Samstag, 16. April 2016

:)Rezension:): Margos Spuren

Grundwissen:


Titel: Margos Spuren (original: Paper Towns)
Autor/-in: John Green
Erschienen: Februar 2010 im dtv-Verlag (Reihe Hanser)
Seitenanzahl: 336 Seiten
Preis: 16, 90 € (Hardcover); 9, 99 € (Kindle Edition); 9, 95 € (Taschenbuch)
Genre: Young Adult; Drama; Road Trip




Inhalt:


I mean, at some point, you gotta stop loking up at the sky, or one of these days you'll look back down and see that you floated away, too. - Cop (p. 151)


Seit sie klein waren, verbindet zufriedenen Nerd Quentin Jacobsen und mysteriöse Rebellin Margo Roth Spiegelman ein bestimmtes Erlebnis in ihrer Vergangenheit. Dennoch sucht Quentins Schwarm ihn erst auf, als sie zwei Wochen vor ihrem Highschoolabschluss stehen; mitten in der Nacht klettert Margo in sein Zimmer und nimmt ihn mit auf einen Rachefeldzug der besten Art. Doch nach dieser gemeinsamen Nacht verschwindet sie spurlos, ohne Verabschiedungen, ohne ihr Hab und Gut. Stattdessen hinterlässt sie Spuren, scheinbar speziell für Quentin. Wird es ihm gelingen, Margo zu finden? 






Meine Meinung ...





zum Cover:




Amerikanisches Cover Nr. 1: ♥♥♥
Amerikanisches Cover Nr. 2: ♥♥♥♥♥

Deutsches Cover: ♥♥

Wie so oft sprechen mich die Cover für John-Green-Bücher nur in den wenigsten Fällen an. Die erste Originalaufmachung ist eine sehr typische Aufmachung, die sich kaum von anderen abhebt mit dem Unterschied, dass Margo darauf sehr natürlich aussieht und so nichts von den gephotoshopedten Models auf vielen anderen Büchern besitzt. Bei der zweiten Version des Buches hat man wesentlich bessere Arbeit geleistet: Der Titel kommt durch die Landkarte sehr viel mehr zur Geltung, die Farben haben eine angenehm beruhigende Wirkung und die Nadel mitten in Paper Towns trifft auch die Geschichte mit dem Nadel auf den Kopf, da dies eines der Leitmotive dieses Buches ist.
Schrecklich dagegen finde ich das deutsche Cover. Ähnlich wie das von Eine wie Alaska besitzt es fast keine Aussagekraft und ist auch wegen den Farben nicht sonderlich ansprechend. Der Titel ist natürlich um Längen nicht so gut wie Paper Towns, allerdings passt sie alleine vom Inhalt her auch zur Geschichte trotz mangelnder Kreativität.




zum Buch:



Margos Spuren ist das dritte Buch des großen Bestseller-Autoren John Green, das ich gelesen habe in der Hoffnung, dass ich den Wirbel um ihn und seine Werke nachvollziehen kann. Eine wie Alaska finde ich grandios und fesselnd bis zur letzten Seite, The Fault in Our Stars fand ich nur durchschnittlich und würde das Buch wahrscheinlich nun schlechter bewerten als vorher, und Paper Towns hat mir den Hype um diesen Mann ebenso nicht so begreiflich gemacht.
Dies liegt vor allem daran, dass sich dieses Buch anfühlt wie eine Neuauflage meines liebsten Buchs von ihm mit zusätzlichen philosophischen Aspekten und einem Roadtrip. Doch abgesehen davon ist die Prämisse genau dieselbe: ein unsicherer Junge, der eher Richtung Außenseiter bzw. Mauerblümchen anzusiedeln ist, ist Hals über Kopf in ein mysteriöses, rebellisches und rundum besonderes Mädchen verliebt, dessen Fassade jeder zu lieben scheint, dessen Inneres jedoch niemand vollständig erfassen kann. Als dem Mädchen schließlich etwas zustößt, macht es sich der Junge mit seinen Freunden zur Aufgabe, hinter die Fassade des Mädchen zu schauen und herauszufinden, was sich hinter ihrer geheimnisvollen Aura verbirgt. Bis auf die genannten Zusätze sind es nahezu eins zu eins dieselben Charaktere, insbesondere wenn es um die Freunde des männlichen Protagonisten geht, nur wesentlich hilfloser und auch unsympathischer gestaltet. Insbesondere der nach Aufmerksamkeit und Beliebtheit gierenden, möchtegernlustigen und sich fast ausschließlich nur für Sex interessierenden Ben ist eine echte Last, die zwar im letzten Drittel des Buches einen Running Gag ins Spiel bringt, der amüsant ist, jedoch selbst ansonsten wirklich kaum zu ertragen ist; wann immer er auftaucht, wünscht man sich, dass er wieder verschwindet. Die Nebencharaktere haben generell wenig Spielraum, um sich zu beweisen und einen Platz im Herzen des Lesers zu ergattern, denn sie dienen häufig nur als Zierde oder sind dazu da, von Quentin im Laufe der Geschichte angekeift und als schlechte Freunde bezeichnet zu werden, bloß weil diese ihm ins Gewissen reden wollen, dass die Suche nach einem verschwundenen Mädchen, das für über sieben Jahre nicht einen Ton mit ihm gewechselt hat, weniger von Bedeutung ist als seine wahren Freunde und das Absolvieren seines Schulabschlusses. Aus diesem Grund schließt man auch Radar von Qs Freunden noch am meisten ins Herz, da er nicht nur loyal und sehr intelligent, sondern auch der vernünftigste von all den Figuren in diesem Buch ist, ebenso wie Lacey, eine Freundin Margos, einen guten Sidekick darstellt und im späteren Verlauf zeigt, dass sie nicht die oberflächliche beliebte Königin mit einem merkwürdigen Essverhalten ist, als die sie am Anfang dargestellt wird. Im Gegenteil, sie hat eine relativ charmante Persönlichkeit und ist zwar nicht unbedingt ausgefallen, bringt allerdings Frische in die Geschichte.
Ähnlich wie ich gemischte Gefühle bei den Randfiguren habe, so stehe ich auch Quentin kritisch und Margo absolut negativ gegenüber. Natürlich besitzen beide Charaktere eine gewisse Tiefgründigkeit, sind beide auf der Suche nach ihnen selbst und haben Träume und Ziele, die sie unbedingt umsetzen und erreichen wollen. Es ist auch klar, dass Green eine Grundlage für die Prämisse seiner Geschichte haben wollte; das Problem daran ist, dass er die Charaktere nicht darauf zugeschnitten hat. Insbesondere Quentins Obsession mit Margo ist einfach nicht nachzuvollziehen. Offensichtlich verbindet die beiden eine gemeinsame Erfahrung in Kindertagen, wenn man allerdings danach für die gesamte Schulzeit kein Wort mehr miteinander spricht, dann ist es doch vollkommen unmöglich, dass man nach wie vor so eine große Rolle im Leben des anderen spielt. Vor allem wirkt Margo von Beginn an wie eine selbstsüchtige und kalkulierende Möchtegernrebellin, die andere dazu bringt, mit ihrem Leben unzufrieden zu sein, bloß weil sie selbst keinen blassen Schimmer hat, wer sie nun eigentlich ist und was sie vom Leben möchte. Und trotzdem dackelt ihr Quentin hinterher, als sei sie die tollste Person, die er in seinem Leben je kennenlernen durfte, denn nach einer gemeinsamen Nacht zusammen, in dem sie ihn braucht und sogar noch dreist genug ist zu behaupten, sie hätte ihm damit geholfen, ist es natürlich so, als hätte die Highschool ohne einander niemals existiert.
Natürlich könnte man hier anführen, dass Quentin sich in eine Vorstellung von ihr verliebt hat, wie auch häufig angesprochen wird, denn offensichtlich kann man jemanden, mit dem man nicht spricht, nicht wirklich kennen, allerdings passt dieses Verhalten nicht zu Quentins Charakter. Denn im Gegensatz zu Miles aus Eine wie Alaska ist er mutig genug dazu, ihr ins Gesicht zu sagen, dass sie von Egoismus getrieben ist und dabei wahllos Menschen verletzt (was bei Alaska wohlbemerkt nicht so ist und diese aufgrund dessen auch ein Charakter ist, mit dem man noch eher sympathisieren könnte als Margo). Und wenn er dies schon in dieser ganz besonderen Nacht erkennt, wie kann es dann sein, dass er trotzdem mit einer derart großen Naivität davon ausgeht, dass sie möchte, dass sie ihn findet? Wie kann es sein, dass er sich zu einem ähnlich kalten Klotz verwandelt, der seinen Freunden Vorwürfe macht, bloß weil sie ein Leben außerhalb der Obsession auf Margo Roth Spiegelman haben, sich um Erledigungen für ihren Prom kümmern und für ihren Abschluss lernen? Diese Entwicklung ist wirklich sehr erschreckend, denn im Gegensatz zu Margo ist Q durchaus zufrieden mit seinem ruhigen Leben und möchte die Zukunft, die er für sich geplant hat, auch unbedingt erreichen. Nicht aus einem Zwang heraus, sondern weil er dies als ein gutes Leben ansieht. Dass er daraufhin trotzdem zulässt, dass ihm diese Egomanin den Kopf verdreht und praktisch für eine Abhängigkeit von ihr sorgt, ist einfach nicht verständlich, kommt sogar eher einem Charakterbruch gleich.
Ebenso problematisch wie die teils unausstehlichen Figuren und das Gefühl eines Deja Vus ist die lange Durststrecke in der Mitte des Buches. Unerwarteterweise nämlich beginnt der Roadtrip erst relativ spät, sodass man eine sehr lange Zeit miterlebt, in der Q hauptsächlich mit den wenigen Hinweisen Margos ringt und versucht darüber hinwegzukommen, dass seine Traumfrau wirklich nur das ist: eine Traumfrau. Dabei ist zumindest der erste Hinweis nicht sonderlich schwer zu begreifen, sodass man sich stellenweise langweilt, bis die Charaktere begreifen, was die clevere Margo ihnen hinterlassen hat. Es gibt durchaus einige unterhaltsame Stellen, vor allem die Vermittlung des Gefühls, bald mit der Schule fertig zu sein, dies zu feiern und eventuell die Flure zum letzten Mal entlangzuschreiten ist sehr schön beschrieben, allerdings verliert sich dort die Geschichte ein wenig - auch wenn es zugegebenermaßen angenehm ist, wenn Quentin sich mal eine Weile nicht mit Margo beschäftigt. Dennoch hat man für mehr als fünfzig Seiten Schwierigkeiten, ein tatsächliches Interesse für den weiteren Verlauf der Geschichte zu finden, insbesondere weil Q in einem schleichenden Prozess Margos Selbstsucht und Selbstzentrierung übernimmt. Kaum zu glauben, dass einige Leserstimmen unter diesen Bedingungen davon schwärmen, wie erstrebenswert es ist, so zu sein wie Margo Spiegelman.
Trotz dieser harschen Kritik steckt allerdings auch Vieles in diesem Roman, das man positiv bewerten kann. So sind sowohl Margos und Quentins gemeinsame Nacht als auch der kleine Roadtrip sehr innovativ und kreativ gestaltet, man verfolgt die Abenteuer auf diesen Reisen gerne und muss sich ab und an doch ein Kichern verkneifen. Diese Abenteuer sind etwas, das jeder Mensch zumindest ähnlich durchlebt haben sollte, da diese eben die Spontanität des Lebens zeigen und dass es genau dann und in diesen kleinen Momenten, losgelöst vom Alltag, am besten ist. Vor allem wenn man selbst gerne reist und das Gefühl, auf dem Beifahrersitz zu sein und auf die endlosen Straßen zu schauen, den Geruch von Tankstellen, die gemütliche Atmosphäre von Imbissbuden mitten in der Nacht liebt, dann wird man sich definitiv sehr wohl in der Haut fühlen und sich von Greens ab und an doch sehr atmosphärischem und philosophischem Schreibstil einlullen lassen. Es wird selbst in einem die Lust erweckt, spontan irgendwo hinzufahren, Erfahrungen zu sammeln und all seine Verpflichtungen für einen Moment beiseite zu schieben.
Neben Freundschaft und der Frage, ob es nicht eher etwas über einen selbst aussagt, wenn man eine Person einzuschätzen versucht, als über besagte Person, behandelt Margos Spuren nämlich hauptsächlich die Diskrepanz zwischen Verpflichtungen und einem echten glücklichen Leben. Nicht nur dienen die Erlebnisse der Freunde dazu, eine Antwort auf darauf zu geben, wie man beides miteinander kombinieren kann, sondern auch Margos Lebensweise, die zwar sehr radikal und vor allem für die Menschen, denen sie etwas bedeutet, egoistisch, allerdings auch nicht unbedingt vollkommen verwerflich ist. Auch wenn der Gedanke bei Quentin zunehmend verloren geht, so ist es schön, dass Green zeigt, dass man auch mit einem ruhigeren, normalen Leben zufrieden sein kann, ab und an aber ein totaler Bruch damit genau das ist, was die Seele benötigt. In Verbindung mit dem nahenden Schulabschluss der Figuren besitzen diese Ansätze von Vorschlägen etwas Endgültiges und zeigen auf, dass es nicht traurig oder schade sein muss, jemanden oder etwas zu verlassen. Dies hat dem Buch für mich persönlich aufgrund meines baldigen Schulabschlusses eine besondere Note verliehen, da es viel Raum für Identifikation bietet, da man so in eine Phase tritt, die mit nichts vergleichbar ist, was man zuvor erlebt, und es doch schön ist zu sehen, dass man nicht alleine ist mit dem ständigen Wechsel von motivierter Erwartung und zögerlichem Unbehagen. Man beschäftigt sich mit sich selbst, seinen Träumen, deren Grad an Realität und mit der Frage, was für einen ein gutes Leben ausmacht, und dies macht dieses Buch neben allem anderen zu etwas Besonderem, wenn man denn bereit ist, von dem Unterhaltungsfaktor abzusehen und sich auf die behandelten Themen dahinter fokussiert.
Wobei dieser wie erwähnt nur zu Beginn und inmitten des Roadtrips kontinuierlich auf hohem Niveau gehalten wird, weswegen dazwischen die Spannung zum größten Teil vollkommen abflacht. Ab einem gewissen Zeitpunkt wird zwar auch die Spurensuche Margos interessanter, und auch wenn diese hätte länger sein können, so gefällt einem doch die eher abrupte Entscheidung Qs, mal aus seinem Alltag auszubrechen, sich zu trauen und das zu tun, was er für richtig hält. Schade ist jedoch, dass er dies alles für ein labiles und auch manipulatives Mädchen tut, das sich den größten Teil ihres Lebens kaum für ihn interessiert. Vor allem in Relation mit dem Ende sind doch einige Ansichten und Geständnisse sehr von Green zurechtgerückt worden, um ein möglichst tragisch-kitschiges Ende zu haben, was allerdings Quentins kurzweilige Ernüchterung im Bezug auf Margo vollkommen ausschließt. Mit anderen Worten: die Entwicklung ist in einigen Aspekten umsonst gewesen, und auch wenn vor allem Margo scheinbar etwas dazulernt, so enttäuscht einen doch Quentins sehr großzügige Einstellung am Ende. Denn mal ehrlich - wenn jemand sich einem gegenüber so gleichgültig, eigennützig oder gemein verhält, dann reagiert man einfach nicht so, wie Quentin es tut.




