Donnerstag, 20. Oktober 2016

:)Rezension:): Tony

Grundwissen:


Titel♥: Tony ~ Diagnose: Autismus. Doch Mary Callahan gibt den Kampf um ihren zweijährigen Sohn nicht auf - heute ist Tony ein fröhlicher, gesunder Junge. (original: Fighting for Tony)
Autor/-in♥: Mary Callahan
Erschienen♥: 1989 im Bastei-Lübbe-Verlag; original 1987
Seitenanzahl♥: 209 Seiten ohne Anhang
Preis♥: von 0, 01 € bis 5, 50 € [Quelle: amazon.de]
Genre♥: Non-Fiction; Biographie; Memoir 




Inhalt:


Alles ist einen Versuch wert, wenn es um den eigenen Körper, das eigene Kind geht. - S. 81



Mary Callahans größter Wunsch ist es schon immer gewesen, eine Familie zu gründen und eine echte Supermutter zu werden. Mit ihrer eintretenden Schwangerschaft scheint ihr Glück perfekt zu sein - bis ihr Kind Tony auf die Welt kommt und durch sein sonderbares Verhalten auffällt. Nach einigen Tests diagnostizieren ihn die Ärzte als autistisch. Wie die junge Mutter dafür kämpft, ihre Familie zusammenzuhalten und Tony ein normales Leben zu ermöglichen, beschreibt sie in diesen Memoiren.





Meine Meinung ...



zum Cover:




Deutsches Cover: ♥♥♥



Solche Arten von Büchern sehen nahezu immer gleich aus. Weißes Cover mit einem schlicht designeten Titel und einem zur Geschichte passenden Foto. Ein Hingucker ist es allerdings noch immer nicht, auch wenn die zusätzlichen Originalaufnahmen, die in diesem Buch verstreut sind, denselben Jungen zeigen. Dabei ist sowohl der deutsche als auch der Originaltitel vollkommen in Ordnung und passt sehr gut.




zum Buch:




