Samstag, 17. Juni 2017

:)Rezension:): Passage #2

Grundwissen:



Titel: Die Zwölf (original: The Twelve)
Autor/-in: Justin Cronin
Erschienen: 2013 im Goldmann-Verlag (Hardcover); 2014 im Goldmann-Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl: 822 Seiten ohne Dramatis Personae und Danksagung
Preis: ab 9, 94 € (Hardcover); 9, 99 € (Taschenbuch); 8, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: (Post)Apokalypse; Dystopie; Science Fiction; Fantasy




Inhalt:


Er hatte so etwas schon erlebt, zuerst im Irak und in Afghanistan, dann in Saudi-Arabien nach dem Putsch. Man schlug den Kopf ab, aber der Körper starb nicht; er ließ sich einfach einen neuen Kopf wachsen. Die einzig sinnvolle Strategie war der psychologische Ansatz. Den Körper zu töten reichte nicht; man musste den Geist töten. - Horace Guilder (S. 485)


97 nach Virusbefall, fünf Jahre nach dem Sieg über Babcock, einem der zwölf Virals, sind die Zustände in Amerika noch immer chaotisch. Amy hat inzwischen, gemeinsam mit Peters Neffen Caleb, bei einer Behausung der Schwestern Obdach gefunden, spürt aber, dass sie diesen Ort bald wird verlassen müssen. Auch Peter merkt, dass er den Kampf gegen die Virals selbst in die Hand nehmen muss, da das Militär langsam nicht mehr weiterweiß. Schließlich taucht auch noch eine geheimnisvolle Frau auf, die die Kontrolle über Virals zu haben scheint und Überlebende mit deren Hilfe entführt. Wer ist sie? Woher kommt sie? Und welche Verbindungen hat sie zu dem Feldmassaker 79 n. V. und dem Jahr Null, in dem der Virus ausbrach?





Meine Meinung ...





zum Cover:




Originalcover: ♥♥♥♥
Deutsches Cover: ♥♥♥♥


Englisches Cover: ♥♥♥




So groß wie diese Trilogie von Justin Cronin aufgezogen wird, haben die Bücher natürlich auch ziemlich epische Cover. Der Titel passt natürlich wie die Faust aufs Auge, da die Zwölf der Grund für den Untergang der Welt stellen und sie auch diejenigen sind, die besiegt werden müssen. Sowohl die deutsche als auch die originale Aufmachung beziehen sich auf die Sonnenfinsternis und das Feld auf das Feldmassaker im Jahre 79 nach Virusbefall; das ist zwar nur ein kurzer Abschnitt, allerdings ein recht relevanter für die restliche Handlung. Dazu noch sind sehr schön anzusehen, weil die Farben so voll sind und sich von anderen Motiven abheben. Das UK-Cover ist recht simpel und nichtssagend, da man nicht wirklich eine Ahnung hat, wer das auf dem Umschlag sein soll.
Insgesamt also recht hübsche Wälzer im Regal!




zum Buch:




Genauso viele Jahre, wie zwischen dem ersten und zweiten Band vergangen ist, habe ich benötigt, um diese Reihe fortzusetzen. Das kommt nicht von irgendwoher, denn die drei Teile dieser Trilogie sind wirklich gewaltig, ausführlich und brauchen viel Zeit, um in Gang zu kommen. Trotzdem zeigen sich viele Leser begeistert und ziehen viele Vergleiche zu bekannten Namen wie Stephen King, der mitunter auch einer derjenigen ist, die die Buchreihe sehr anpreisen.
Die Parallelen zu dem weltbekanntem Horror-Autor werden nicht umsonst gezogen, denn beide haben die Angewohnheit, sehr ausführlich und detailverliebt zu erzählen. Für jede Figur wird sich Zeit genommen und dem Leser eine ganze Biographie an die Hand gereicht, Gedanken einem breitgefächert dargelegt und auch das Setting dargestellt. Auf der einen Seite ist das lobenswert, da es zeigt, wie viele Gedanken sich Justin Cronin zu seiner Geschichte gemacht hat und wie gerne er den Leser in sein Werk saugen möchte. Und trotz seiner Ausführlichkeit gelingt es dem Schriftsteller, in seinem Stil ab und an zu variieren, was mit all den religiösen Bezügen in seiner Reihe zu tun hat. Schon im ersten Band Der Übergang ist dies deutlich geworden durch die neue Zeitrechnung, die die Amerikaner nach dem Virusbefall angenommen haben: statt ,,vor/nach Christus'' wird nun in ,,vor/nach Virusbefall'' gezählt. Zusätzlich mit der symbolischen Zahl der Zwölf und Amy als Messias-Figur dieser Welt schafft der Autor es manchmal, regelrecht biblisch zu schreiben. Dadurch haftet dem Buch eine gewisse Schwere und Düsternis an, die einen auch packen kann. Das erleichtert es einem, sich hochkonzentriert an diese Welt heranzutrauen und gespannt zu verfolgen, was fünf Jahre nach den Ereignissen von Der Übergang geschehen ist. Für all diejenigen, die ähnlich lange gebraucht haben, um sich an dieses Sequel heranzutrauen oder einfach nicht mehr viel vom ersten Teil wissen: Cronin hat in aller Kürze ganz am Anfang von Die Zwölf eine knappe Zusammenfassung der wichtigsten Dinge gegeben. Daher muss man sich da nur bedingt sorgen.
Bedingt deswegen, weil es eine Menge an Inhalten gibt, die man sich merken muss. Das Buch liest sich keinesfalls flott weg, weil der Autor verschiedene Perspektiven wählt. Nicht nur bezieht sich das auf Figuren, denen man über die Schulter blickt, sondern auch auf verschiedene Zeitabschnitte, beispielsweise im Jahr des Virusbefalls oder 79 Jahre danach. Dementsprechend kommen viele Charaktere auf einen zu, die es auch nicht nur bei einem einmaligen Auftritt belassen, und die viel zu knappe Einträge im Glossar haben. Sie tauchen wie gesagt häufiger auf, weswegen man gut aufpassen muss, um zu verstehen, wenn der Autor einen von ihnen plötzlich nach 200 Seiten wieder auftauchen lässt. Das wird häufig nämlich erst angedeutet, nur um einige Seiten später auf einen herabzustürzen wie ein Wasserfall. Daher heißt es, die Augen offenzuhalten und die komplexen Fäden zwischen den Zeitabschnitten zu erfassen. Wenn man dies tut, dann wird man positiv überrascht, weil man nie gedacht hätte, dass ein einzelnes Ereignis zu etwas so Großem in der kommenden Handlung führen könnte oder dass aus einer eher unscheinbaren Figur etwas so Gefährliches werden könnte. Das muss man Cronin lassen: er verliert keinesfalls den Überblick in seiner Geschichte, und sorgt auch dafür, dass der Leser ihn im Großen und Ganzen beibehält. Durch die vielen Wechsel in der Erzählperspektive wird zwar viel Aufmerksamkeit von einem gefordert, allerdings passiert in diesen Erzählabschnitten immer etwas, was einen nach mehr gierend zurücklässt. Vor allem der Zeitabschnitt, in dem das Virus ausbricht und was der Leser im ersten Band schon lange verfolgt, ist einfach wunderbar erzählt. Endzeitfeeling aufbauen, das kann der Autor definitiv!
Doch so realistisch er auch diese Welt vermittelt und auch Gefahrensituationen spannend beschreiben kann, sogar besser als im ersten Band - er nimmt sich sehr viel Zeit, auch nur anzudeuten, wohin diese Geschichte gehen soll. Langweilig wird es bis zu diesem Punkt nicht, denn er bietet einem eine interessante Palette an Menschen, sowohl neue als auch alte, deren Geschichten sich miteinander verknüpfen. Es gibt auch einen steten Wechsel zwischen ruhigen, emotionalen und actiongeladenen, gefährlichen Szenen, die den Leser bei der Stange halten. Trotzdem wird es nach einer Weile wirklich anstrengend, da man sich fragt, was man sich denn nun alles merken muss und wie das alles miteinander zusammenhängt, oder ob überhaupt. Es gibt Szenen, die der Autor hätte kürzen oder streichen können, Abschnitte, in denen der Autor die Figuren und deren Beziehungen zueinander ein wenig besser hätte zeichnen können, und das mit weniger Worten. Fast wirkt es so, als wolle Cronin Zeit schinden, bis er selbst eine Idee hat, wie dieser zweite Band zu einem Ende kommen soll.
Nun könnte man meinen, dass er das doch ausgleicht durch seine plastischen Beschreibungen. Immerhin gibt es durchaus Kapitel und Themen, die sehr vielschichtig sind und die er zumindest halbwegs bearbeitet. Verlust, Mutterschaft, Gesellschaftssysteme und - im Gegensatz zum ersten Buch - auch Menschlichkeit, bei dem die Virals unter die Lupe genommen werden und gezeigt wird, dass sie nicht durch und durch Monster sind. Alles Dinge, über die wohl jeder Leser mit dem nötigen Anspruch für eine solche Geschichte liest. Doch dieses Feingefühl hat er genau an der wichtigsten Stelle - der Gesamthandlung - nicht.
Das große Problem an dieser Buchreihe ist und bleibt nämlich das Schicksal. Natürlich ist seine ganze Idee einer untergegangen Welt wegen Monstern nicht neu - wenn auch mit viel Wortgewalt erzählt -, und genau alt ist die Trope der Auserwählten, die eben Amy darstellt. Schön und gut, Prophezeiungen haben auch schon bei anderen Geschichten sehr gut funktioniert und tun es auch heute noch. Sicherlich ist es auch Geschmackssache, aber wenn eine Figur Dinge tun kann oder weiß, ohne dass es einen ersichtlichen Grund dafür gibt, dann ist das lahmes Storytelling.
Und genau dieses lahme Storytelling benutzt der Autor bei seiner Retterin Amy ausschließlich. Wann auch immer man ein Kapitel von ihr liest, immer wird darin in irgendwelche spirituellen Welten abgetaucht, die niemand zu verstehen scheint außer diesem jahrhundertealten Mädchen in einem jungen Körper. Ebenfalls weiß sie Bescheid über Sachen, ohne dass dafür je ein Grund gegeben wird, trifft Entscheidungen, die man selbst im Nachhinein nicht wirklich versteht. Sie wirkt insgesamt wie eine Art weiblicher Guru, der total losgelöst ist von der irdischen Welt und so auch vom Leser ist. Es gibt nicht mal eine Handvoll Szenen, wo sie einem wirklich menschlich oder greifbar vorkommt, und genau deswegen ist sie auch wirklich langweilig. Man kann nicht einen Gedanken oder eine Handlung von ihr wirklich nachvollziehen, weil ihr komplett die Tiefe fehlt. Sie hat die Rolle der Retterin und diese spielt sie, mehr wird aus ihr enttäuschenderweise nicht gemacht.
Generell sind diese pseudospirituellen Szenen das, was einem das Buch wirklich madig machen kann. Man hat eine wirklich harte Realität, man hat eine Zivilisation am Abgrund, man hat grauenhafte Ungeheuer und viele Tote - da hat Spiritualität und das Schicksal einfach keinen Platz. Es wirkt immer komplett überzogen und als würde Cronin versuchen, sein Buch auf eine höhere Ebene zu heben, die es schlichtweg nicht besitzt. Durch diese aufgeblasenen Reden wird man immer häufiger aus der Geschichte gerissen und braucht seine Zeit, bis die Verwirrung vergeht. Vielleicht ist es für andere Leser etwas Schönes, wenn etwas wie eine Fügung zusammenkommt, doch für wiederum andere - für mich - hat es nichts Spannendes, wenn eine Person sich entgegen ihres Charakters verhält oder ganz plötzlich eine wichtige, aus dem Nichts kommende Eingebung hat. Eher wirkt das so, als wüsste der Autor nicht, wie er sonst an einen gewissen Punkt kommen will und so die faulste Lösung auswählt.
Deswegen hat das Finale auch einen faden Beigeschmack. Zwar stehen eine Menge Kämpfe an, die Plotlines werden gut zusammengeführt und generell wird der Spannungsbogen genau da am größten. Doch während man darüber liest, driftet der Autor wieder in diesen pseudoreligiösen Stil ab, der den Endkampf erscheinen lässt wie ein kosmisches Ereignis. Das reißt einen leider sehr raus und lässt einen das Geschehene weniger ernst nehmen, obwohl dort heftig die Post abgeht. So wirkt alles wie in Zeitlupe abgespielt und dramatischer inszeniert, als es eigentlich ist.



