Mittwoch, 27. August 2014

:)Rezension:): Die Jungfrau von Orleans

Grundwissen:


Titel: Die Jungfrau von Orleans
Autor/-in: Friedrich Schiller
Erschienen: 19. 01. 2012 im Schöningh-Verlag (erstmals im Jahre 1801 erschienen)
Seitenanzahl: 140 Seiten (ohne Anhang)
Preis: 5, 95 € (Taschenbuch)
Genre: Klassiker; Drama/Theaterstück [Tragödie]; Historical Fiction




Inhalt:



Willst du deine Macht verkünden,
Wähle sie, die frei von Sünden
Stehn in deinem ew'gen Haus,
Deine Geister sende aus,
Die Unsterblichen, die Reinen,
Die nicht fühlen, die nicht weinen!
Nicht die zarte Jungfrau wähle,
Nicht der Hirtin weiche Seele!
- Johanna d'Arc


Die Geschichte des lothringischen Bauernmädchens, das die französischen Truppen von Sieg zu Sieg geführt hatte, dann in die Hände der Engländer gefallen und 1431 als Hexe verbrannt worden war, rückt Schiller in seiner ,,romantischen Tragödie" aus den Grenzen des bloßen Geschichtsdramas heraus. ,,Goethe meint", schreibt er an seinen Freund Körner, ,,dass es mein bestes Werk sei."



*Quelle: amazon.de



Meine Meinung ...



zum Cover:





Ich denke, über das Aussehen von alten Büchern habe ich mich in anderen Rezensionen, wie Michael Kohlhaas oder Der gute Mensch von Sezuan, ausgelassen, also unterlasse ich es mal, mich zu wiederholen. Was den Titel betrifft, so klingt dieser durchaus episch, knackig und trifft den Nagel auf den Kopf.





zum Buch:



