Montag, 29. Dezember 2014

:)Rezension:): Alles, was wir geben mussten

Grundwissen:


Titel: Alles, was wir geben mussten (original: Never Let Me Go)
Autor/-in♥: Kazuo Ishiguro
Erschienen♥: 6. November 2006 im btb-Verlag
Seitenanzahl♥: 352 Seiten
Preis♥: 9, 99 € (Taschenbuch)
Genre♥: Young Adult; Adult; New Adult; Drama; Science Fiction



Inhalt:



''Memories, even your most precious ones, fade surprisingly quickly. But I don’t go along with that. The memories I value most, I don’t ever see them fading.'' - Kathy H.



Ein großer Sportplatz, freundliche Klassenzimmer und getrennte Schlafsäle für Jungen und Mädchen – auf den ersten Blick scheint Hailsham ein ganz gewöhnliches englisches Internat zu sein. Aber die Lehrer, so engagiert und freundlich sie auch sind, heißen hier Aufseher, und sie lassen die Kinder früh spüren, dass sie für eine besondere Zukunft ausersehen sind. Dieses Gefühl hält Kathy, Ruth und Tommy durch alle Stürme der Pubertät und Verwirrungen der Liebe zusammen – bis es an der Zeit ist, ihrer wahren Bestimmung zu folgen …



*Quelle: amazon.de




Meine Meinung …




zum Cover:


Englisches Cover Nr. 1:♥♥♥
Englisches Cover Nr. 2: ♥♥





















Deutsches Cover: ♥♥

Mir gefällt um ehrlich zu sein keines der Cover wirklich. Dasjenige, das ein puppenhaftes Gesicht zeigt, habe ich sogar weggelassen, einfach weil es sehr verstörend und absolut nicht einladend ist. Die anderen Cover sind allerdings auch nicht schöner. Das englische Cover Nummer 1 zeigt wenigstens noch eine Szene aus dem Buch, wo Kathy als kleines Mädchen mit ihrem Kissen in der Hand zu einem Tonband getanzt hat, das eben genau diesen Song drauf hatte: Never Let Me Go. Ein durchaus treffender Titel also für das Buch, da Kathy ihre Erinnerungen nicht loslassen will und es ansonsten auch kaum eine Handlung in diesem Buch gibt. Das zweite englische Cover finde ich jedoch durchaus verwirrend: Soll dies Kathys Verlorenheit zeigen? Oder ihre Nachdenklichkeit? Meiner Meinung nach trägt es nicht sonderlich zum Verständnis des Buches bei. Außerdem beißt sich das Rot ziemlich mit dem Grün, dies ist allerdings nur ein kleiner Kritikpunkt.
Und das deutsche Cover ... nun ja, ich weiß ja bereits, dass deutsche Titel nicht immer zutreffend für ein anderssprachiges Buch sind. Aber das? Was mussten sie denn alles geben? Wann wird das je im Buch klar? Natürlich, es klingt melancholisch und passt deswegen wunderbar zum Buch, aber es ist mir dennoch ein Rätsel wie man auf diesen Titel gekommen ist. Und das Motiv verwirrt mich auch. Soll es zeigen, dass die Protagonisten keine Menschen sind? Soll es Vergänglichkeit vermitteln? Keine Möglichkeit erscheint mir passend.
Alles in allem kein Buch, das man aus Oberflächlichkeit im Regal stehen haben müsste.






zum Buch:



