Sonntag, 7. Februar 2016

:)Rezension:): Splitter

Grundwissen:


Titel: Splitter
Autor/-in: Sebastian Fitzek
Erschienen: 2008 und 2010 im Knaur-Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl: 364 Seiten ohne Danksagung
Preis: 9, 99 € (Taschenbuch), 9, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: Amazon.de]
Genre: (Psycho-)Thriller; Mystery; Drama





Inhalt:


Der Wahnsinn war wie ein Nebel, der durch die Fugen der Normalität in sein zersplittertes Leben drang. - S. 188



Viel stärker als der Splitter, der sich in seinen Kopf gebohrt hat, schmerzt Marc Lucas die seelische Wunde seines selbst verschuldeten Autounfalls - denn seine Frau Sandra hat nicht überlebt. Als Marc von einem psychiatrischen Experiment hört, das ihn von dieser quälenden Erinnerung befreien könnte, schöpft er Hoffnung. Doch nach den ersten Tests beginnt das Grauen: Marcs Wohnungsschlüssel passt nicht mehr. Ein fremder Name steht am Klingelschild. Dann öffnet sich die Tür - und Marc schaut einem Alptraum ins Gesicht …



Quelle: amazon.de



Meine Meinung ...






zum Cover:



Deutsches Cover Nr. 2: ♥♥♥
Deutsches Cover Nr. 1: ♥♥♥






















Englisches Cover Nr. 1: ♥♥♥♥
Englisches Cover Nr. 2: ♥♥♥♥





















Insgesamt bieten die Cover für diesen Roman nicht sonderlich viel Abwechslung und sind überwiegend schlicht gehalten. Der Titel Splitter passt natürlich bei jeder Ausgabe sehr gut, da er sich auf so viele verschiedene Ebenen innerhalb dieser Geschichte beziehen lässt. Marc Lucas' zersplittertes Leben zu Beginn der Geschichte, später die scheinbar auftretenden Gedächtnislücken nach dem Zusammentreffen mit den Angehörigen des Memory Experiments und wie dadurch der Haufen seines zersplitterten Lebens umso mehr ineinander einbricht. Auf vielen Aufmachungen ist auch splitterndes oder zerbrochenes Glas zu sehen, was gut zur Geschichte passt und oftmals der reinste Augenschmaus ist. Mein persönlicher Favorit ist hierbei das zweite englische Cover, da es eine für das Buch wichtige Kulisse zeigt und dort auch vielerlei wichtige Punkte aufgedeckt werden. Was hingegen das weiße Papier auf dem ersten deutschen Cover bedeutet, ist mir ein wenig schleierhaft. Eine Vermutung ist zwar da, jedoch ist diese nicht so ganz sicher.
Ein Thriller, der nicht ganz so auffällig aussieht - doch trifft das auch seinen Wert?





zum Buch:




