Mittwoch, 20. Juli 2016

:)Rezension:): Die Welle

Grundwissen:


Titel: Die Welle - Bericht über einen Unterrichtsversuch, der zu weit ging (original: The Wave)
Autor/-in: Todd Strasser/Morton Rhue/T. S. Rhue
Erschienen: 1997 im Ravensburger-Buch-Verlag
Seitenanzahl: 180 Seiten ohne Nachwort des Verlags
Preis: 5, 99 € (Kindle Edition); 6, 99 € (Taschenbuch); ab 10, 08 € (Hardcover)
Genre: Bericht; Historical Fiction; Contemporary




Inhalt:


,,Faschismus, das ist nicht etwas, das nur andere Menschen betrifft. Faschismus ist hier mitten unter uns und in jedem von uns.'' - Ben Ross, S. 176


April, 1967: Ein Experiment wird von dem jungen Geschichtslehrer Ben Ross ins Leben gerufen. Er will seinen von sich selbst überzeugten Schülern beweisen, dass die Entstehung einer Bewegung wie der der Nationalsozialisten noch immer möglich ist, und unterrichtet sie deswegen für einen Tag in Strenge und Disziplin. Doch sein Erfolg schlägt übers Ziel hinaus, denn was als Versuch begann, artet in eine Bewegung namens ,,Die Welle'' aus, die schneller um sich greift, als Ross sich je hätte träumen lassen ...






Meine Meinung ...





zum Cover:



Amerikanisches Cover: ♥♥♥
Deutsches Cover: ♥♥♥♥






















In diesem Fall gefällt mir die deutsche Ausgabe doch um einiges mehr als das Original. Zum einen sticht die Farbe nicht so in den Augen und zum anderen wirkt das sowieso schon mit Bildern aus der NS-Zeit bestückte Büchlein mit dem Schwarzweiß-Bild irgendwo seriöser wirkt als das Originalcover, auch wenn dieses wahrscheinlich aufschlussreicher über den Inhalt ist, da man die Bänder um den Arm deutlicher sieht und auch die Statur der Figuren eher auf Soldaten schließen lässt. Beim deutschen Cover finde ich es aber noch schön, dass die drei Schlagworte mit auf das Cover einbezogen wurden. Titel sind in beiden Fällen natürlich absolut zutreffend.





zum Buch:




Ein Buch über eines der wohl interessantesten sozialen Experimente, das je gemacht und auch vielfach verfilmt wurde, unter anderem auch in Deutschland. Sicherlich wird dieser häufig in Schulen geguckt, um Kindern und Jugendlichen zu verdeutlichen, dass Faschismus ein sehr wichtiges Thema ist, der Potential hat, bei jedem zu verwurzeln und für die schrecklichsten Ereignisse der Weltgeschichte verantwortlich ist. Das muss man nicht unbedingt auf die Nationalsozialisten beziehen, wie es der junge Lehrer in Die Welle getan hat, nein, auch die damaligen Religionskriege, den heutigen IS oder Pegida kann man unter diesem Stichwort zusammenfassen. Daher kann man mit diesem Experiment eine Menge anstellen, auch wenn es nicht mehr als eine Woche umfasste. Trotzdem kann ein Autor fiktiver Werke doch ein reales Ereignis auffassen und daraus eine Geschichte spinnen, die den Tiefgang und die psychologischen Fragen, die dadurch aufgeworfen werden, dem Leser näherbringen, wenn nicht sogar die Bandbreite davon abdecken.
Ist Morton Rhue aka Todd Strasser dem gerecht geworden? Eher nicht.
Wenn ein solches soziales Experiment schon so kurz dauert, dann hat man es als Autor relativ leicht, seine Seiten damit zu füllen, da man praktisch alles beschreiben kann und nur wenig nacherzählt werden muss. Ein kurzer Prozess, der zwar schnelle Entwicklungen beinhaltet, jedoch nichts ist, was man kurz und knapp fassen müsste, insbesondere bei einem solchen Thema. Daher ist es sehr enttäuschend, dass dieses Buch kaum ins Detail zu gehen scheint. Selbst wenn der Autor nicht dazu fähig gewesen wäre, mit den Schülern Interviews über ihre Erfahrungen zu führen und nicht alle Details aus dem Lehrer herauszukitzeln vermocht hätte, mehr als nur an das Drehbuch des Films hätte der Mann definitiv in dieses Buch einbinden sollen, denn viel mehr Emotion und Charakter als in einem Drehbuch lässt sich hierin auch nicht unbedingt finden. Die Wortwahl ist nichts Besonderes, Rhue beschreibt sehr knapp und berichtend, haucht den Figuren kaum Leben ein und kann der Grundthematik damit nicht gerecht werden. Es erscheint alles sehr plötzlich, man kann nicht ganz nachvollziehen, warum die Schüler sich so sehr für die neuen Unterrichtsmethoden begeistern und den Lehrer sogar darum bitten, sie fortzuführen, weswegen alles sehr willkürlich und bis zu einem gewissen Grad auch sinnlos erscheint. Denn natürlich sind die Hintergründe der Charaktere bei einem solchen Thema sehr wichtig, da es durchaus Faktoren gibt, die gewisse Personen anfälliger für Faschismus machen als andere.
Bis auf Laurie, auf die der Autor neben dem Lehrer den Fokus legt, wirken die Charaktere sehr flach, nichtssagend und überzeugen kaum in ihrem Auftreten. Es wird zwar angerissen, dass zum Beispiel ein Schüler der Klasse Ross' den Faktor Gemeinschaft in sein Footballteam integrieren will, damit dieses endlich so etwas wie Teamfähigkeit lernt und zur Abwechslung ein Spiel gewinnt, jedoch wird auf die Familie, auf das Innenleben, auf Unsicherheiten gar nicht bis kaum eingegangen. Dies kriegt man nur bei Laurie Saunders mit, die jedoch auch die einzige aus der Gruppe ist, die gegen den Strom schwimmt und beginnt, das Experiment zu hinterfragen. Dass sie dies tut, ist auf jeden Fall zu befürworten, weil sie repräsentierend für diejenigen ist, die beispielsweise im Dritten Reich rebellieren wollten, es allerdings nicht geschafft haben, weil sie eine Masse überrollte. Auch ihre Darstellung als das perfekte Mädchen mit dem perfekten Freund und den perfekten Noten hat zumindest im Ansatz erklärt, warum sie sich nicht hat von der Welle mitreißen lassen, allerdings hätte man wesentlich mehr aus ihr machen können; immerhin hat die deutsche Verfilmung des Ereignisses es auch geschafft, den Charakteren mehr Leben einzuhauchen. Vor allem bei dem Außenseiter Robert hätte man wesentlich mehr ins Detail gehen können, weil er doch derjenige ist, der sich am meisten durch die Welle verändert und der auch laut dem Anleiter des Experiments tatsächlich existiert. Daher funktioniert die Geschichte aufgrund der Flachheit der Charaktere nicht so ganz, weil zu wenig von ihren Emotionen beschrieben wird und sie auch weder eine Geschichte noch einen Hintergrund haben. Dementsprechend flach erscheinen also auch die Dialoge untereinander.
Zusätzlich dazu gibt es in diesem Buch unglaublich viele Bilder der NS-Zeit, die natürlich zum Buch passen, jedoch auch den Eindruck erwecken, als seien diese speziell aus dem Grund darin, damit die fehlenden Seiten für eine so große Geschichte kaschiert werden können. Auch durch die Darstellungen des Logos dieser Gruppierung wird sehr viel Platz auf den Seiten weggenommen, weswegen sich das Buch unglaublich schnell lesen lässt, was an sich nichts Schlechtes ist. Auch Illustrationen müssen nicht unbedingt schlecht sein, in vielen Fällen sind sie sogar unterstützend, allerdings hätte es doch nicht geschadet, wenn man diese durch ausführlichere Beschreibungen und mehr Tiefgang hätte ersetzen können. Es mag allerdings auch an Rhues Schreibstil generell liegen, dass man nicht so viel bekommt, wie man sich erwartet, zumindest ist dieser in anderen Büchern von ihm wie Wish U were dead auch nicht besser und trifft meinen persönlichen Geschmack nicht.
Dennoch holt der Autor in den letzten Seiten doch mit der Geschichte auf, worin man merkt, welchen Teil dessen Todd Strasser am liebsten geschrieben hat. Man erlebt - wenn auch aus ferner Distanz - mit, wie Ross sich in der Rolle des Diktators gefällt, wie sich die Bewegung verselbstständigt und wie sogar einige Schüler verletzt oder bedroht werden, weil sie sich nicht der Bewegung anschließen wollen. Obwohl diese Problematiken nur angerissen werden und nichts passiert, was über die Stränge schlägt oder Straftaten nach sich zieht, zeigen sie doch, wie eine faschistische Bewegung auswachsen könnte und welche Konsequenzen für Außenstehende dies mit sich trägt. Sei es, dass man gewisse Bezugspersonen verliert, so eingeschüchtert von der Bewegung ist, dass man sich nicht traut, den Mund gegen sie aufzumachen, oder sich mit anderen Personen zusammenschließt, um ein Zeichen zu setzen, es zeigt auf realistische Weise, wie sich Faschismus ausbreitet und welchen politischen und gesellschaftlichen Einfluss das nehmen kann. Die Verherrlichung, das fehlende Hinterfragen, die Wut auf alle, die diese Bewegung infrage stellen, die Vorwürfe, dass man doch bloß sauer sei, weil es nicht mehr nach der eigenen Nase laufe, und vieles mehr hat der Autor in diesem Buch in aller Kürze dargestellt und damit einen groben Überblick über dieses Thema gegeben und vor allem in den letzten Seiten eine klare Message ausgedrückt: Faschismus umgibt uns und existiert in uns, und keiner ist davor sicher - also macht die Augen auf und hinterfragt den Stand der Dinge. Insbesondere aufgrund der heutigen politischen Lagen vor allem in Deutschland, jedoch auch in der restlichen Welt, beweist diese Lektion eine gewisse Zeitlosigkeit und macht das Buch doch wertvoll, auch wenn die Handlung es nicht schafft, dies perfekt zu unterstreichen. 



Dieses wichtige Ereignis zu verschriftlichen und sich im fiktiven Bereich dem Thema Faschismus anzunehmen, ist eine sehr gute und wichtige Grundidee. Anhand von kleinen Beispielen zeigt er gut auf, wie ein kleines Experiment sehr schnell ausarten kann und wie schnell der Mensch auf eine Leitfigur und eine Ideologie anspringt, nur weil dieser dann das Denken einem anderen überlassen kann. Doch für dieses tiefgründige Thema sind die Figuren und auch die Beschreibungen viel zu lasch und nichtssagend, als dass man emotional davon ergriffen wäre. Dies braucht man allerdings bei einer solchen Geschichte mehr als bei allem anderen. Nach der Initiation des Experimentes und der Figuren steigert sich zwar die Qualität ein wenig, allerdings reicht dies doch nicht aus, um die Geschichte so an den Leser heranzutragen, wie sie es verdient hätte - schockierend und lebendig.





Ich gebe dem Buch:


♥ Herzchen


Extra:


Wie bereits erwähnt, gibt es einen deutschen Film, den ich im Zusammenhang mit dem Ereignis und Faschismus sehr empfehlen kann: Hier ist der Link dazu :3


CU
Sana

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen