Sonntag, 14. Februar 2016

:)Rezension:): Vielleicht lieber morgen

Grundwissen:


Titel: Das also ist mein Leben bzw. Vielleicht lieber morgen (original: The Perks of Being a Wallflower)
Autor/-in: Stephen Chbosky
Erschienen: März 2000 im Vgs-Verlag; September 2011 im Heyne-Verlag
Seitenanzahl:
Preis: 12, 99 € (broschiert; Heyne); 9, 99 € (Kindle Edition; Heyne)
Genre: Young Adult; Drama; Briefroman





Inhalt:



''It's great that you can listen and be a shoulder to someone, but what about when someone doesn't need a shoulder: What if they need arms or something like that? You can't just sit there and put everybody's lives ahead of yours and think that counts as love. You just can't. You have to do things.'' - Sam (S. 200)


Charlie ist fünfzehn, in seinem ersten Jahr an der Highschool und ist ein Mauerblümchen. Ohne Freunde und eher zurückhaltend lässt er sich von seinem Brieffreund durch den Tag geleiten und erzählt über jedes kleinste Detail seines neuen Schulalltags und seines Familienlebens. Doch mit der Zeit verbringt er immer mehr Zeit mit dem Geschwisterpaar Sam und Patrick und lernt dabei das Leben, die Menschen und auch die Liebe kennen. Zum ersten Mal kommt er aus seiner Höhle der Einsamkeit hervorgekrochen - doch trotzdem ist da etwas, was ihn unglücklich zu machen scheint.





Meine Meinung ...





zum Cover:




Deutsches Cover Nr. 2: ♥♥♥

Deutsches Cover Nr. 1: ♥♥
Amerikanisches Cover Nr. 2: ♥♥♥
Amerikanisches Cover Nr. 1: ♥♥♥







































Leider kann keines der Cover einen wirklich davon überzeugen, sich dieses Buch zu besorgen. Insbesondere die alte deutsche Ausgabe mit dem Titel Vielleicht lieber morgen, der gar keinen Bezug zum Buch hat, sieht wie eine typische Schullektüre aus, und auch die neue Ausgabe ist zwar insofern passend, dass es sich eben um einen Briefroman bzw. Charlies Tagebuch handelt, allerdings hätte man da mit unterschiedlichen Schriftweisen oder Farben oder sonst etwas arbeiten können. Etwas machen können, damit es nicht so aussieht wie ein Notizpapier. Und warum das Buch umbenannt wurde, obwohl der Film noch den alten Titel trägt, ist mir auch schleierhaft. Zwar passt Das ist also mein Leben, so unkreativ der Titel auch ist, besser zum Buch, aber irritieren tut er im Zusammenhang mit der Verfilmung trotzdem.
Die amerikanischen Cover bestehen zum einen aus der Filmausgabe, die den Charakteren ein einigermaßen passendes Bild geben und dazu noch den Begriff des Mauerblümchens durch die Mauer auf eine einigermaßen humorvolle Weise eingestreut haben. Ich musste zumindest einige Male hinsehen, um zu begreifen, dass der Hintergrund eigentlich eine wichtige Bedeutung hat. Am besten gelungen finde ich jedoch das erste amerikanische Cover. Besteht zwar ebenso nur aus Schriften, ich weiß, allerdings ist das so gemacht worden, wie ich mir das deutsche Cover gewünscht hätte. Das wäre wahrscheinlich noch die Ausgabe, die ich am liebsten in meinem Regal stehen hätte. Allerdings - was genau sind denn nun die Vorteile davon, ein Mauerblümchen zu sein? Dies habe ich mich das ganze Buch über gefragt und keine Antwort gefunden.





zum Buch:





Vielleicht lieber morgen ist eines dieser Bücher, das eine wirklich tolle Grundidee hat, sehr wichtige Themen anschneidet und insbesondere viele schöne, kleine Lebensweisheiten besitzt, die jeden Zitateliebhaber dazu auffordern werden, sich Stift und Zettelchen zu schnappen und draufloszuschreiben, das aber trotzdem etwas hat, was einen unbefriedigt zurücklässt.
Dies liegt wohl maßgeblich an zwei Dingen, die wohl für die meisten Leser Geschmackssache sind:
1. Die Erzählweise: Dadurch, dass man niemals in die Handlung springt, sondern sie einem immer durch Charlies Augen erzählt wird, sobald sie bereits geschehen ist. Aus dem Grund ist man niemandem außer ihm als Protagonisten ausgesetzt, man liest nur seine Eindrücke, nur seine Wiedergaben, nur seine Gedanken und Interpretationen von seinen Freunden und seiner Familie. Das muss zwangsläufig nichts Schlechtes sein, jedoch bekommt man durch Charlies Angewohnheit, sich selbst in den Hintergrund zu rücken, eher den Eindruck, als sei jeder Tagebucheintrag in Form von vielen Briefen sehr nachlässig erzählt worden und wirkt förmlich schon heruntergerattert. Natürlich kann man nicht erwarten, dass ein Fünfzehnjähriger hochtrabende Literatur schreibt, insbesondere da sein Englischlehrer vielfach angemerkt haben soll, dass er seinen Schreibstil verbessern muss, allerdings stolpert man doch etwas über die Formulierungen und Kürze vieler Sätze. Für Menschen, die sonst niveauvollere Erzählweisen gewohnt sind, dürfte dies sehr gewöhnungsbedürftig sein, vor allem in Kombination mit Charlies Sicht. Denn der Hauptcharakter schreibt oft sehr zurückhaltend und vereinfacht, weswegen man eine sehr distanzierte Haltung zu der Geschichte aufbaut und dies eher kontraproduktiv ist, wenn einen die Geschichte berühren und man mit den Charakteren sympathisieren soll. Nicht mal zu Charlie selbst kann man eine wirkliche Beziehung aufbauen, wie also soll man das bei den Personen schaffen, deren Gedanken man nicht mal kennenlernt, die man nie in Aktion sieht, sondern die man durch den Charlie-Filter zu sehen bekommt? Dahingehend hätte man vielleicht mehr Emotionen rüberbringen können und auch eine weniger grobe Charakterisierung zustande bringen können, wenn es in einer nicht ganz so unkonventionellen Weise erzählt worden wäre.
2. Der Protagonist Charlie: Grundsätzlich heißt es ja, dass stille Gewässer tief sind, und Charlie ist definitiv jemand, der hinter all seinem Schweigen und seiner Schüchternheit doch so Einiges verbirgt. Aus diesem Grund hat er bestimmt eine Menge Potential und ist auch alles andere als ein gewöhnlicher oder rundum gesunder Junge. Sozialphobie, die Angst davor, seine Meinung zu sagen, der stille Part in einer Unterhaltung sein, der, der sich zu kaum etwas überwinden kann, und der letztlich dadurch einige Entscheidungen oder Angewohnheiten in diesem Buch entwickelt, die ihm und auch seinem Freundeskreis nicht sonderlich gut tun. Zwar ist dieses Bild eines Mauerblümchens sehr gut getroffen, allerdings ist diese Naivität, die er an den Tag legt, manchmal doch sehr leicht mit Dummheit gleichzusetzen. Natürlich ist er erst gerade dabei, erwachsen zu werden, das kann man ihm auch nicht zum Vorwurf machen, aber dermaßen verwirrt zu sein und bewusst jemanden, von dem man weiß, der er einen sehr mag, zu verletzen, ohne mit ihm vorher mal über vorhandene Probleme zu sprechen, sind dann doch Dinge gewesen, die ihn sehr unsympathisch gemacht haben. Generell ist er ein sehr merkwürdiger Kauz, von dem man eigentlich erwartet, dass er im Laufe der Geschichte wächst und sich verändert, jedoch zieht sich sein Alltag so dahin und er kommt nie aus seiner Rolle als stummer Beobachter raus. Erst in den letzten fünf Seiten meiner Ausgabe gibt es ein Ereignis, das Schlag auf Schlag alles verändert, auch sein Verhalten erklärt und zu einem Ansatz einer Lösung führt. Aber das ist doch viel zu spät. Es wird so viel aufgebauscht, dass man sich zwar einen solchen Knall erhofft, aber doch nicht am Ende des Buches, denn wie soll man sonst Verständnis für sein ab und an doch unmögliches Verhalten aufbringen, wenn die Geschichte und die wichtigsten Geschehnisse bereits vergangen sind? Das hätte wesentlich schneller aufgelöst sein müssen, nicht nur, weil man so Charlie nicht mehr für ein paar Taten hier drin hauen möchte, sondern weil man so auch neben all den kleinen Wellenschlägen innerhalb der Handlung mal einen Höhepunkt bekommen hätte. So allerdings kann Charlie wegen seiner Unschuld höchstens mütterliche Gefühle in einem wecken, manch einer mag sich auch in seiner Selbstfindung selbst wiederfinden, doch warmwerden kann man mit ihm eher schwer, denn so verständlich das nach der großen und trotzdem dezenten Enthüllung ist, bis dahin schüttelt man über ihn wirklich den Kopf und hält ihn an einigen Stellen für unterbelichtet.
Somit besitzt dieses Buch also sowohl einen Hauptcharakter, der einem sehr suspekt ist, als auch keine Nähe zur Geschichte oder zu anderen Charakteren durch die Form dieses Briefromans. Doch was einem definitiv positiv auffällt ist die Anzahl an schweren Tabuthemen, derer sich der Autor hier annimmt, denn schon direkt am Anfang wird man mit Selbstmord und den Umgang mit dem Tod konfrontiert, sofort auf den ernsten Grundton der Story aufmerksam. Insbesondere Patricks Geschichte besitzt eine große Tragik und schafft es, einen mehr zu berühren als Charlies oder alle sonstigen Geschichten, mit denen man konfrontiert wird, vor allem weil das Thema Homosexualität sich auch heutzutage einer großen Kontroverse erfreut und der Autor es schafft zu vermitteln, wie jemand von sich selbst bemerkt, dass er andere Vorlieben hat als der Mainstream. Dahingehend empfindet man sehr großes Mitleid mit diesen Figuren, auch wenn es teilweise überladen wirkt, weil der Autor so ziemlich jedes erdenkliche Tabuthema ins Boot geholt hat, das man sich innerhalb von fünf Sekunden erdenken kann. Diese wären auch, wie erwähnt, schöner integriert werden können, wäre der Leser nicht so distanziert von der Geschichte. Dennoch kommt eine doch recht große Emotionalität dadurch auf und macht die Charaktere plastischer, viele sogar greifbarer als Charlie es je während der Geschichte ist.
Außerdem kann man sich nicht darüber beschweren, dass Charlie sich keine tiefgründigen Gedanken machen würde. Es ist nicht unbedingt die typische Geschichte eines High-School-Schülers, der vom Mauerblümchen zum Popular Kid mutiert und dabei viele neue Freunde findet und sein Traummädchen bekommt. Es geht in einigen Briefen bzw. Kapiteln schon recht hart zu, Charlie macht viele beängstigende, aber auch berauschende Erfahrungen und ungewöhnlich ist die Truppe, mit der er unterwegs ist, auf jeden Fall. Auch die Dynamik zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern und Familienmitgliedern ist gut beschrieben und auch der Prozess des Erwachsenwerdens teils wunderschön, teils tragisch. Da kann man insbesondere die Szene mit der Autofahrt heranziehen, in der Charlie das Gefühl hat, unendlich zu sein, und sie mit der Szene vergleichen, in dem ihm ein Mädchen sagt, dass sie sein erster Kuss sein möchte, damit er wenigstens mit Liebe aus seinem Dasein als unberührtes Kind austritt. Letzteres ist eine der wenigen Szenen, bei denen ich zumindest einen kleinen Kloß im Hals hatte. Trotzdem ist die Handlung doch recht dünn und einige wichtige ,,Wendepunkte'', wenn man sie denn so nennen kann, sehr vorhersehbar. Wer Charlies erste große Liebe wird, wer sein erster Kuss wird, wer seine erste Freundin wird, wie die Geschichte mit Patrick ausgeht etc.. Dadurch ist das Buch an vielen Stellen zäh und an manchen sogar als langweilig zu bezeichnen. Erst gegen Ende nimmt der Plot an Fahrt auf, insbesondere als Sam Charlie einen Vortrag darüber hält, dass er sich nicht für immer in seiner Passivität ausruhen kann und es etwas ausmacht, ob man nur Dinge sagt oder diese auch tut und zeigt, was man wirklich möchte. Wäre dies früher passiert oder hätte man das Buch nicht an der Stelle enden lassen, in sich alles verändern könnte, dann hätte das Buch eventuell auch eine mehr als nur durchschnittliche Bewertung bekommen.




So allerdings ist das Buch wie jeder andere Contemporary-Roman, der derzeit auf dem Markt ist. Eventuell liegt es auch daran, dass diese Geschichten mit einer tragischen Vergangenheit und Schwierigkeiten beim Erwachsenwerden momentan sehr beliebt sind und der Buchmarkt in der Hinsicht vielleicht schon übersättigt ist, aber man kann diesem Buch meiner Meinung nach nur wenig abgewinnen, was vollkommen einzigartig gewesen wäre. Die Charaktere hätten detaillierter geschrieben sein können, Charlies Gefühle hätten besser vermittelt, die Probleme besser nähergebracht und die Geschichte weniger eintönig beschrieben sein können, wenn denn auf diese Briefform verzichtet worden wäre. Wer sich an so was nicht sattsehen kann, der wird hierin vielleicht ein neues Lieblingsbuch finden, wer sich allerdings schon an John Green sattgelesen hat und einen Protagonisten braucht, der aus seiner Schneckenschale herauskriechen kann, für den wird dieses Buch nicht unbedingt die tollste Ausbeute sein.





Ich gebe dem Buch:


♥♥ Herzchen (3.08)





Extra:


Wie erwähnt, kam im Jahre 2012 eine Verfilmung raus, die das Buch höchstwahrscheinlich toppen könnte. Hier geht es zum Trailer :3


CU
Sana

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