlangt. Doch abgesehen davon zeigt sie auch, wie angreifbar man sich darin macht, wenn man Persönliches preisgibt, oder auch nur andere Meinungen vertritt als die Mehrheit. Auch Cybermobbing und die Sensationsgeilheit der Menge wird thematisiert, sodass das Buch einen minimalen pädagogischen Anspruch hat. Ein paar Details mehr dazu hätten zwar nicht geschadet, allerdings hat Franke dafür einen schönen Konflikt mit Jess' Vater eingeführt, der einen Großteil des Buches füllt.
Die Beziehung zwischen den beiden ist die plastischste dieser Geschichte und führt auch einen Handlungsstrang ein, der Jess als Hauptcharakter mehr Tiefe verleiht. Der Tod der Mutter hat beide sehr geprägt und dafür gesorgt, dass sie sich voneinander entfernen. Während Jess' Vater sich in seine Arbeit flüchtet, flüchtet Jess sich in ihre Filmwelt, und die beiden geraten deswegen häufig aneinander. Dabei versteht man jedoch beide Seiten sehr gut, vor allem ab einem gewissen Punkt, in dem Jess etwas über ihre Mutter in Erfahrung bringt und dem Vater mehr zuwider handelt als zuvor schon. Die Diskussionen sind ziemlich gut geschrieben, ebenso wie ihre Versuche, sich einander wieder anzunähern. Es ist nie übertrieben oder künstlich dramatisch, sondern einfach natürlich und geht einem ziemlich nahe durch seine vielen Hochs und Tiefs.
Bis dahin ist Wäre mein Leben ein Film, würd ich eine andere Rolle verlangen ein recht gutes Buch voller Charme für alle Fangirls und Fanboys, gespickt mit einer sehr schönen Freundschaft zwischen totalen Nerds und einem netten Vater-Tochter-Konflikt, der sich irgendwann noch vor den Blog-Wettbewerb drängt. Doch einige Schwächen hat Cornelia Frankes Debüt schon, und die haben dem Buch leider etwas von seiner Süße genommen. Natürlich ist es lockerflockig und mit viel Witz erzählt, aber ein paar tiefgründige Themen schneidet sie schon an, alleine durch den Tod von Jess' Mutter. Und auch an Originalität fehlt es ihr nicht, immerhin ist so ein Blogwettbewerb, der von einer totalen Filmfanatikerin gewonnen werden will, nicht unbedingt das, was man etabliert nennt.
Wo die Autorin sich leider aber doch Klischees bedient hat, ist die Antagonistin des Buches, Mean-Girl Antonia. Es kann sein, dass es Geschmackssache ist, allerdings ist man diese Möchtegern-Bitches, die - aus Sicht der Protagonistin - total gut aussehen, zu knappe Kleidung tragen und scheinbar grundlos gemein zu ihr sind, einfach nur Leid. So was sieht man überall, und immer wird dort das Feindbild einer attraktiven, arroganten Schnepfe geschaffen, die nichts Besseres zu tun hat, als Menschen mit individuellen Hobbies zu nerven. Nicht nur ist dieses Feindbild so alt wie die Welt und dadurch sehr langweilig, auch ist das Slut-Shaming darin ein Dorn im Auge. Sicherlich gibt es diese Mädchen, die sich hinter einem Kilo Make-up und Strumpfhosen verstecken und in der sozialen Ordnung als ,,niedrig'' eingestufte Menschen mobben, aber müssen sie in Büchern so überrepräsentiert sein? Wäre es nicht mal interessant, jemandem, der vollkommen durchschnittlich aussieht, zu so jemandem zu machen? Demjenigen Gründe zu geben und ihn nicht einfach erscheinen lassen wie die Queen Bee Bitch 4.0, die scheinbar keinen Lebensinhalt hat außer das Nerven anderer? Nein, so etwas verleiht Büchern inzwischen einen bitteren Nachgeschmack, denn dieses Bild ist vollkommen veraltet und tut so automatisch knapper bekleidete Menschen als arrogant und gemein ab. Daher hätte die Autorin, wenn sie schon versucht, ihrer Protagonistin Tiefgang zu verleihen, es auch bei Antonia versuchen können statt sich auf so etwas auszuruhen.
Dazu noch gleitet das Buch gegen Ende in eine etwas oberflächlichere Richtung. Die Probleme lösen sich recht schnell auf, der Wettbewerb endet trotz einer großen Schwierigkeit so, wie man es erwarten würde, und alle sind glücklich. Fast so, als hätte die Autorin vor Beenden ihres Romans einen kleinen Disneyfilm-Marathon hingelegt und sich davon inspirieren lassen. Nicht, dass es nicht zum Buch passen würde - die Story ist fluffig und unterhaltsam, macht Spaß und liest sich weg wie nichts. In der Tat ist das Buch von der Atmosphäre her einem Disneyfilm gar nicht mal so unähnlich. Aber dass die Autorin das alles wirklich so leicht auflöst, hat einem am Ende doch etwas den Wind aus den Segeln genommen. 



Cornelia Franke ist ein recht gutes Debüt gelungen, das Liebhaber der Fiktion alleine dadurch schon dadurch an sich fesseln kann, dass man so viel von sich selbst in diesem Buch wiederfindet. Die Begeisterung für die Charaktere auf der Leinwand, das Kopfkino, bei dem man sich vorstellt, wie seine Lieblingsfigur handeln würde, die Emotionen bei seinen persönlichen Lieblingen und dass man seine Leidenschaft bis aufs Blut verteidigt - das alles ist so realistisch und zugleich süß rübergebracht wurden, dass man bei dem Buch ständig grinsen muss. Noch mehr Gründe dazu bieten Jess und ihre Freunde, die wunderbar funktionieren, und viel Witz in die Geschichte bringen. Auch die tiefsinnigen Themen, die die Autorin anschneidet, sind gut beschrieben. Alles aus dem Buch rausgeholt hat sie allerdings nicht, da sie sich manchmal schon an Klischees festkrallt und einige Dinge, obwohl sie vorher so schön ausgearbeitet werden, viel zu leicht löst. Ein Contemporary-Buch mit Spezial-Faktor der Filmliebe, das ohne dieses Merkmal allerdings kaum mehr als Durchschnitt wäre.




Ich gebe dem Buch:


♥♥.♥ Herzchen



Extra:


Anhand dieses Buches merkt man, dass die Autorin selbst ein großer Fantasyfan sein muss. Und in der Tat hat sie auch selbst ein paar Fantasyromane veröffentlicht, nämlich Tougard: Seelenseher und James Quest. Letzteres hat sie sogar mit ihrem Mann gemeinsam geschrieben :3
zur Beschreibung



















CU
Sana

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