Alles in allem lässt Margos Spuren einen mit sehr gemischten Gefühlen zurück. Während Green den Leser mit leichter und doch prägnanter Wortwahl durch eine teilweise sehr atmosphärische Geschichte führt, die auch vom emotionalen Pegel mehr zu bieten hat als bloße Unterhaltung, ist die Umsetzung doch eher lau. Dies liegt insbesondere an der Übernahme von Schablonen der Charaktere seiner vorherigen Bücher und das Verzerren derer zu leicht anderen hipster-ähnlichen Figuren, die in diesem Fall aber leider unsympathischer wurden und teilweise auch widersprüchlich handeln. Daher sind das Grundkonzept und der Cast nichts Originelles, was durch die Durststrecke zwischen der besonderen Nacht und dem Roadtrip noch mit Langeweile gestärkt wird. Wäre diese kurz gehalten worden und die Charaktere authentischer, so wäre das Buch definitiv gut; so allerdings ist es nur durchschnittlich mit viel verschwendetem Potential.




Ich gebe dem Buch:


♥♥.♥  Herzchen (3.67)




Extra:


Im Sommer 2015 ist die Verfilmung dieses Romans erschienen. Den Trailer dazu könnt ihr *hier* ansehen. Ich garantiere dabei weder dafür, dass der Film schlechter oder besser ist als das Buch, da ich nur die CinemaSins-Folge dazu kenne und daher sowieso negativ vorbelastet bin :3

CU
Sana

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