Es sei von vorneherein gesagt, dass ich älteren Werken, vor allem Dramen, skeptisch gegenüberstehe. Das liegt nicht daran, dass sie alt sind oder in älterem, gehobenen Deutsch geschrieben, sondern vielmehr an der wenigen, komplex gestrickten Handlung. Vor allem in Dramen kann man nur schwer spannende Situationen hineinspinnen, da sich auf der Bühne zum Beispiel Kämpfe nicht so gut darstellen lassen und es auch vielen Regieanweisungen bedürfe, um einen Kampf gut und packend zu beschreiben. Deswegen habe ich bei solchen Werken immer Angst, dass ich die Handlung als zu langweilig oder zu langsam empfinde.
In meinem ersten Werk Schillers, Wilhelm Tell, war es nicht so, und auch in diesem Drama ist es nicht so. Im Gegenteil, man erlebt hautnah den Hundertjährigen Krieg zwischen Frankreich und England mit und durchlebt mit den Charakteren verschiedenste Emotionen. Zusätzlich dazu hat Schiller einen Weg gefunden, seinem Zuschauer/Leser mitzuteilen, was bei Kämpfen geschieht, ohne dass seitenweise Regieanweisungen geschrieben stehen müssen: Berichterstattung, beispielsweise durch Soldaten. Aus diesem Grund besitzt das Buch ein ziemlich hohes Tempo und ist durchaus imstande dazu, den Leser zu fesseln. Vor allem die emotionalen Seiten des Krieges, wie die Wut des Volkes von Orleans darauf, dass Karl VII am Anfang nichts unternimmt, um sein Reich zu retten, oder die Verzweiflung Karls darüber, dass seine Untertanen ihm nicht mehr treu sind und er keinerlei Geld mehr hat, dass er in Waffen, Ausrüstung etc. investieren könnte, wurden von Schiller sehr schön beschrieben. Das Buch behält außerdem bis in die letzten Seiten seine Spannung bei und endet erst mit dem Ende des Krieges. Alleine deswegen ist das Buch dazu in der Lage, dem Leser einige unterhaltsame Stunden an Lesevergnügen zu schenken.
Einen gleichfalls positiver Aspekt des Dramas bilden die Charaktere, allen voran die Protagonistin, Johanna d'Arc. Eine einfache Schafshirtin, die von der Heiligen Jungfrau dazu auserkoren wird, Frankreich zum Sieg zu verhelfen, indem sie die Heere anführt. Die Begeisterung, die Johanna darüber empfindet, aus ihrem grauen Alltag auszubrechen und in Schlachten für Gott und ihr Land zu kämpfen, machen sie in den Augen des Lesers sehr sympathisch. Es ist vor allem die Ungewöhnlichkeit ihres Charakters, der sie von anderen weiblichen Figuren abhebt: Sie ist keinesfalls ein stilles, gefügiges oder schwaches Weib, wie es für das 13. Jahrhundert üblich gewesen ist. Sie beweist einen sehr starken Willen, Überzeugungskraft und auch unbändigen Mut, den sie in ihren Schlachten beweist. Eine wahre Anführerin, die sich von keinem Mann sagen lässt, was sie zu tun oder zu lassen hat und eine Brutalität und Grausamkeit während den Kämpfen zeigt, die manch einen in Angst versetzt. Insgesamt also eine wunderbar starke Protagonistin, die ich sogar als 'kickass' bezeichnen würde, auch wenn sie außerhalb des Schlachtfelds eine sehr gütige Person ist.
Abgesehen von Johanna werden auch Schlüsselcharaktere wie Karl VII, seine Mutter Isabeau, Agnes Sorel - die Geliebte des Königs -, Phillip der Gute und weitere dem Leser nähergebracht. Sie alle sind sehr unterschiedlich und zum großen Teil sympathisch - wobei vor allem die Engländer jedoch etwas zu 'schwarz' dargestellt wurden, denn sie alle bewiesen eine ziemlich weit ausgeprägte Arroganz -, und vor allem der Konflikt des von der eigenen Mutter verstoßenen Königs war äußerst interessant und hat so Karl VII etwas von der übergeordneten Position eines Regierenden runtergeholt und ihm mehr Menschlichkeit und Gewöhnlichkeit verliehen. Es ist sogar etwas schade, dass nicht mehr auf den Konflikt eingegangen wird und auch sonst alle Charaktere etwas blass bleiben.
Schiller hat außerdem schöne Ansätze an seinen Charakteren gezeigt, die Gott und sein Wesen auf höchst ungewöhnliche Weise kritisieren. Johanna soll im Namen Gottes handeln, muss jedoch ein Gelübde ablegen, dass ihr jedes Glück der Erde verbietet, somit auch die Liebe. Doch - kann der Mensch dies überhaupt? Kann der Mensch, der nach Glück strebt, sich überhaupt nur als Gefäß benutzen lassen und allem für seinen Gott entsagen? Ist das Leben, das wir dann führen, überhaupt noch ein Leben? Und widerspricht dieses Gelübde nicht eigentlich Gott selbst, der ein Gott der Liebe ist? Diese und mehr Ansätze lassen sich in diesem Werk finden und können durchaus zum Nachdenken anregen.
Doch so gut ich das Drama auch finde - ab der Hälfte ging es steil bergab, und zwar aus dem Grund, dass Johanna ihr Gelübde bricht; ohne es zu wollen, natürlich. Und da sie noch nichtmal tatsächlich etwas getan hat, was sie hat irdisches Glück verspüren lassen, finde ich ihre darauf folgende Paranoia und Depressivität vollkommen überzogen und unglaubwürdig. All der Kampfgeist Johannas ist plötzlich verschwunden, nur um später ganz plötzlich, anscheinend ohne ersichtlichen Grund, wieder aufzutauchen. Was sollte dieser Umbruch? Warum hat Schiller sich nicht eher an die wahren historischen Gegebenheiten gehalten? Diese sind nämlich tausend mal besser als der Wendepunkt, den Schiller eingefügt hat. Ab diesem Moment erscheint Johannas Charakter nämlich nicht mehr rund und wird unverständlich, ebenso wie ihre darauf folgenden Handlungen. Man kann dies natürlich als Schuldgefühle einer beinahe schon fanatischen Gläubigen abtun, doch warum zeigt sie Schuldgefühle, wenn sie nicht mal wirklich etwas getan hat? Sie hat doch nur darüber nachgedacht, und da der Mensch sich durch das formt, was er tut, und nicht, was er denkt, hat sie nichts Falsches getan. Von daher sind ihre Angst und Grübeleien an einigen Stellen unbegründet - und nach einigen Tagen der Besinnung und Einsamkeit auch wieder weg. Das ist natürlich total glaubwürdig. Um wieder aufs Thema zurückzukommen: Dieser Wendepunkt enthält eine Sache, die ich, egal ob in alter oder neuer Literatur, überhaupt nicht leiden kann, und diesen Versuch, Johanna ins Schwanken zu bringen, von daher als sehr hilflos abgetan und den restlichen Verlauf des Buches nicht mehr sonderlich genossen habe.
Außerdem erschien mir das Ende viel zu offen. Ich hätte sehr gerne mehr darüber gewusst, was mit Frankreich und England geschieht und wie es mit einigen Charakteren weitergeht; beispielsweise, ob Karl und seine Mutter Isabeau sich auf irgendeine Weise wieder annähern oder so etwas. Von daher ist das Ende etwas abrupt und nicht zufriedenstellend.



Friedrich Schiller wird wohl nie zu meinen Lieblingsautoren der klassischen Literatur gehören, jedoch ist Die Jungfrau von Orleans eine gute Schullektüre. Historisch nicht immer korrekt, aber mit spannender Handlung zeigt er uns einen Krieg aus vergangener Zeit, in dem ein Mädchen der Schlüssel zum Sieg ist, ohne nur der Gegenstand sein zu können. Hätte sich Schiller eher an den wahren Begebenheiten orientiert und diesen Wendepunkt unterlassen, so hätte ich Goethe sogar zugestimmt, dass dies Schillers bestes Werk wäre. So allerdings hat es mich nicht beeindruckt.





Ich gebe dem Buch:



♥.♥  Herzchen





Extra:


Eine Dokumentation über Johanna d'Arc:



CU
Sana

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