Samstag, 1. April 2017

:)Rezension:): Mumienherz #3

Grundwissen:


Titel: Mumienherz - Die Rache des Anubis
Autor/-in: Thilo P. Lassak
Erschienen: Oktober 2008 im Ravensburger-Verlag
Seitenanzahl: 351 Seiten (ohne Quellenangaben)
Preis: ab 4, 83 € (Hardcover) [Quelle: amazon.de]
Genre: Middle Grade; Fantasy; Mythologie




Inhalt:


Alles, was er tat, entstand nur aus dem Zwang heraus, sich freizustrampeln. Aber er schwamm nicht im Wasser, er stecckte bis zum Hals im Treibsand, und jede Bewegung ließ ihn tiefer in den Sumpf einsinken. - S. 73


Anders als zunächst angenommen befindet sich die Mumie des Setepenseths nicht in Kairo, sondern in Mexiko. Denn damals wurde sein Herz zu den Azteken gebracht, um einen neuen Träger dafür zu finden. Also reisen der junge Sid und seine Freundin Rascal in die ältesten Gegenden Mexikos, um den Körper zu zerstören. Doch die Zeit drängt, den das Herz redet Sid immer Zweifel an der geheimnisvollen Rascal ein, und Birger Jacobsen versucht noch immer, den Auserwählten für seine eigenen Zwecke zu fangen ...





Meine Meinung ...




zum Cover:




Originalcover: ♥♥♥



Die Aufmachung sieht natürlich bis auf den Untergrund und die Farbgebung genauso aus wie die der beiden vorherigen Teile, allerdings muss dies das Cover keinesfalls schlecht machen. Die Farben sind sehr nett anzusehen, der Falke hat noch immer eine symbolische Bedeutung und die dargestellten Figuren deuten natürlich auf den Schauplatz des Ganzen an. Etwas einfallslos, aber immer noch passabel.
Was weniger passt, ist hingegen der Titel. Denn es wird zwar angedeutet, dass Setepenseth mit Anubis zu tun hatte, allerdings hat dieser nichts, absolut nichts mit der Handlung zu tun und könnte daher falsche Erwartungen im Leser wecken.




zum Buch:




Wie traurig es ist, wenn aus einer wahnsinnig guten und vielversprechenden Idee so wenig gemacht wird wie in der Buchreihe Mumienherz. Denn auch in diesem finalen Band der Trilogie schafft es der Autor nicht, seine genialen Einfälle und cleveren Verflechtungen innerhalb der Geschichte überzeugend und schlüssig zu Papier zu bringen.
Schon in den anderen beiden Büchern erscheint der Schreibstil, wenn gerade aus Sids Sicht berichtet wird, ziemlich holprig und ist mit vielen Ausrufezeichen und etwas hilflos platzierten sarkastischen Sprüchen besetzt. Doch nicht nur bei Sid scheint das diesmal der Fall zu sein, auch bei Birger Jacobsen wirkt die Perspektive nicht mehr so überzeugend wie vorher. Denn wenn ein Charakter als intelligent, clever oder gerissen dargestellt wird, dann sollte man dies auch - wie Lassak es am Anfang gemacht hat - in den Stil und die Figur integrieren, denn behaupten kann man alles. Wenn die Figur nicht nach den zugeschriebenen Eigenschaften denkt oder handelt, dann ist sie nicht mehr glaubwürdig, und das passiert leider sowohl Birger als auch Sid. Die einzige Perspektive, die nach wie vor atmosphärisch und auf schlichte Weise angenehm anders geschrieben ist, ist die des Setepenseths, sodass man die auch wirklich gerne liest.
Sid als Hauptcharakter hingegen ist in diesem Band noch ambivalenter als in Schatten des Horus, und zwar nicht auf gute Weise. Während er in Band 2 hin- und her gerissen ist zwischen einer oberflächlichen Toughheit und hysterischen Wutanfällen, reißt ihn hier seine Skepsis gegenüber Rascal entzwei. Denn natürlich macht sie ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit und ihrem echten Namen, allerdings schwankt der junge Mann derart zwischen seiner angeblichen Liebe zu und großen Zweifeln an ihr, dass es nicht mehr realistisch ist. Insbesondere, wenn man mit dieser Person um die halbe Welt reist, um die Mumie eines geheimen Kults zu zerstören, sind solche Gedankenschleifen überflüssig, vor allem wenn sie Sids Verhalten denn nie ändern. Daher muss man das Verhalten dieses Jungen häufig mit einem Augenrollen quittieren, auch wenn er ansonsten keine uninteressante Rolle hat. Zwar ist sein Charakter noch immer recht zweidimensional, allerdings steht er durch das Zellgedächtnis des Mumienherzens unter ständiger Beeinflussung Setepenseths. Das verändert ihn ein wenig, bringt ihn dazu, sich Gedanken zu machen, und irgendwann auch dazu, seine und die Wünsche Setepenseths nicht mehr auseinanderhalten zu können. Bis auf dieses Phänomen jedoch kann Sid einem nicht mehr sonderlich viel bieten und ist an vielen Stellen eher anstrengend und nervig, und das kann vor allem nach derart vielen Ereignissen, die ihn hätten reifen lassen sollen, nicht mehr durch sein Dasein als Jugendlicher erklärt werden. Dies gilt nebenbei bemerkt auch für seine fehlende Gabe, mal zwei Schritte weiterzudenken, die einen ungläubig den Kopf schütteln lässt und den Glauben an seine angebliche Intelligenz verlieren lassen.
Auch Birger als vorrangiger Antagonist hat sein Potential in Die Rache des Anubis nicht mehr ausschöpfen können. Er ist eben ein machthungriges Wesen, das eine schwere Vergangenheit hat, und mehr nicht. Einige Rückblicke aus seiner Sicht sind zwar recht spannend, allerdings hat er in der Gegenwart kaum eine interessante Szene. Das, was als so intelligenter Schachzug plakatiert wird, ist häufig etwas, das jeder Mensch, der etwas mit Technik im Alltag zu tun hat, tun würde - traurigerweise, denn in den ersten Bänden sind seine Schachzüge wirklich erwähnenswert. Deswegen kann man bei ihm nur noch von einem stereotypischen Bösewicht sprechen, der keine eigenen Züge mehr hat und der auch leider zu wenig Aufmerksamkeit vom Autor bekommt. Seine Geschichte endet nämlich relativ abrupt und setzt sich gegen Ende kaum noch mit seinen Motiven auseinander, weswegen man mit einem dicken Fragezeichen zurückgelassen wird, warum er bestimmte Dinge tut.
Glücklicherweise bezieht Lassak die Sekte an sich wieder mehr in die eigentliche Handlung, was in Anbetracht dessen, dass sie im zweiten Band praktisch nicht vorkommt, sehr erfrischend und spannend ist. Vor allem die Beschäftigung mit der Frage, wer sich nun hinter Tanaffus verbirgt, rückt mehr in den Vordergrund und wird auch ganz passabel beantwortet. Es ist sicherlich eine Person, mit der man hätte rechnen können, allerdings kommt man doch erst einige Seiten vor der Enthüllung darauf, wer der geheimnisvolle Priester ist. Das und auch weitere Rätsel, die Lassak seine Hauptfiguren lösen lässt, sind weiterhin ganz gut gemacht; was jedoch unschlagbar ist, sind die Verknüpfungen seiner fiktiven Handlung mit der Historie und Folklore verschiedener Völker. An diesen Stellen merkt man, was sich für ein Potential hinter Mumienherz verbirgt, da diese Verstrickungen auf derart vielen kleinen Details und real existierenden Schriften basiert, dass man nicht anders kann, als den Hut vor dem Autor zu ziehen. Aus diesem Grund sind auch die eingefügten Textpassagen oder Quellenangaben sehr interessant und regen zum Weiterlesen an.
Denn spannend ist der abschließende Teil der Reihe nicht wirklich. Zwar muss man Lassak zugute halten, dass er in diesem Band wesentlich mehr Zeit in Anspruch nimmt und auch ein wenig von seinem Schema, Ort X  zur Recherche aufzusuchen, abweicht, allerdings ist das, was stattdessen kommt, auch nicht unbedingt gut. Es werden teilweise Zeitsprünge von großem Ausmaß gemacht, wahrscheinlich weil der Autor dachte, dass diese Teile uninteressant seien und er so direkt weiter zur nächsten Wendung kommen könnte, allerdings lassen genau diese Sprünge das Buch zu abgehackt wirken. Dabei wären diese herausgestrichenen Szenen genau die gewesen, die den Charakteren mehr Tiefe hätten verleihen können, weil man viel Zeit gehabt hätte, ihre Innenwelt zu beschreiben. Doch leider wird darauf verzichtet und die Situation und Veränderung der Figuren nur in knappen Sätzen beschrieben, sodass man sie einfach kaum abkauft. Da wäre es doch besser für die Glaubwürdigkeit und den Fluss der Geschichte gewesen, wenn Lassak noch circa 50-100 Seiten dieser Beschreibungen hinzugefügt hätte, statt alles Schlag auf Schlag hinter sich bringen zu wollen.
Vieles wirkt eben aufgrund dieser merkwürdigen Lücken nämlich etwas zusammenhangslos beziehungsweise zu verstrickt, als dass man es in seinen kurzen Sätzen erklären könnte. Dies gilt nicht nur für die Beziehungen der Charaktere oder deren Innenleben, sondern auch für die zuvor gelobten Verknüpfungen und Zusammenhänge. Hundertprozentig schlüssig ist es nämlich nicht mehr unbedingt und vor allem am Ende fehlen einfach Antworten auf ziemlich entscheidende Fragen. Das kann auch nicht dadurch wettgemacht werden, dass das Ende ziemlich spannend gestaltet ist und einen sehr in die Geschichte hineinsaugen kann.




Alles in allem ein eher schlechter als rechter Abschluss für Mumienherz. Wenn all dies ein fähigerer Autor geschrieben hätte mit einem weniger holprigem und/oder jugendlichem Schreibstil und weniger abgehackter Handlung, so wäre diese Trilogie wegen ihrer Grundidee und all der Gedankenarbeit dahinter wirklich gut geworden. So muss man sich allerdings mit den Zweifeln eines Knirpses rumschlagen, der sich mehr Gedanken um seine Freundin als darum macht, den bedrohlichen Kult zu besiegen, und sich in beiden Fällen etwas dämlich anstellt. Zwar nimmt das Buch an Spannung zu und kann einen wegen all der Verknüpfungen sehr in den Bann ziehen, bleibt allerdings doch nur sehr bedingt empfehlenswert.





Ich gebe dem Buch:


♥.♥ Herzchen



Extra:


Aus Mangels an weiteren Büchern, die ich von dem Autor gefunden habe, ein kleiner Fun Fact über ihn: Er war an Schloss Einstein beteiligt! Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mir vielleicht früher überlegt, ob ich diese Trilogie lese ^.^


CU
Sana

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