Für viele Eltern ist es wohl das Schlimmste der Welt, wenn ihr Kind große Probleme hat, egal ob es Hänseleien in der Nachbarschaft sind, schlechte Noten in der Schule oder eine Magendarmgrippe. Doch diese Probleme gehen in den meisten Fällen irgendwann vorbei - sie sind nichts gegen die Schwierigkeiten, die ein Elternhaus bekommt, wenn das Kind geistig beeinträchtigt ist.
Tony bietet als Protokoll eines Lebens mit einem solchen Kind einen sehr guten Einblick in die Herausforderungen, die einem mit einer behinderten Person bevorstehen. Sehr schön ist, dass die Autorin ihre Erfahrungen unbeschönigt darstellt, denn obwohl sie als Mutter nicht immer die richtigen Entscheidungen trifft und diese nicht unbedingt das sind, was Pädagogen befürworten würden, steht sie hinter ihren Entscheidungen, um zu betonen, dass sie nur ein Mensch ist und eben nicht immer die Geduld und die Muße dazu hat, mit einem solchen Kind richtig umzugehen. Diese ganz und gar nicht kitschige Darstellung dieses Themas und die Tatsache, dass sie Eltern solcher Kinder nicht als heroisch, sondern als fehlerhaft und in einigen Fällen zu schwach, um mit dieser Situation klarzukommen, darstellen will, macht das Buch sehr realistisch und bringt einen dazu, sich gut in das Geschehen hineinfinden zu können, auch wenn man vielleicht andere Pläne im Leben hat als Mary.
Da das Buch sehr kurz ist, lernt man die Personen nicht so gut kennen, wie man es anfangs für möglich halten könnte. Mary als Erzählerin hat eine relativ verlässliche Stimme, die gemäß ihres Charakters die Geschehnisse sehr rational und kurz angebunden beleuchtet. Vor allem die Schilderungen zu Tony und wie sie lernt, mit diesem Kind umzugehen, ebenso die Schilderungen, wie ihre Ehe dadurch zerbricht, sind gut beschrieben, wenn auch ein wenig mehr Ausführlichkeit bei einem so komplexen Thema nicht geschadet hätte, weil es manchmal etwas zu kurz ist, vor allem um Marys Entscheidungen nachzuvollziehen. Natürlich kann man bei ein paar Jahren an Handlung nicht erwarten, dass die Autorin jedes Gespräch und jeden Tag noch genau im Kopf behalten hat, jedoch hätte man sich so wesentlich früher in den Familienalltag einfügen können und hätte eine kürzere Eingewöhnungsphase gehabt. Insbesondere durch die ab und an eingeworfenen Fachbegriffe, die nicht immer erklärt werden, braucht man doch eine Weile zu viel, um sich in dieser Welt einzufinden, die voller Tests, sozialer Unannehmlichkeiten und oft in die Irre führenden Hoffnungen ist.
Im Gegensatz dazu erfährt man allerdings eine ganze Menge über Tony, sodass man im Laufe der Geschichte wirklich das Gefühl hat, ihn zu kennen. Seine Entwicklung zu beobachten, sich zu fragen, ob sich seine Situation stabilisiert, zu versuchen, sein Verhalten zu interpretieren, ist wahnsinnig faszinierend und versetzt einen in die Position der Eltern, die sich bemühen, ihrem ältesten Sohn ein möglichst normales Leben zu ermöglichen. Dabei strahlt er seinen ganz eigenen Charme aus und funktioniert vor allem mit seiner kleinen Schwester, die ihn aus seiner eigenen Welt hervorholt, ziemlich harmonisch. Über die beiden und ihre gemeinsamen Abenteuer und Spiele hätte man noch wesentlich mehr Seiten füllen können.
Ebenso schön ist es zu sehen, wie sich die Geschichte um Tony weiterentwickelt und die Aufs und Abs gemeinsam mit der Familie zu erleben. Obwohl es mit neutralen Worten geschrieben ist und die Details fehlen, wird man spätestens nach dieser langen Eingewöhnungsphase reingesogen und hat tatsächlich das Gefühl, bei allen Ereignissen mit dabei zu sein und emotional davon betroffen zu sein. Insbesondere der Hinweis, dass das Personal von Anstalten für geistig Beeinträchtigte oder Kindergärtner für Sonderkinder nicht immer besser mit den Menschen umgehen können als die Familie, ist sehr wichtig - denn auch wenn man das Kind diagnostizieren kann, man verbringt mit ihm nur einige Stunden am Tag, während die Eltern nonstop damit zu tun haben. Vor allem wenn die Leser Mütter und Väter sind wie Rich und Mary, kann man aus diesem Buch den Mut daraus ziehen, dem Personal gewisse Erklärungen zu vermitteln und ihnen dabei zu helfen, möglichst gut mit dem Kind umzugehen.
Zwar merkt man, dass die Geschehnisse außerhalb der Behinderung Tonys nicht genügend Potential - sowohl von dem Geschehnis als auch vom Schreibstil her - dazu bieten, ein Buch über sie zu verfassen, da es bis auf dieses Detail eine typische amerikanische Familie ist, allerdings bleibt man doch am Ball dran zu erfahren, was mit Tony nicht stimmt, solange diese Anomalien andauern. Ein zweischneidiges Schwert bei diesem Buch ist nämlich, wie die Angelegenheit mit Tony aufgelöst wird. Natürlich klärt seine Mutter darüber auf, dass Autismus nicht heilbar ist und dass nicht jedes Kind so ein Glück hat wie ihres, allerdings kann es doch bei Lesern, die selbst mit Behinderungen im Alltag zu tun haben, für falsche Hoffnungen sorgen und vielleicht eine falsche Aussage im Kopf hinterlassen, die nicht aufklärt, sondern zu sehr am Personal zweifeln und sich an Zufälle klammern lässt, die nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit auftreten können. Ab diesem Zeitpunkt ist auch die Luft aus der Geschichte raus, da die medizinischen Erklärungen zu Tonys Krankheit abfallen und man kein wirkliches Ziel mehr verfolgt, es keine Dinge mehr gibt, die man ihm beibringen kann oder die er wiederum seinen Eltern beibringen kann.
Ebenso schade ist es, dass es komplett ausführliche Informationen über Autismus erst im Anhang des Buches gibt. Natürlich werden davor einige Symptome erläutert, Tony beobachtet, und auch einige Gutachten zitiert, jedoch hätte man diese Erklärungen gemäß der Belesenheit der Mutter bei diesem Thema viel besser einflechten können.




Insgesamt ein passables Buch, um einen Einblick zu bekommen, wie es ist, mit einer behinderten Person täglich zu tun zu haben. Nach einer Eingewöhnungsphase, in der man die Familie zwar gut kennenlernt, bis auf Tony allerdings niemanden als wirklich plastisch wahrnimmt, ist man sehr gut in dem Familienalltag drin und verfolgt gespannt mit, wie sich der kleine Junge entwickelt. Wenn auch mit wenigen Worten wird beschrieben, welches Auf und Ab man mit so einem Kind erlebt und wie man daran zerbricht, um daraufhin wieder zu wachsen. Für meinen Geschmack hätte es etwas ausgereifter und detaillierter sein können, vor allem da nicht das ganze Leben des Jungen beschrieben wird, ebenso wie die Auflösung der Geschichte etwas problematisch ist, jedoch ist es alles in allem informativ - der Anhang in manchen Punkten jedoch mehr als die niedergeschriebene Geschichte Marys und ihrer Familie.




Ich gebe dem Buch:


♥♥  Herzchen



Extra:


Weitere Bücher von Mary Callahan findet ihr hier :3


CU
Sana

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