Alles in allem ein zweiter Teil, der den ersten sogar einen Hauch übertrifft. Es ist ein erschreckendes und aufregendes Endzeitszenario, das komplex aufgebaut ist und die Konzentration des Lesers richtig in Anspruch nimmt. Trotzdem verfolgt man die Geschichte sehr gerne und wird von Cronin immer wieder überrascht und geflashed. Auch wenn es viel zu merken ist, man schaut den Figuren gerne über die Schulter und nimmt sie alles in allem als real wahr, genauso wie man den Wechsel von (meistens) ruhigen zu spannenden Szenen genießt. Große Probleme kann allerdings der ab und an aufgeblasene Erzählstil darstellen, zumindest wenn man generell Probleme damit hat, wenn Entwicklungen einfach so da sind und Entscheidungen dargestellt werden, als stünde der ganze Kosmos und noch mehr dahinter. Das steht dann im krassen Gegensatz zu der harten Realität des restlichen Wälzers. Wenn einen das aber nicht stört und man auch auf Auserwählten-Geschichten steht, bei denen genannte Person irgendwie über allem zu stehen scheint, und der sehr viel Geduld für eine Story übrig hat, den wird Cronin mit Die Zwölf sicher begeistern können.



Ich gebe dem Buch:


♥♥♥.♥ Herzchen



Extra:



Der dritte Teil Die Spiegelstadt (im Original: The City of Mirrors) ist letztes Jahr im Oktober als Hardcover-Ausgabe erschienen. Wann es als Taschenbuch erscheinen wird, ist noch unklar.



zum Klappentext :3


CU
Sana

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