Meine Güte, was für hohe Erwartungen ich an dieses dünne, aber mir tiefgründig erscheinende Buch hatte. Bevor mir dieses Buch ausgeliehen wurde, habe ich bereits den Trailer gesehen und war einfach hin und weg davon, nicht nur wegen Keira Knightley, die man einfach mögen muss, sondern auch wegen der Idee. Eine mysteriöse und verborgene Schule, die Klone zu ihrem wahren Schicksal erzieht und die das Leben der Protagonisten für immer prägt. Es klang nach einem wirklich emotionalen Buch, das einen mitreißt und angeblich mit einer Zukunft konfrontiert, die nicht so weit entfernt von unserer Gegenwart sein soll.
Das, was mir an diesem Buch gefallen hat, sind zwei Dinge: Erstens, der auch im Englischen sehr leichte Schreibstil, der wegen seiner Flüssigkeit ein schnelles Lesen erlaubt, sodass das Buch auch schnell durch ist. Zweitens, die Parallelen, die man zu seiner eigenen Kindheit entdecken kann. Es steht vor allem die Schwere des Loslassens im Vordergrund, die vor allem die Protagonistin Kathy betrifft. Sie teilt einem auch am Anfang des Buches mit, dass sie ihr ganzes Leben außerhalb von Hailsham dafür verwendet hat, sich eben daran zu erinnern. An das Umfeld, die Aufseher, ihre Freunde, die sie jahrelang nicht gesehen hat. Aus diesem Grund hat sie mich sehr an eigene Probleme der Vergangenheit erinnert und mir durchaus Stoff zum Nachdenken gegeben. Man könnte diese Geschichte sogar als Metapher für diese Thematik sehen; Hailsham als sicheren Hafen der Kindheit und die Zeit außerhalb auf den Cottages und in der Berufstätigkeit als Betreuer als Verlassen dieser Sicherheit und den Weg zur Eigenständigkeit, zum Beispiel. Außerdem hat mich auch die Art und Weise der Freundschaften sehr an meine eigenen vor ein paar Jahren erinnert. All diese Parallelen haben mich zum Schmunzeln und Überdenken gebracht.
Doch ich kann mich glücklich schätzen, denn ich bin zumindest raus aus dieser Phase. Kathy hingegen schwelgt noch mit einunddreißig Jahren in ihren Erinnerungen und hält diese fragilen Freundschaften noch für echt. Vor allem ihrer Freundin Ruth, die hauptsächlich dann ihre Freundin ist, wenn sie den Mund hält, ist sie so nahe wie sonst niemandem. Ist mir allerdings neu, dass eine Freundschaft aus Lästern, Lügen und Geheimnissen besteht.
Und da beginnen auch meine Probleme mit diesem Buch. Ich habe erwartet, dass ich hier mit vielen Wahrheiten und Gesellschaftskritik konfrontiert werde, mit Problemen des Erwachsenwerdens und traurigen Schicksalen, wegen denen sich die Charaktere auflehnen.
Wie viel habe ich davon bekommen? Nahezu gar nichts.
Die Charaktere sind so wahnsinnig substanzlos und unsympathisch, dass ich es kaum glauben kann. Vor allem Ruth hätte ich gerne in eine Dornenhecke geschubst und sie noch zusätzlich gründlich da reingedrückt, weil ich solche Betrüger und Lügner, denen nur etwas am eigenen Ruf liegt, einfach verabscheue. Sie hintergeht ihre beste Freundin, tut alles, um gut dazustehen, und schwindelt bei absolut jeder Gelegenheit. Wie kann man so jemanden als beste Freundin bezeichnen? Und welche Komplexe muss eine Person haben, um sich selbst so zwanghaft gut und allwissend darstellen zu wollen? Selbst noch als sie achtzehn Jahre alt ist, tut sie das. Was ist da schiefgelaufen? Es wäre wirklich klug gewesen, wenn man sie näher kennengelernt hätte und begriffen hätte, warum zum Teufel sie sich so verhält.
Außerdem bin ich absolut kein Fan von Kathy, vor allem als Erzählerin der Geschichte. Sie schildert alles und jeden vollkommen nüchtern und hat auch nicht einen Funken Verstand oder Anstand. Ein Rückgrat ganz zu schweigen. Jedes Mal, wenn sie ihre Meinung sagt, rudert sie schlagartig zurück, weil unsere tolle Ruth sie sonst verstoßen würde, und das will sie ja auf gar keinen Fall. Warum? Es ist so klar, dass sie einander eigentlich nicht ausstehen können und absolut nicht zusammenpassen. Außerdem schließt sie sich der Meinung anderer an, obwohl sie etwas anderes denkt, und verletzt aufgrund dessen Leute wie Tommy, was ihr dann noch nicht mal Leid tut. Und das Schlimmste an ihr: immer, wenn ein Konflikt in Gang kommt, dreht sie sich einfach um und geht weg. Warum? Es wäre so schön gewesen, hätte dieses Buch einige Konflikte bereit gegeben, damit die Charaktere etwas mehr Tiefe bekommen. 
Der einzige Protagonist, der etwas Tiefe und sowohl positive als auch negative Eigenschaften besitzt, ist Tommy. Er wird ständig gehänselt – darunter auch von seinen Freunden, was natürlich eine tolle Basis für wahre Freundschaft ist – und trotzdem ist er der Einzige, der seiner Meinung kundtut und bei Kathys und Ruths Maskerade nicht mitspielt. Alleine deswegen hat er mehr Sympathiepunkte bei mir als diese beiden ach so dicken Freundinnen, denn so beweist er, dass er echt ist und sich nicht von anderen beeinflussen lässt.
Dennoch habe ich keinen Charakter so sympathisch gefunden, dass ich mit ihnen mitgefiebert hätte. Sie sind so wahnsinnig emotionslos und sind anscheinend in einem Stadium der Kindheit stecken geblieben, aus dem sie nicht mehr herauskommen können, denn Charakterentwicklung kann man hier nicht sehen. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich der Erzählstil nicht verändert, obwohl die Protagonistin älter wird, jedoch erschienen mir Entscheidungen, Verhaltensweisen und Gedanken immerzu gleich und ohne Reife. Natürlich hätten sie durchaus auch eine solche Gehirnwäsche von ihrem Aufenthalt in Hailsham bekommen können oder aber ihre Menschlichkeit wurde bei dem Vorgang des Klonens in irgendeiner Weise ausradiert, aber es hat mich dennoch aufgeregt. Nicht nur diese Maskerade und die Lügen, sondern auch der Umgang mit Liebe. Denn obwohl dieses Buch auf dem Liebesdreieck zwischen Ruth, Tommy und Kathy basiert und dies der größte Handelsstrang ist, wird nie von Liebe gesprochen, nicht mal von ,,Mögen''. Nicht ein einziges Mal fallen die Worte ,,Ich liebe dich.'' Nein, es geht einzig allein ums Körperliche. Die Jugendlichen und Erwachsenen in diesem Buch scheinen also bloß Sexbeziehungen zu führen - vor allem empfinde ich es als lachhaft, dass Kathy im Laufe des Buches kurzweilig mit einem Kerl namens Lenny zusammen ist und sie dann auch noch schamhaft verkündet, bei dieser Beziehung hätte sich alles nur um Sex gedreht. Ach, und bei den anderen nicht? Ich habe wirklich nichts gegen Sex in Büchern, aber dass Liebe auf eine so niedrige Stufe gezogen wird hat mir wirklich sehr missfallen.
Außerdem strotzt dieses Buch vor Einfallslosigkeit und Lücken. Nun gut, wir befinden uns im England der 1990er Jahre und wir wissen, dass es Schulen gibt, auf denen die Klone für ihr zukünftiges Leben vorbereitet werden. Wie genau werden sie das denn? Nur ab und an fällt mal ein Kommentar, dass sie zukünftig dazu da sein werden, um Organe zu spenden. Ansonsten jedoch wirkte der Unterricht auf mich ebenso normal wie der Unterricht an meiner Schule. Wozu sollen die Klone solchen Unterricht denn haben, wenn sie sowieso in keinen Beruf einsteigen können außer Betreuer und Spender? Wozu ihnen all dies beibringen? Hinzu kommt auch der Aspekt mit dem Fokus Hailshams auf das Künsterlische. Die Kinder müssen sehr viele Gedichte schreiben, zeichnen, malen und Weiteres, was zum Preisgeben seiner Seele dazugehört. Denn - SPOILER! - auf diese Weise wollen die Leiter dieser Schule herausfinden, ob diese Kinder überhaupt Seelen haben und imstande sind, sich wirklich zu verlieben. Die kindlichen Protagonisten hoffen sogar darauf, dass sie etwas mehr Zeit bekommen, bevor sie zu Spendern werden, indem sie ihre Liebe beweisen und man dies anhand ihrer Kunst erkennen kann. Verzeihung, aber wie soll man das erkennen? Die Gedankenwelt eines Menschen ist wahnsinnig kompliziert und ich bezweifle, dass es nur eine Art von Liebe gibt. Man kann das nicht generalisieren oder aus Bildern hinauslesen. Was soll also dieser Schwachsinn? Warum sollten diese Klone dann auch mehr Zeit bekommen? Sie können keine andere Arbeit ergattern, sie können somit kein Geld verdienen und konsequenterweise müssten sie Essen, Kleidung und das Existenzminimum im Generellen in irgendeiner Art und Weise zugestellt bekommen. Und was soll man auch mit einem Spender, der nicht sonderlich fit ist? Kathy beispielsweise ist 31 Jahre alt - ich kann mir durchaus vorstellen, dass ihre Organe nicht mehr so gut in Schuss sind wie in ihren jüngeren Jahren. Man würde denjenigen, der ein Organ gespendet bekommt, also sogar einem gewissen Risiko aussetzen. Außerdem: Was ist mit den Kindern, die Organe gespendet bekommen müssen? Die würden dann doch leer ausgehen, wenn die Klone erst Spender werden, wenn sie frühestens achtzehn Jahre alt sind? Und wenn die Schulleiter sowieso daran zweifeln, ob ihre Klone eine Seele besitzen, warum investieren sie so viel Geld in diese Schule und lassen diese Kinder nicht in Slums aufwachsen? - SPOILER ENDE! - Dies sind (noch nicht mal alle) Dinge, die mich beinahe dazu gebracht haben, das Buch quer durchs Zimmer zu schmeißen. Wer kommt auf so etwas? Es sind natürlich romantische Ideen und diese tragen zu der sowieso sehr nostalgischen Atmosphäre bei, aber es ist einfach unbegreiflich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man so etwas überhaupt bewerkstelligen kann. Insofern macht das Buch durch diese ganzen Logikbrüche wirklich wütend und die gesamte Geschichte vollkommen unglaubwürdig.
Ebenfalls ein großer Kritikpunkt ist für mich die fehlende Spannung. Diese kommt dadurch zustande, dass man einzig und allein Kathys Alltag geschildert bekommt, es jedoch nur sehr wenige Situationen gibt, in denen ersichtlich wird, dass man nicht das Tagebuch eines pubertierenden Mädchens liest, sondern eines Klons. Doch abgesehen von ein paar Kleinigkeiten merkt man dies eben kaum. Man bekommt die Situation an der Schule geschildert, die Situation auf den Cottages, die Beziehungen zwischen ihr und ihren Freunden, diverse One-Night-Stands und was diese mit Kathy anstellen und einige Reisen. Dies ist wahnsinnig schade, denn die Momente, in denen tatsächlich durchgedrungen ist, dass diese Klone ein durchaus trauriges Leben haben und Antworten auf Fragen suchen, sind äußerst gut beschrieben und verleihen dem Buch auch Spannung. Zu schade, dass diese so rar gestreut ist und dies auch das ganze Buch über so bleibt. Diverse Wendepunkte und auch das Ende der Geschichte sind sehr an den Haaren herbeigezogen und man bekommt einfach keine Antworten. Man besitzt eine vage Idee bezüglich der Klone und wie diese zustande gekommen sind, aber es gibt weder irgendwelche Gegenspieler noch verlangen die Klone nach Antworten oder kämpfen für ein Leben, das sie führen können, wie sie wollen. Außerdem wirkt diese Geschichte mitunter auch wegen des Schreibstils sehr langatmig. Es ist nämlich so, dass die werte Kathy etwas erzählt, sich dann daran erinnert, wie dieses Ereignis zustande gekommen ist, ihr dazu auch noch eine Geschichte dazu einfällt, die sie ausführlich schildert, und sie erst dann zu dem eigentlichen Ereignis zurückspringt. Und dies zieht sich über das ganze Buch verteilt so. Dies verleiht dem Leser durchaus eine gewisse Orientierungslosigkeit und Ungeduld.



Alles in allem ein wahrlich enttäuschendes Buch, das aus purer Leblosigkeit, verknüpft mit Melancholie und Nostalgie mit einer Prise Drama besteht. Wer sich hiervon eine spannende Geschichte erwartet, die viele Emotionen hervorbringt, der kann gleich einpacken. Das Buch besitzt für mich persönlich zwar auch Denkanstöße bezüglich meiner Vergangenheit, entspricht ansonsten jedoch keiner meiner Erwartungen. Platte Charaktere, eine quasi nicht existente Geschichte und fehlende Antworten machen dieses Buch zu einem Werk, dessen Sinn ich wirklich sehr hinterfrage. Keine Empfehlung.




Ich gebe dem Buch:




♥♥ Herzchen




Extra:



Der Trailer zum Film:





CU
Sana

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