Sebastian Fitzek ist wohl der bekannteste Autor im Bereich spannender Thrillerliteratur im deutschen Bereich, bringt gefühlt wie am Fließband neue Bücher und Ideen in die Welt und schafft es trotzdem, dass er immer in den Himmel gelobt wird.
Da dies mein erstes Buch dieses Autors gewesen ist, kann ich nicht in einen generellen Lobkanon mit einstimmen, jedoch definitiv in einen, der von Splitter handelt. Selten lese ich heutzutage Bücher schnell durch, bei diesem Thriller jedoch konnte ich einfach nicht aufhören zu lesen und hatte es innerhalb von drei Tagen durch.
Dies liegt insbesondere an dem sehr flüssigen und einfachen Schreibstil, der zwar keinen wirklichen Wiedererkennungswert oder etwas Besonderes an sich hat, einen jedoch sehr schnell durch die Geschichte bringt und einem diesen sehr komplexen Sachverhalt mit genügend Emotionen und Erklärungen näherzubringen. Denn wäre die Art des Erzählens nur ein wenig komplizierter gewesen, hätte man sich wahrscheinlich vollkommen in dieser Geschichte verloren, und genau dafür - sich nicht in all seinen Hinweisen und Handlungselementen zu verstricken - verdient Sebastian Fitzek wirklich Hochachtung. Denn Splitter wirkt eben genau so, wie der Titel suggeriert: Es gibt nur sehr wenige Anhaltspunkte, an die man sich klammern kann, und selbst bei diesen ist man sich nicht komplett sicher, ob sie real sind oder nur Hirngespinste seitens Marc Lucas. Dieser scheint nämlich im Laufe des Buches immer mehr den Verstand zu verlieren, unter Halluzinationen zu leiden und entweder eine Lüge gelebt zu haben oder nun in einer zu leben, sodass man ebenso verwirrt ist wie der Protagonist und das Gefühl hat, auf jedes Detail achten zu müssen, um sich irgendeine Theorie zusammenspinnen zu können. Somit erschafft Fitzek auch eine sehr abstruse und fragile Atmosphäre, die einen auch teilweise am eigenen Verstand zweifeln lässt, inbesondere wenn es sich gegen Ende zuspitzt und man mit einem Mindfuck nach dem anderen konfrontiert wird. Aus diesem Grund kann man sich auch kaum der Handlung entziehen und rätselt die gesamte Zeit über mit, was sich tatsächlich am Tag des Autounfalls ereignet hat und welche Puzzleteile fehlen, um zu erklären, warum jemand nun scheinbar Marc Lucas' Leben geklaut hat und wie dies mit dem Memory Experiment zusammenhängt. Man rennt von einer unerklärlichen Situation in die nächste und kann so den Frust und die Verzweiflung des Protagonisten sehr gut nachvollziehen.
Was bei diesem Buch jedoch am meisten heraussticht, sind die Charaktere und deren Beweggründe. Insbesondere Marc Lucas ist zwar eine sehr mürrische, aber trotzdem sympathische Persönlichkeit, der man nach der Schilderung seines Zustands und seines Verlustes wirklich das Beste wünscht, vor allem da er trotz dieser Ungerechtigkeit und dem Schmerz noch immer seine Arbeit als Streetworker wahrnimmt und zu Beginn des Buches sogar einen Suizid verhindert. Daher begleitet man ihn gerne auf seiner Reise voller Nonsens, Abgeschiedenheit von jeglichen Freunden und paranoider Frauen, die ihn vor dem MME warnen und sich selbst auf die Mailbox sprechen, um ihre Erinnerungen aufrecht zu erhalten. Dabei muss er sich nicht nur mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen, was ihn umso mehr zerreißt als er sowieso schon ist, und trifft dabei zusätzlich noch auf seinen Bruder Benjamin, den er jahrelang nicht mehr gesehen hat und die nicht gerade friedlich auseinander gegangen sind. Somit wird man nicht nur mit dem Umgang mit Verlust konfrontiert, sondern auch mit der gemeinsamen Geschichte von zwei Brüdern, die sich nach längerer Zeit mal wieder zunächst auf unerklärliche Weise kreuzt. Ben ist ebenso ein äußerst interessanter Charakter gewesen, was insbesondere durch seine Sensibilität und seine damit verbundene psychische Krankheit zustande kommt. Man kauft ihnen diesen für Geschwister typischen Bund einfach ab und hat dadurch eine interessante Dynamik in der Geschichte drin, da man sich fragt, was sie auseinandergebracht hat und warum sie auf einmal im Leben des Anderen wieder auftauchen. 
Auch wenn die Geschichte sehr auf Marc Lucas fokussiert ist, sind die Nebencharaktere dennoch wunderbar ausgearbeitet und spielen eine tragende Rolle, wie man erst im Nachhinein einschätzen kann. Sie haben alle ihre Daseinsberechtigung und kommen wirklich wie Personen rüber, die man auch aus dem eigenen Alltag kennen könnte. Zwar bleiben insbesondere die Repräsentanten und Ärzte des MME eher blass, da sie die Rolle der scheinbaren Bösewichte einnehmen, jedoch lernt man alle anderen einigermaßen gut kennen und hat eine breite Palette an Persönlichkeiten, sei es Sandra aus den Erinnerungen Marc Lucas' oder einer der Antagonisten, der Benny das Leben zur Hölle macht. Dadurch kann man sehr schnell in das Umfeld eingesogen werden und kann jegliche Emotionen und Beweggründe für das Handeln der Charaktere mitfühlen und nachvollziehen. Von Marc Lucas mal abgesehen sind die Figuren nicht vom Fleck weg sympathisch und bei allen von ihnen tun sich Abgründe auf, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, wann es in Ordnung ist, schlimme Taten zu verrichten, um etwas Positives zu bewirken, und dass man erkennen muss, dass der Preis in vielerlei Fällen zu hoch ist. Marcs Geschichte ist praktisch ein Beleg für diese These, zumal er sich auch damit auseinandersetzen muss, als ihm angeboten wird, seine Erinnerungen löschen zu lassen und vollkommen neu anzufangen. Ohne Schmerz, aber auch ohne Glück. Ohne irgendeine Ahnung, was mit einem passiert ist. Ein Neues Spiel mitten im Leben. In diesem Fall werden wohl auch Leser, die etwas ähnlich Traumatisches oder Schlimmmes erleben mussten, wohl in Versuchung sein, sich diesem Experiment zu überlassen, insbesondere wenn man inmitten der schmerzhaftesten Phase ist wie Marc Lucas. Es wird mit moralischen Abgründen gespielt und gezeigt, dass man nichts in Gut und Böse unterteilen kann, sondern dass alles seine Nachteile hat. Aus diesem Grund wird man zwar im späteren Verlauf der Geschichte ebenfalls wütend auf all den Hintergrund, der sich hinter Marc Lucas' Erfahrungen verbirgt, weil es mit Gräueltaten und Quälerei zusammenhängt, man allerdings nicht weiß, ob man nicht eventuell genauso gehandelt hätte. Aus diesem Grund wird man von Fitzek mitgerissen, denn er bewies das Geschick, jede Entscheidung in diesem Thriller so zu konstruieren, dass sie zwar unmenschlich, aber auch notwendig erscheint. Vor allem die letzten Kapitel, in denen praktisch drei Leben auf dem Spiel stehen, grenzen vom Empfinden her wirklich an Folter, weil jede Entscheidung irgendwas kostet und man als Leser nicht bereit ist, diesen Preis zu zahlen. Somit beweist Fitzek, dass man die Charaktere nicht unbedingt immer mögen oder ihnen das Beste wünschen muss, um verzweifelt vor dem Buch zu sitzen und sich zu fragen, wie das alles bloß gutgehen kann und für wen.
Daher ist Fitzeks Thriller wirklich gefüllt mit Spannung und einer äußerst originellen Idee. Keine Theorie, die man entwirft, scheint zu passen, und durch diese schaurige und surreale Atmosphäre fühlt man sich wie Alice im Wunderland in einer grausigen Welt gefangen, die keinen Sinn ergibt und teilweise auch Albträume Marc Lucas' wahrwerden lässt, dessen Existenz er sich nicht mal bewusst gewesen ist. Nach weit über der Hälfte des Romans beginnt Fitzek die losen Fäden auch langsam zusammenzunähen, wiegt den Leser damit jedoch in falscher Sicherheit, denn das Gesamtkonzept wird noch bis in die letzten Seiten umgekrempelt und erst mit einem Zeitungsartikel über die Geschehnisse dieses Buches abgeschlossen, der all dies rational und ohne Logikfehler erklärt. Dass Fitzek einen in Dauerschleife überrascht und den Leser immer wieder aufs Neue auf neue Tatsachen stößt, ist wirklich bewundernswert und führen dazu, dass man Splitter kaum aus der Hand legen kann.




Alles in allem hat mich Fitzek mit diesem Werk sehr von sich überzeugt. Nicht nur hat er hervorragend ausgearbeitete Charaktere, denen man, obwohl sie einem nicht zwangsläufig sympathisch, sondern durch ihre Taten eher unsympathisch sind, trotzdem nicht den Tod wünscht, sondern sammelt auch Pluspunkte durch eine sehr innovative Idee, die die Abgründe der Menschen beleuchtet und sich damit auseinandersetzt, warum Erinnerungen so enorm wichtig für uns sind und weshalb sie Himmel und Hölle zugleich sein können. Man findet sich sehr gut in die Geschichte rein, kann sich jedes geschilderte Detail vorstellen und wird ständig durch neue Wendungen und die Frage, wem man denn nun in diesem ganzen Konstrukt vertrauen kann, in eine andere Richtung gelenkt. Und zwar bis zur letzten Seite. Für alle Fans von Psychothrillern und einer überzeugenden Stimmung definitiv ein Muss!





Ich gebe dem Buch:


♥♥♥♥♥  Herzchen (4.58)





Extra:


Der schöne Buchtrailer dazu *klick*


CU
Sana

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen